Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leola

Leola

Titel: Leola
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
Zeit dauern.«
    Es
dauerte eine Stunde. Cary ging methodisch vor — er öffnete sogar die Klosettür
— , und ich war ungefähr ebenso müde wie er, als wir fertig waren. Selbst die
Pracht der Luxuskajüte Emmanuels, der Lounge im Achterdeck und der mit einer
Bühne für Aufführungen versehenen Bibliothek war schnell verblaßt .
Drei der vier Gästekajüten waren leer; die vierte war von Willi Lau belegt. Die
Kombüse enthielt ausreichend Vorräte und Ausrüstungsgegenstände, um ein
mittelgroßes Restaurant in Betrieb zu halten; und die Mannschaftsquartiere
waren wesentlich komfortabler als mein Hotelzimmer. Aber nirgendwo war eine
Spur von Leola Smith zu sehen. Wir kehrten schließlich aufs Achterdeck zurück,
und Emmanuel lächelte uns entgegen.
    »Sind
Sie befriedigt, Mr. Holman ?«
    »Sie
ist jedenfalls nicht an Bord, soviel ist sicher«, gab ich zu. »Trotzdem vielen
Dank.«
    »Es
war mir ein Vergnügen. Würden Sie die Freundlichkeit haben, mich zu
benachrichtigen, wenn Sie die schöne Lady gefunden haben? Ich hasse Stories
ohne Ende.«
    »Warum
nicht?« Ich zuckte die Schultern.
    »Das
Motorboot wartet, um Sie an Land zu bringen.« Seine Hand machte eine Geste der
Entlassung. »Leben Sie wohl, Mr. Holman .«
    Eine
tropfende Meernymphe tauchte aus dem Wasser auf und klammerte sich unten an die Companionway , als ich eben hinabsteigen wollte. Wir
trafen uns auf halbem Weg, und sie preßte den Rücken gegen das Geländer, um
mich vorüberzulassen. In dem kurzen Augenblick, als unsere Köpfe nahe beisammen
waren, flüsterte sie: »Heute abend um elf in Ihrem
Hotelzimmer.« Ich ging weiter, als hätte ich nicht das geringste gehört, und
trat auf das Deck des Motorboots. Eine halbe Stunde später saß ich wieder auf
der Hotelveranda, einen Campari mit Soda vor mir. Die magere Blonde, die am
Tisch nebenan gesessen hatte, war nun durch einen trübselig dreinblickenden
Engländer ersetzt worden, der warmes Bier trank. Ich brauchte mir wirklich
keine Gedanken darüber zu machen, dachte ich selbstzufrieden. Ich hatte bereits
eine mitternächtliche Verabredung mit einer prachtvollen Blonden.
    In
Anbetracht der Hochsaison und allem Drum und Dran hatte ich von meinem Zimmer
aus einen zauberhaften Blick auf einen Lichthof. Deshalb zog ich gegen zehn Uhr
dreißig vorsichtig die Vorhänge vor und bestellte dann beim Zimmerdienst eine
große Flasche Champagner. Sie sah recht hübsch aus, wie sie da in einem
schicken Eiskübel stand, zwei langstielige Gläser daneben. Ganz sicher trank
ein Mädchen, das sich seit einiger Zeit bei Emmanuel aufhielt, nichts anderes
als Champagner. Mir war das recht, und ich hielt mir die Daumen, daß sie bei
ihrem Eintreffen nach wie vor den geblümten Bikini trug. Gegen elf Uhr
fünfzehn, als ich eben in Verzweiflung geraten wollte, wurde leise an die Tür
geklopft.
    Ich
öffnete sie schnell, bevor mein Gast seine Absicht ändern konnte. Sie schoß
förmlich ins Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Einen Augenblick lang
kam ich mir wie im zweiten Akt einer französischen Posse vor, jede Sekunde
konnten ihr Ehemann oder meine Frau unter dem Bett hervorkriechen. Statt des
Bikinis trug sie ein hauchdünnes buntes Seidenkleid, dessen Saum auf halber
Höhe ihrer Oberschenkel endete. Es war hochgeschlossen und ärmellos; an ihr
hatte es eine rein erotische Wirkung. Die Seide preßte sich straff gegen die
Rundung ihrer Brüste und ebenso straff um die geschwungenen Hüften. Es sah so
aus, als ob sie jeden Augenblick aus dem Kleid herausplatzen würde.
    »Ich
bin sicher, daß mir niemand gefolgt ist«, sagte sie mit einer Spur fremden
Akzents in ihrem Englisch. »Aber ich kann nicht lange bleiben. Ich habe ein
großes Risiko auf mich genommen, als ich hierherkam.«
    »Immer
mit der Ruhe«, sagte ich. »Setzen Sie sich, und dann trinken wir ein Glas
Champagner miteinander.«
    »Ich
trinke keinen Alkohol.« Sie setzte sich in einen Sessel, und der Saum rutschte
fünfzehn Zentimeter höher, fast bis zum Ansatz ihrer festen goldbraunen
Oberschenkel. »Man hat Sie natürlich beschwindelt.«
    Mit
einem erstickten inneren Schluchzer schob ich zögernd alle Vorstellungen von
Verführung beiseite und beschloß, den Champagner als kleinen Trostnachttrunk
für einen zum Alleinschlafen verdammten Mann aufzubewahren.
    »Wegen
Leola Smith?« fragte ich scharfsinnig.
    »Natürlich.«
Sie nickte energisch. »Die Kerle arbeiteten schnell, sehr schnell, nachdem Raphael
Ihr Telegramm erhalten hatte. Sie räumten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher