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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sascha dir nicht wie ein Söhnchen?«
    »Das war er.« Borja nahm den schmalen goldenen Ring, küßte ihn schmatzend und streifte ihn dann Njuscha über den Finger. Es war so feierlich um sie herum und in ihren Herzen, als knieten sie in der Kirche vor dem Priester. Das Donnern der Flugzeugmotoren waren ihre Glocken.
    »Ich bin seine Frau –«, sagte Njuscha und hielt die Hand mit dem Ring in die Sonne. »Ich bin wirklich seine Frau. – Habe ich etwas falsch gemacht, Borja?«
    »Nein, es war alles richtig, Töchterchen. Wie sagen die Fischer von Jeissk? Wer gegen das Meer anschwimmt, kommt als Treibholz zurück.« Borja erhob sich und zog Njuscha von der Bank. »Laß uns gehen, mein Schwänchen … wir haben noch viel zu tun in diesem Leben –«
    *
    Die Maschine zog ihren Kreis über den Flughafen und überflog noch einmal die Stadt. Die Wolga schimmerte in der Sonne wie ein gleißendes Platinband … an ihm war wie ein Kollier aus Perlen und Brillanten langgestreckt die neue, vor Leben überquellende Stadt befestigt. Ein Filigran aus Häusern und Plätzen, Parks und Straßen. Ein Wunder, aus der Asche entstanden.
    Reiseleiter Heppenrath blickte aus dem Fenster und holte dann aus der Brusttasche einen kleinen, etwas zerknitterten Brief.
    »Herr Bodmar –«, sagte er vorsichtig.
    »Was wollen Sie noch?« Bodmar drehte den Kopf weg. »Merken Sie nicht, daß ich langsam sterbe?«
    »Ich hoffe, ich kann das aufhalten.« Heppenrath wedelte mit dem Brief hin und her. »Ich habe Ihnen etwas abzugeben.«
    »Das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse?«
    »Ich glaube, das hier bedeutet Ihnen mehr –«
    Bodmar fuhr herum. Die Bewegung war so heftig, daß er Heppenrath gegen die Brust stieß. Der Reiseleiter hustete und rang nach Luft. »Sie brauchen mir nicht gleich die Magengrube zu demolieren«, keuchte er. »Sie können auch anders dankbar sein.«
    Bodmar riß ihm den Brief aus der Hand, und schon die Anschrift, ein Wort nur – Sascha – warf ihn in den Sitz zurück.
    »Woher … woher haben Sie den Brief?«
    »In der Flughafenhalle hat ihn mir ein Mädchen gegeben. Sie waren gerade bei der Paßkontrolle.«
    »Njuscha!«
    »Ich weiß es nicht, aber ich denke es mir. Sie war blond –«
    »Njuscha.« Bodmar starrte Heppenrath an, als wolle er ihn in Stücke reißen. »Und Sie haben mich nicht gerufen, Sie elender Feigling?«
    »Ich bin verantwortlich für vierzig Menschen, das wissen Sie.«
    »Njuscha! Sie war auf dem Flugplatz! Sie hat am Rollfeld gestanden, als ich abflog! Und Sie geben mir den Brief erst jetzt.«
    »Ich mußte ihr versprechen, Ihnen das Schreiben erst zu geben, wenn wir in der Luft sind …«
    »Und was hat sie sonst noch gesagt?«
    »Nichts. Sie lief fort, nachdem sie mir den Brief gegeben hatte, ein alter Mann umarmte sie und zog sie mit sich weg.«
    »Borja –« Bodmar betrachtete den zerknitterten Brief. Er fühlte sich an, als sei er in Tränen eingeweicht.
    »Ich lasse Sie jetzt allein.« Heppenrath erhob sich. »Ich sorge dafür, daß Sie nicht gestört werden.«
    »Danke.«
    Dann war Bodmar allein, und er schlitzte mit dem kleinen Finger das Kuvert auf, nahm das Papier heraus und entfaltete es. Doch er zögerte, Njuschas letzte Worte zu lesen. Er starrte hinaus auf die weißschimmernde Stadt Wolgograd und das Silberband der Wolga.
    Ich habe nicht mehr die Kraft, es ruhig zu lesen, dachte er und drückte die Stirn gegen das kalte, dicke Glas des Fensters. Ich schreie, ich werde mich wie ein Hysteriker benehmen, ich spüre, wie es sich in mir sammelt, wie der Druck wächst, wie ich zu einem Kessel werde, der gleich platzen muß.
    Er atmete mit weit aufgerissenem Mund, bis er innerlich die Ruhe gefunden hatte, den Brief zu lesen.
    Njuschas zierliche Schrift. Ein paar Buchstaben waren verwischt, verschwommen von der Nässe der Tränen.
    »Sascha – mein Liebster.
    Ich weine um Dich … aber ich weine aus Freude, daß Du leben kannst wie ein Mensch und nicht wie ein Wolf. Nun fliegst Du fort in dieses Deutschland, aber wir sind nicht getrennt, wir werden ein ganzes Leben lang zusammenbleiben, denn Du bist in mir geblieben für alle Zeiten.
    Im Februar wird das Kind kommen … und wenn es ein Mädchen ist, soll es Katjenka heißen … wird es ein Junge, will ich ihn Fedja nennen. Ein Kind von Dir … es wird Deine blauen Augen haben, Dein Lachen, Deine Stärke, Deine Seele. Ich bin so glücklich. O Sascha … ich liebe Dich wie die Erde die Sonne. Vergiß mich nicht – Njuscha.«
    Bodmar faltete
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