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Teufelsjagd

Teufelsjagd

Titel: Teufelsjagd
Autoren: Paul C. Doherty
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Prolog

    »Ein gewaltsamer, plötzlicher Tod«, hatte Pater Ambrose, der Gemeindepfarrer von Iffley, erklärt, »soll jede lebende Menschenseele auf Gottes schöner Erde ereilen.«
    Piers, der Ackerknecht, lehnte gegen einen Pfeiler der Gemeindekirche und lauschte im Halbschlaf der Predigt oder warf Edigha, der Tochter des Schmieds, heiße, lüsterne Blicke zu. Er hatte die flachshaarige Edigha beim Dorfbrunnen näher kennengelernt. Sie hatten sich an den Galgen vorbei aus dem Dorf gestohlen in ein Feld mit reifem Korn. Kichernd hatte Edigha Piers hinter sich hergezogen.
    »Ich sollte nicht mitgehen«, flüsterte sie, und ihre blauen Augen strahlten freudig. »Mein Vater wartet auf mich!«
    »Dein Vater löscht gerade die Asche in seiner Schmiede«, erwiderte Piers mit einem so breiten Grinsen, daß seine schadhaften Zähne sichtbar wurden, »während dort unten die Flammen meiner Liebe, Edigha, um so heißer brennen.« Er wiederholte Worte, die fahrende Sänger in der Goat’s Head Tavern zu einem der Schankmädchen gesagt hatten, als er vergangenen Montag nach dem Pflügen dort eingetreten war. Piers’ kurze elegante Rede hatte den gewünschten Effekt. Edigha kicherte und trottete weiter neben ihm her. Mit gesenkten Köpfen bewegten sie sich durch ein Meer aus reifem Korn. Kaninchen und Mäuse brachten sich aufgescheucht in Sicherheit, und über ihnen suchten die Waldtauben pfeilschnell dem Schatten eines kreisenden Habichts zu entkommen. Piers blieb stehen und schaute zu ihnen auf. Aus einem seltsamen Grund erinnerte er sich an die Worte Pater Ambroses: Der Habicht schwebt vor einem blauen Himmel und wartet, um sich dann auf seine Beute hinabzuwerfen und sie zu töten. Piers schauderte es.
    »Was ist los?« Edigha drückte sich an ihn. »Ist das Feuer schon erloschen?« Sie legte ihre Arme um ihn und berührte mit einer Hand seine Leiste. »Wir müssen bei Sonnenuntergang zurück sein«, flüsterte sie.
    Piers starrte in die Sonne, die, ein glühender Feuerball, gerade unterging und den Himmel rot verfärbte. Er drehte sich um und schaute in Richtung des kleinen Gehölzes, und die Brise fuhr ihm durch die Haare.
    »Irgendwas stimmt nicht«, flüsterte er. »Es ist so still«
    »Du machst mir angst«, gab Edigha nicht ganz ernst zurück, ließ sich jedoch von seiner Stimmung anstecken. Sie hatte sich ein Schäferstündchen mit Piers vorgestellt, aber hier draußen im im Winde raschelnden und schwankenden Korn war sie sich ihrer Sache nicht mehr so sicher. Sie schaute auf die Bäume. Da drinnen würde es kühl und dunkel sein, und ihr wurde plötzlich ganz mulmig, als ihr klar wurde, daß sie denselben Weg zurücknehmen mußten. Falls sie jemand sah, dann würde am Dorfbrunnen und im Goat’s Head noch wochenlang geflüstert und gespottet werden.
    »Können wir nicht den kleinen Pfad zurücknehmen?« murmelte sie.
    »Dort kann man uns sehen.« Piers nahm ihre Hand.
    Er wollte schon anfangen zu rennen, aber da erinnerte er sich an die unheimlichen Geschichten. Ralph, der Vogt, hatte mit einem Krug in der Hand in der Schenke gestanden und flüsternd von den zerstückelten Leichen erzählt, die in den letzten Wochen in den Wäldern bei der Stadt gefunden worden waren.
    »Geblutet haben sie wie abgestochene Schweine«, hatte Ralph warnend gesagt. »Das Blut floß wie Wein aus einem zerbrochenen Krug. Die Köpfe waren an den Haaren an Ästen aufgehängt.« Ralph hatte warnend einen Finger erhoben. »Das sind diese verdammten Tagediebe!« hatte er geschrien. »Diese sogenannten Gelehrten aus der Stadt mit ihrer Hochnäsigkeit.«
    Alle hatten genickt. Oxford war ein seltsamer Ort — eine Stadt mit eigenen Rechten und Privilegien, mit eigenartigen Gerüchen und unerwarteten Eindrücken. Alle Städte waren schlimm, überall eingebildete Händler und durchtriebene Kaufleute, aber Oxford mit seinen Gelehrten, darunter viele Fremde, die sogar aus dem Ausland übers Meer gekommen waren, war schlimmer als Sodom und Gomorrha, das hatte zumindest Pater Ambrose behauptet. Die Gelehrten waren mit ihrer Vogelsprache und bunten Kleidern wie leibhaftige Teufel. Gelegentlich kamen sie nach Iffley und stolzierten, Messer und Schwerter in den Gürteln, umher wie die Pfauen. Sie begafften die Mädchen und sahen sich nach etwas zum Stehlen um. Natürlich gab man jetzt diesen Studenten die Schuld an den verstümmelten Leichen, die auf dem Land in der Umgebung der Stadt gefunden worden waren.
    »Wenn sie schon so scheußliche Morde
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