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Leichenschänder

Titel: Leichenschänder
Autoren: Jürgen Benvenuti
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Schauspielers, der meist den Gehilfen des Schurken verkörpert.
    Er schenkte mir ein Lächeln aus der Frau-Eisenhut-Kategorie, deutete auf den Stuhl, der sich in Respektabstand vor seinem Schreibtisch befand, und sagte: „Setzen Sie sich.“
    Ich tat ihm den Gefallen. Der Stuhl war unbequem und stand einzig zu dem Zweck hier, allfällige Besucher so schnell wie möglich loszuwerden. Ich ignorierte die harte Lehne und die ungepolsterte Sitzfläche, ohne eine Miene zu verziehen. Schließlich kannte ich diese Taktik bereits aus Hubers Büro.
    „Nun, Herr Breitmaier, was genau sind das für Fragen, die Sie mir unbedingt persönlich stellen müssen?“ Seine manikürten Finger glitten über einen wuchtigen Kolbenfüller, der sich anschließend genau im rechten Winkel zur Schreibtischkante befand.
    Ich holte Block und Kugelschreiber aus meiner Manteltasche, machte es mir so bequem, wie es der Stuhl zuließ, und sagte: „Woher kennen Sie Bodo Mikanuda?“
    „Er war ein Studienkollege meiner Tochter. Sie hat ihn manchmal zu uns nach Hause zum Essen mitgebracht. Er war ein netter junger Mann.“
    „Gehen Sie zu seinem Begräbnis?“
    „Dafür habe ich leider keine Zeit.“
    „Ist es nicht eher so, dass Sie es um jeden Preis vermeiden wollen, dass irgendjemand, zum Beispiel ein neugieriger Journalist, eine Verbindung zwischen Ihnen und Mikanuda herstellt?“
    Steinkopf wurde blass. „Aber nein! Das ist doch kein Geheimnis. Ich sagte Ihnen bereits, dass er ein Studienkollege meiner Tochter war.“
    „Und später?“
    „Was meinen Sie?“
    „Nach seinem Absturz, als aus dem vielversprechenden Chirurgen ein Alkoholiker und krankhafter Spieler geworden war, hat Mikanuda da auch noch in Ihrem Haus verkehrt?“
    „Natürlich nicht. Irgendwann war er einfach nicht mehr tragbar und daher nicht mehr der geeignete Umgang für unsere Familie.“
    „Sie haben ihn fallengelassen.“
    „Ich bekleide einen verantwortungsvollen Posten. Da kann ich solche zweifelhaften Bekanntschaften nicht gebrauchen.“
    „Wirklich nicht?“
    „Was soll diese Frage? Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann sagen Sie es!“ Er lockerte seinen Krawattenknoten.
    „Nun, was ich sagen will, ist, dass Sie die ganze Zeit über Kontakt mit Bodo Mikanuda gehabt haben.“
    „Das ist eine Lüge!“
    Ich grinste, hielt ihm meinen Notizblock vors Gesicht und sagte: „Kennen Sie diese Telefonnummer?“
    Steinkopf schluckte und murmelte: „
Sie
haben mich gestern Abend angerufen und dann aufgelegt, ohne etwas zu sagen.“
    „Gern geschehen.“ Ich schenkte ihm ein Lächeln, so ehrlich wie ein Politikerversprechen, und sagte: „Die Frage ist doch, wie kommt Bodo Mikanuda, zu dem Sie angeblich seit längerem keinen Kontakt mehr hatten und der auch früher sicher nicht zu Ihren engen Freunden zählte, an Ihre Geheimnummer?“
    „Wer sagt, dass Mikanuda diese Nummer überhaupt hatte? Sie könnten sie sich von einem Ihrer schmierigen Kollegen besorgt haben.“
    „Sie stand auf der Rückseite eines Fotos, das ich in Mikanudas Wohnung gefunden habe.“
    „Ach, er hat Sie einfach so hereingelassen und Ihnen erlaubt, sich ein bisschen umzuschauen?“
    Ich schwieg.
    „Sie sind bei ihm eingebrochen und haben das Foto gestohlen, richtig?“
    Ich lächelte, nach wie vor schweigend, unschuldig wie ein Engel.
    Steinkopf wischte sich mit einem Taschentuch über die schweißnasse Stirn und sagte: „Ich nehme an, er hat die Nummer von meiner Tochter bekommen.“
    „Werden Sie nicht albern. Warum sollte Ihre Tochter einem ehemaligen Studienkollegen Ihre Geheimnummer geben?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, diese Nummer haben Sie Mikanuda gegeben.“
    „Warum hätte ich das tun sollen?“
    „Um ihn sich warmzuhalten für den Fall, dass Sie mal einen Mann fürs Grobe brauchen.“
    „Das ist doch Unsinn“, sagte Steinkopf.
    Ich ignorierte seinen Einwand und fuhr fort: „Mikanuda war labil und allein. Und ich wette, er lechzte nach Bestätigung und Aufmerksamkeit. Die Sie ihm gegeben haben. Er durfte Sie ab und zu auf Ihrer Geheimnummer anrufen und Sie haben dann nett mit ihm geplaudert. Wer weiß, vielleicht lag Ihnen wirklich etwas an ihm?“
    „Ihren billigen Zynismus können Sie sich sparen!“, sagte Steinkopf, der regungslos hinter seinem Schreibtisch thronte. Nur die verkrampften Schultern in seinem teuren, konservativ geschnittenen Anzug verrieten seine Anspannung.
    „Haben Sie die ganze Geschichte von langer Hand geplant? Oder war es ein spontaner
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