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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz
Autoren: Marcia Muller
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ähnelte oft dem Plot einer Seifenoper, aber verglichen
mit Jack war sie noch an ihren schlimmsten Tagen auf Rosen gebettet...
    Rosen. Ich sah auf die verwelkte,
apricotfarbene Blüte in der kleinen Vase. Hys letzte Huldigung, vergangenen
Dienstag von unserem Blumenhändler geliefert. Das war seit langem schon sein
Auftrag. Er hatte ihn ausgeführt, auch als Hy und ich an dem Tag noch zusammen
in Great Whites gewesen waren. Morgen würde wieder eine kommen. Einer
plötzlichen Eingebung folgend, hob ich den Hörer ab und wählte die Nummer des
Büros der Spaulding Foundation in Vernon, in der Nähe vom Tufa Lake.
    Als ich Kate Malloy, die Assistentin,
nach Hy fragte, klang ihre Antwort befremdet. »Er ist nicht da, Sharon. Ich
wollte gerade Sie anrufen und fragen.«
    Meine Haut kribbelte in böser
Vorahnung. Vor meinem inneren Auge fiel ein kleiner Hochdecker vom Himmel, lag
ein zerborstenes Wrack am Boden... »Was ist passiert?«
    »Hy ist verschwunden.«
    »Was?«
    »Scheinbar mit Vorsatz. Sein Haus ist
verschlossen, und seinen Leuten auf der Ranch hat er den Lohn zwei Monate im
voraus bezahlt. Hat seinem Buchhalter gesagt, er soll sich um die eingehenden
Rechnungen kümmern. Und sein Flugzeug steht seit letztem Mittwoch festgezurrt
am Oakland Airport.«
    Oakland? Mir hatte er gesagt, er wolle
auftanken und gleich nach San Diego weiterfliegen. »Haben Sie bei der General
Aviation in Oakland angerufen?«
    »Ja. Ich wußte, daß er Sie am Mittwoch
dort absetzen wollte, und ich dachte, er hätte da vielleicht einen Flugplan
aufgegeben.«
    Ich umklammerte den Hörer und
schüttelte den Kopf. Hy Ripinsky hielt mich wieder mal zum Narren, und das
ausgerechnet in dem Augenblick, da ich glaubte, ihn so weit wie nötig
einschätzen zu können.
    »Sagen Sie, Kate«, sagte ich, »gibt es
einen Grund, daß Sie Hy sofort erreichen müssen?«
    »...nein. Ich mache mir nur Sorgen.«
    »Das brauchen Sie nicht. Wir wissen
beide, daß Hy auf sich selbst aufpassen kann. Ich melde mich, wenn ich von ihm
höre.«
    Ich hängte ein. Lehnte mich in meinem
Sessel zurück. Betrachtete nachdenklich die verwelkte Rose.
    In gewisser Weise überraschte mich Hys
Verschwinden nicht. Vielleicht kam ich langsam zu dem Punkt, an dem mich nichts
mehr überraschte, was Hy tat.
    Doch wie konnte ich so einer
Herausforderung widerstehen?
    »Hy, alter Halunke«, sagte ich, »damit
kommst du mir nicht ungestraft davon.«
    Ich zog einen neuen Aktenordner und
einen Etikettenstreifen aus dem Regal. Schwenkte zu meiner alten
Schreibmaschine herum und schob den Streifen ein. Und schrieb.
    Dann schwenkte ich zum Schreibtisch
zurück und eröffnete eine neue Akte unter dem Titel ›Ripinsky, Heino‹.

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