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Kuss der Ewigkeit

Kuss der Ewigkeit

Titel: Kuss der Ewigkeit
Autoren: K Price
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oder etwa nicht? Einen Augenblick lang rang ich mit diesem Gedanken, da mein Instinkt von mir verlangte, diese ekelhafte Substanz loszuwerden.
    » Ist da wer drin?« Jemand rüttelte an der Tür.
    Jäh kehrte meine Aufmerksamkeit zu wichtigeren Dingen zurück– die Zeit drängte, die Fellpflege würde warten müssen. Indem ich mich in meine zweite Gestalt verwandelte, ging ich ein großes Risiko ein. Falls der Jäger mich fand, wäre ich nicht in der Lage, mich zu verteidigen– zumindest nicht auf nennenswerte Weise, und niemand würde etwas dabei finden, wenn er eine Katze jagte. Aber ich musste aus dieser U-Bahnstation raus.
    Als ich unter der Toilettentür hervorkroch, zeigte ein Kind mit dem Finger auf mich.
    » Schau mal, Mami, eine Miezekatze!«
    Ich schlenderte näher an das Mädchen heran, blieb aber knapp außer Reichweite– kleine Kinder neigten dazu, einen am Schwanz zu ziehen.
    » Bleib weg davon«, sagte ihre Mutter und zog das Kind zurück. » Sie hat vielleicht Tollwut.«
    Meine Mundwinkel zuckten, doch ich unterdrückte das Verlangen, angesichts dieser Beleidigung zu fauchen. Feindseligkeit brachte mich auch nicht weiter.
    Also strich ich schnurrend um die Beine der nächsten Dame in der Schlange. Angewidert presste sie sich ein Taschentuch vor die Nase und wich zurück. Großartig.
    Wer war meine meistversprechende Fahrkarte nach draußen? Da sah ich eine Frau, die sich gerade die Hände wusch. Sie war einkaufen gewesen, und zu ihren Füßen standen mehrere große Einkaufstüten. Ich schlich hinüber, sprang in eine schicke weiße Tüte und rollte mich neben einer Hutschachtel zusammen, in der Hoffnung, dass sie das zusätzliche Gewicht nicht bemerken würde.
    Als sie ihre Sachen aufhob und aus der Toilette eilte, musste ich mein Gewicht etwas verlagern, um den Inhalt auszubalancieren. Die Tüte schwang in ihrem Griff hin und her und schleuderte mich gegen etwas Hartes. Das Drehkreuz war ein Albtraum. Sie schob sich hindurch, und eine der Schachteln quetschte mir die Luft aus den Lungen. Als die Taschen wieder frei schwangen, glaubte ich, das Schlimmste überstanden zu haben, doch nun ließ das Schaukeln meinen Magen rebellieren.
    Nein, ich werde mich nicht übergeben. Ich weigere mich.
    Ich übergab mich mitten über ihre Hutschachtel.
    Angewidert rückte ich ein wenig von der Schachtel fort. Das Zischen von Zugtüren, die sich öffneten, löste eine weitere Angriffswelle aus, als sich die Menschen ins Abteil drängten. Abrupt setzte sich der Zug in Bewegung, dafür hörte das Schaukeln der Tüte auf.
    Ich spähte hinaus und fand mich Auge in Auge mit einer erschrockenen Brünetten wieder, die laut aufkreischte und die Sachen auf ihrem Schoß zu Boden fallen ließ. Wie es aussah, war die Katze aus dem Sack– na ja, noch nicht ganz, aber das sollte ich schleunigst ändern. Ich flitzte durch einen Wald aus Beinen und versteckte mich unter dem Sitz eines Mannes in schlammverkrusteten Arbeitsstiefeln.
    Von meinem engen Unterschlupf aus prüfte ich die aufbereitete Luft im Zugabteil. Keine Spur von der Witterung des Jägers.
    Dem Mond sei Dank.
    In den letzten fünf Jahren hatte ich vielleicht ein halbes Dutzend Mal die Witterung eines Jägers aufgenommen. Die meisten Städte hatten mindestens einen Jäger irgendwo stationiert, um nach Einzelgängern und Streunern Ausschau zu halten, aber noch nie zuvor hatte ich Grund zu der Annahme gehabt, dass man gezielt nach mir jagte. Doch dieser Wolf tat das offensichtlich.
    Ich schloss die Augen und berührte im Geiste die angespannte Energie in mir. Es würde eine ganze Weile dauern, bis ich wieder zu meiner menschlichen Gestalt zurückkehren konnte. Nun, die Chancen standen gut, dass die U-Bahnstation, an der ich am Ende landen würde, weit von dem Jäger entfernt lag. Also legte ich meinen Schwanz eng um mich und machte es mir bequem für eine lange Fahrt.
    Die Nacht war während meiner U-Bahn-Fahrt hereingebrochen und tauchte die Stadt Haven in tintenschwarze Dunkelheit. Vor dieser Dunkelheit hob sich das einladende, im Schnee schimmernde Leuchten der Ladenfronten und Straßenlampen ab. Morgen, wenn die Züge ihren Betrieb wieder aufnahmen, würde ich mir einen Weg zurück zur Bahnstation suchen müssen. Heute Nacht brauchte ich nur einen Ort, an dem ich mich verstecken und Schutz vor der Kälte finden konnte.
    Die hastenden Berufspendler, die die Innenstadt bevölkert hatten, waren auf den Straßen hier Fehlanzeige, deshalb kam man auf vier Beinen leicht
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