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Leonardos Drachen

Leonardos Drachen

Titel: Leonardos Drachen
Autoren: Alfred Bekker
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bewegen. Die lebenden Eidechsen waren oft viel zu schnell, als dass man sie hätte fangen können. Zumindest war Leonardo dies kaum je gelungen. Aber hin und wieder fand man ein totes Tier. Und das ließ sich dann auseinanderschneiden und genau untersuchen.
    Aber das alles war im Augenblick nicht weiter wichtig.
    Leonardo rannte durch ein Waldstück auf jene Stelle zu, an der eine schmale Holzbrücke über den Fluss führte. Die Straße ging dann an dem anderen Ufer weiter und führte schließlich an der Stelle vorbei, wo Leonardo die Räuberbande hatte lauern sehen. Nur gut, dass sich keiner von denen umgedreht hatte. Aber eigentlich war das nicht verwunderlich, denn ihre Blicke waren ja auf die Straße konzentriert und wahrscheinlich sahen sie jetzt angestrengt in Richtung Florenz, weil sie es kaum noch erwarten konnten, dass ihr Opfer endlich in die Reichweite ihrer Hakenbüchsen und Armbrüste gelangte.
    Leonardo rannte weiter. Er kämpfte sich durch das Unterholz eines kleinen Waldstücks und hatte dann die Flussbrücke erreicht, über die der Weg von Piero de’ Medici und seinem Gefolge führen musste. Von dort aus verlief die Straße dann am Ufer entlang, wand sichmehrmals und erreichte schließlich die Stelle, an der man den Hinterhalt gelegt hatte.
    Leonardo war gerade noch rechtzeitig gekommen. Die Reitergruppe hatte es nicht besonders eilig gehabt. Kurz vor der Brücke stoppten sie noch einmal. Piero de’ Medici – sofort zu erkennen an seinem brokatbesetzten, sehr kostbaren Wams und der tellerförmigen, samtfarbenen Mütze, an der eine Fasanenfeder steckte – ließ sich von einem der Begleiter eine Karte zeigen. Beide Männer deuteten mit ausgestreckten Armen in der Gegend herum und machten manchmal weit ausholende Bewegungen. Wahrscheinlich ging es darum, wem welches Stück Land in der Umgebung gehörte. Auch die Familie Medici hatte hier viel Grundbesitz. Vielleicht sollte etwas davon verkauft werden, oder man suchte einen guten Standort für eine Villa auf dem Land, in der man den heißen Sommer verbringen konnte. In den engen Straßen von Florenz roch es dann nämlich oft etwas faulig, wenn der Wind ungünstig stand. Bei Trockenheit führte der mitten durch Florenz fließende Fluss Arno nur wenig Wasser und wenn dann zu viele Abwässer aus den Handwerkswerkstätten und den Toiletten in den Fluss gelangten, hing ein unangenehmer Geruch über der Stadt. Außerdem kam es immer wieder vor, dass in der Stadt Seuchen ausbrachen – und auch dann zogen sich die Reichen gerne in ihre Landhäuser außerhalb der Schutzmauern zurück.
    Leonardo stellte sich mitten auf die Brücke.
    Einer der bewaffneten Begleiter des Stadtherrn preschte ihm entgegen. Die Hufe klapperten auf denHolzbohlen. Der Mann trug ein Schwert an der Seite. Der Harnisch glänzte in der Sonne. Es war einer der Söldner der Familie Medici, das erkannte man an den Streifen, die auf die Ärmel seines Livree genannten Hemdes genäht waren. Nur sehr reiche Familien konnten es sich leisten, ihre Söldner, Hausdiener oder anderes Personal in eine solche Uniform zu kleiden. Und die Familie Medici war die mit Abstand reichste Familie in Florenz. Nicht umsonst galt ihr Oberhaupt auch als Herr der Stadt. Nichts geschah hier ohne den Willen von Piero de’ Medici.
    Der Söldner zügelte sein Pferd, das laut wieherte und sich einen Moment sogar auf die Hinterbeine stellte.
    „Bist du verrückt geworden, Junge? Geh zur Seite!“, rief der Söldner.
    „Nicht weiter!“, rief Leonardo zurück. „Wenn Ihr der Straße am Fluss folgt, lauert dort Räubergesindel auf Euch!“
    Der Söldner hatte inzwischen sein Pferd wieder unter Kontrolle gebracht. „Was redest du da?“, fragte er unwirsch.
    „Man wartet auf Euch, um den Stadtherrn zu überfallen – keine Meile von hier entfernt. Ihr dürft nicht weiterreiten! Dort lauern mindestens zwei Dutzend Mann mit Hakenbüchsen und Armbrüsten – und Ihr seid nicht einmal halb so viele.“
    „Was ist da los?“, rief jetzt Piero de’ Medici.
    Der Herr von Florenz drückte seinem Pferd die Knie in die Seiten und ließ es bis zur Brücke vorpreschen.
    Leonardo ging an dem etwas verdutzten Söldner vorbei,geradewegs auf den hohen Herren zu. Dann deutete er eine Verbeugung an.
    „Seid gegrüßt, ehrenwerter Herr Piero de’ Medici“, sagte Leonardo.
    Piero runzelte die Stirn, blickte dann auf Leonardos blanke Füße, die durch das Barfußlaufen durch das Waldstück mit seinem dunklen, feuchten Boden
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