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Leichenschänder

Titel: Leichenschänder
Autoren: Jürgen Benvenuti
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sein Lächeln verwandelte sich von frech zu herablassend.
    „Hast du einen Kasperl gefrühstückt?“, fragte ich.
    „Kann schon sein.“
    „Soll ich dafür sorgen, dass du ihn wieder ausspuckst?“
    Das Lächeln gefror dem Kellner im Gesicht und er machte unwillkürlich einen Schritt nach hinten.
    Ich zog einen Schein aus meiner Geldbörse, knüllte ihn zusammen, warf ihn dem Kellner vor die Füße und verließ die Bar, bevor ich mich zu etwas hinreißen ließ, das einem plastischen Chirurgen zu einem neuen Ferrari verholfen hätte.

Elf
    Als ich zurück in die Redaktion kam, war es kurz vor zwölf. Frau Eisenhut saß am Empfangspult und hämmerte in die Tasten ihres Computers, ohne mich eines Blickes zu würdigen.
    Ich setzte mich an einen freien Schreibtisch und quälte mich damit ab, aus dem Verhör von Steinkopf ein einigermaßen substanzvoll klingendes und vollkommen andeutungsfreies Interview zu fabrizieren.
    Glitterfreddy erlöste mich, indem er demonstrativ neben mir Aufstellung nahm, und sagte: „Weißt du schon das Neueste, Laurenz?“
    Ich wusste es natürlich nicht, wie immer, und schüttelte den Kopf.
    „Die Bullen haben den irren Tiermörder geschnappt. Er wollte gerade ein Dackelbaby aufschlitzen, als die Handschellen klickten.“
    „Was geht mich das jetzt noch an?“, sagte ich. „Ich dachte, ich sei nur Vertretung gewesen, solange du auf den Malediven deine Fleischbeschau abgehalten hast.“
    „Vielleicht interessiert es dich, dass du den Mörder kennst. Zumindest dem Namen nach.“
    Ich schaute ihn verwundert an und sagte: „Wen meinst du?“
    „Eugen Heißenbüttel“, sagte Glitterfreddy. „Na, klingelt’s? Der enterbte Sohn dieser Schreckschraube, die du letzte Woche so gründlich auseinandergenommen hast. Er hat bereits ein vollständiges und umfassendes Geständnis abgelegt, wie es so schön heißt.“
    „Was war sein Motiv?“
    „Seine Mutter hat vor kurzem ihr Testament geändert und ihr gesamtes Vermögen einem Tierheim vermacht. Als Eugen Heißenbüttel davon erfuhr, drehte er durch und ließ seine Wut an allen Viechern aus, die ihm in den Villengärten über den Weg liefen.“
    „Was ist mit Stefan Andergast? Hat er den auch getötet?“
    Glitterfreddy schüttelte den Kopf. „Anscheinend hat Heißenbüttel für die Tatzeit ein wasserdichtes Alibi.“
    „Wie viel bekommt das Tierheim?“
    „Wenn man alle Liegenschaften und den ganzen Kunstkrempel zusammenzählt, sollen es etwa vierzig Millionen sein.“
    „Autsch“, sagte ich.
    „Der junge Heißenbüttel wird sich über dein Mitgefühl sicher freuen“, sagte Glitterfreddy.
    „Was soll das heißen?“
    „Du wirst ihn heute Nachmittag interviewen.“
    „Wie komme ich zu der Ehre?“
    „Huber hat seine Beziehungen spielen lassen und dir und Heißenbüttel für vier Uhr in der schönen Justizanstalt Josefstadt eine ruhige Zelle reserviert. Ach, bevor ich es vergesse: Ein Chefinspektor Wachtelgruber hat angerufen. Du sollst dich bei ihm melden.“ Glitterfreddy zwinkerte mir zu und trabte lässig davon.
    Ich zog das Telefon herüber und rief Wachtelgruber an.
    „Ich hab Neuigkeiten für Sie, Breitmaier.“
    „Ich höre.“
    „Unsere Techniker haben herausgefunden, worum es sich bei der Flüssigkeit handelt, die am Boden gefunden wurde.“
    „Nämlich?“
    „Um Badewasser.“
    „Wollen Sie mich verarschen?“
    „Aber nein“, fuhr Wachtelgruber ungerührt fort. „Stefan Andergast hat vor seinem Tod gebadet. Im Wasser befand sich Meersalz mit ätherischen Ölen. Das soll gut für die Haut und die Atemwege sein, sagt zumindest meine Frau.“
    „Und um das herauszufinden, brauchen Sie eine halbe Ewigkeit?“
    „Die Polizei ist ein gut geschulter, perfekt ausgebildeter Apparat, aber auch wir können nicht zaubern. Gut Ding braucht Weile.“
    „War’s das?“, fragte ich und versuchte nicht einmal, meine Enttäuschung zu verbergen.
    „Nein, da gibt es noch etwas“, sagte Wachtelgruber. „Unsere Beamten haben zumindest einen Teil der fehlenden Organe von Stefan Andergast gefunden.“
    Schlagartig war meine Aufmerksamkeit geweckt. „Wo denn?“, fragte ich.
    „Nun, ein Streifenpolizist hat einen alten Mann am Donaukanal festgenommen, der ein Stück eines menschlichen Herzens als Angelköder verwendet hat.“
    „Ihre Beamten kennen sich auch mit der menschlichen Anatomie aus?“
    „Natürlich“, sagte Wachtelgruber selbstzufrieden. „Wir haben den Mann einvernommen, und er hat uns erzählt, er habe das
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