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Leonardos Drachen

Leonardos Drachen

Titel: Leonardos Drachen
Autoren: Alfred Bekker
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unsinnig oder beides zugleich sind.“ Er seufzte schwer. „So leid es mir tut, dass dein Großvater gestorben ist, aber
das
habe ich nicht vermisst!“
    „Nun, ich kann dazu nur sagen, dass es in Florenz in letzter Zeit allerdings auch keine Unglücksfälle gab, die irgendwie mit mir in Zusammenhang zu bringen sind“, sagte Leonardo.
    „Lernst du denn wenigstens inzwischen etwas?“
    „Ich bin bei Meister Andrea del Verrocchio in der Lehre“, gab Leonardo Auskunft.
    „Na ja, als Maler kann man ja nicht viel Schaden anrichten – es sei denn, man trinkt die Farbe oder malt einer hochgestellten Persönlichkeit eine lange Nase. Aber das würde ich dir auch noch zutrauen   …“
    Jetzt ergriff Carlo das Wort. „Jedenfalls ist es schön, dich wiedergesehen zu haben“, sagte er.
    „Wir müssen jetzt weiter“, forderte sein Vater. „Die Glocken läuten schon eine Weile nicht mehr. Und der Markt nach der Messe in der Kirche ist immer der beste, weil alle, die sich in der Kirche zum Gottesdienst versammelt haben, an den Ständen vorbeimüssen. Wir sind sowieso schon spät dran. Also kein langes Gerede mehr!“
    „Einen Moment noch!“, rief Leonardo. „Ihr müsstet eigentlich einem Reiter begegnet sein. Er trug einen dunkelblauen Umhang   …“
    „Und eine Hakenbüchse?“, fragte Carlo.
    „Genau!“
    „Natürlich sind wir dem begegnet“, meinte Herr Maldini. „Ich musste zur Seite springen, so ungestüm ist dieser hirnlose Kerl dahergeritten. Im Vorüberreiten hat er mit seinem Mantel auch noch ein paar Sachen vom Wagen heruntergerissen. Ein Krug ist dabei zu Bruch gegangen – den ersetzt mir keiner! Aber was soll man von so einem schießwütigen Knallkopf auch anderes erwarten.“
    „Was meint Ihr damit – schießwütiger Knallkopf?“, fragte Leonardo.
    „Ich will gegen die Freunde von Herrn de’ Sarti nichts gesagt haben. Der ist ja so beliebt in Florenz, weil er die meisten Tore beim Calcio schießt!“
    Herr Maldini wollte den Esel antreiben, aber der war immer noch störrisch und stieß einen lauten, durchdringenden Schrei aus, der wie ein heiserer Protest klang.
    „Carlo, weißt du mehr darüber? Spricht er von Immanuele de’ Sarti? Wie kommt dein Vater darauf, dass der große Calcio-Spieler etwas mit dem Kerl im blauen Umhang zu tun hat?“
    Der Esel setzte sich jetzt doch noch in Bewegung, und Herr Maldini war ganz glücklich darüber. „Endlich!“, stieß er erleichtert hervor. „Komm jetzt, Carlo, sonst ist die Messe vorbei und wir bekommen keinen anständigen Standplatz mehr.“
    Carlo zögerte noch. „Ich laufe gleich hinterher, Vater!“, meinte er, denn er wusste natürlich genau, dass es jetzt sehr unklug gewesen wäre, den Esel noch einmal anhalten zu lassen. Schließlich wusste man nie, wie lange es dauerte, bis man dieses störrische Tier wieder dazu veranlassen konnte, einen Huf vor den anderen zu setzen.
    „Du hältst besser den Mund!“, rief Herr Maldini. „Mit den hohen Herrschaften legt man sich lieber nicht an!“
    Allerdings konnte er nicht mehr kontrollieren, ob sein Sohn sich wirklich an die Anweisung hielt, denn Herr Maldini war ja notgedrungen gezwungen, dem Esel zu folgen.
    „In der Nähe von Vinci kampiert seit einiger Zeit eine Gruppe von Männern, die andauernd mit ihren Büchsen herumknallen. Der alte Luigino hat sie gesehen: Sie kampieren in dem Tal, das wir die Krötenschlucht genannt haben. Weißt du noch?“
    „Natürlich weiß ich das noch! Nirgendwo konnte man besser die Kröten beobachten.“
    „Zuerst dachten wir, es wären Banditen. Straßenräuber, die allein schon mit dem Getöse ihrer Büchsen jeden Reisenden so erschrecken, dass er ihnen alles gibt, was er hat.“
    „Und der Reiter im blauen Mantel?“
    „Der gehört zu ihnen. Das weiß ich genau. Ab und zu kommt er ins Dorf und kauft bei meinem Vater ein paar Dinge ein. Wie gesagt, zuerst dachte ich, es wären Banditen – aber das kann nicht sein, denn sie arbeiten für Immanuele de’ Sarti! Er kam nach Vinci und hat nach dem Weg gefragt. Er hat es nicht gesagt, es war ganz eindeutig, dass er zum Lager dieser Männer wollte. Offenbar kannte er sich nicht ganz so gut aus – und bei Giannas Vater, dem Wirt, hat er die Rechnung für die Männer bezahlt. Außerdem ist er sehr großzügig zu dem Bauern Aldo gewesen, dem die Kerle mit ihrem Geballere das Vieh verschreckt hatten. Ich weiß nicht, wie viel Geld Aldo bekommen hat, aber es muss genug gewesen sein, um die verschollenen Rinder
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