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Kuss der Ewigkeit

Kuss der Ewigkeit

Titel: Kuss der Ewigkeit
Autoren: K Price
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ließ mich davontreiben. Um mich herum überragten mich Geschäftsleute in maßgeschneiderten Anzügen und Frauen in Pumps. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal dankbar dafür sein würde, klein zu sein, doch mit ein bisschen Glück würde mich das vor dem Blick des Jägers verbergen– wenn ich meinen Geruch doch nur ebenso leicht verdecken könnte.
    Die Menge strömte zur U-Bahn hinunter. Von den unterirdischen Wänden hallten die Stimmen Hunderter Pendler wider, eine Symphonie der Ungeduld, akzentuiert von flackernden Neonröhren. Als sie sich in Schlangen vor den Drehkreuzen drängten, erkannte ich den Haken an diesem Plan: Geld, oder besser gesagt, meinen Mangel an selbigem.
    Okay, keine Zeit für Panik.
    Über einer Tür auf meiner Seite des Drehkreuzes hing ein verblichenes Schild, das auf öffentliche Toiletten hinwies, und ich hastete dort hinein. Vermutlich besaß der Jäger nicht genug Anstand, um das Schild für kleine Mädchen zu respektieren, doch ich wollte jede Wette eingehen, dass ihn die Frauen, die drinnen Schlange standen, aufhalten würden.
    Ich drängte mich an der Schlange vorbei, schlüpfte in die erste offene Kabine und verriegelte die Tür gegen das wütende Gemurmel. Die Wände der engen Kabine waren schmutzig und mit Beleidigungen bekritzelt, und es war gerade genug Platz, um vor einer rostigen Toilettenschüssel zu stehen. Was für ein reizendes Versteck. Es juckte mich in den Beinen, hin und her zu laufen, deshalb schlang ich die Arme um mich und wippte auf den Zehen auf und ab.
    Jemand hämmerte an meine Tür.
    » Besetzt«, rief ich.
    » Beeilung!« Eindeutig eine weibliche Stimme.
    Ich ignorierte sie. Da waren noch zwei weitere Kabinen, die sie benutzen konnte.
    Wieder wippte ich auf den Fersen. Ich brauchte einen Plan. Um die Menschen mit voller Blase einmal außer Acht zu lassen– wenn ich versuchte, hier so lange zu warten, bis der Jäger fort war, würde sich der Feierabendverkehr ausdünnen, und ich brauchte den Schutz menschlicher Beobachter. Die Toilette hatte nur eine einzige Tür, und wenn der Jäger mich hatte hineingehen sehen, brauchte er nur darauf zu warten, bis ich wieder herauskam. Wenn es mir natürlich gelänge hinauszuschlüpfen, ohne dass er mich erkannte…
    Wie viel wusste er von mir? Er kannte meinen Namen und meinen Clan, aber wusste er sonst noch irgendetwas über mich? Das war ein Risiko, das ich eingehen musste.
    Vorsichtig stieg ich auf die Klobrille und zog die Knie an die Brust, damit ich durch den Spalt unter den Wänden der Kabine nicht zu sehen war. Um mich herum wurde sich über alles Mögliche beschwert, angefangen von der Warterei bis hin zu dem trüben Wetter. Ich schloss die Augen und blendete die Stimmen aus. Ich musste mich auf meine Mitte konzentrieren. Geistig streichelte ich die angespannte Energie in mir. Sie brodelte. Breitete sich aus. Ich war auf den Schmerz vorbereitet, dennoch sog ich heftig die Luft ein, als die Energie an die Oberfläche brach.
    Ein scharfer, stechender Schmerz schoss meinen Rücken entlang, und die Haut platzte auf. Meine Kleider verschwanden, wie immer, wenn ich mich verwandelte. Aus meiner Kehle stieg ein zitterndes Wimmern empor, und ich drängte es zurück, dennoch schlüpfte es mir über die Lippen, als sich meine Haut zurückzog und umstülpte. Meine Gelenke knackten laut, als sie sich verformten.
    Wieder hämmerte jemand an meine Tür. Konnten sie das schmatzende Geräusch hören, mit dem sich meine Muskeln und Organe neu anordneten? Hoffentlich waren sie nur ungeduldig. Dann kamen die Sekunden der Verwandlung, in denen ich nichts mehr von meiner Umgebung wahrnahm.
    Die Haut schloss sich wieder um meinen Körper, dann rückte die schmutzige Kabine zurück in mein Blickfeld. Ich rutschte mit dem rechten Bein ab und fiel bis zu den Hüften in die Toilettenschüssel. Fauchend kämpfte ich mich über die Klobrille und landete mit einem feuchten Platschen auf den Fliesen.
    Na toll, jetzt sah ich wie eine ertrunkene Ratte aus.
    Mein Schwanz zuckte, ich schüttelte die Hinterbeine und versuchte, so viel Wasser wie möglich aus dem Fell zu bekommen, erreichte damit allerdings nur, dass die dreckige Fliese noch nasser wurde. Meine Hinterpfote rutschte aus und hinterließ graue Schlieren auf der braunen Kachel.
    Widerlich.
    Ich wandte den Kopf nach hinten, doch dann zögerte ich. Wollte ich mir wirklich schnell das Fell putzen? Das war Wasser aus der Toilette. Besser, ich hatte es auf dem Fell als auf der Zunge,
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