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Kuss der Ewigkeit

Kuss der Ewigkeit

Titel: Kuss der Ewigkeit
Autoren: K Price
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voran. Ich konnte nur hoffen, dass es unter den zahlreichen Einkäufern einen Tierfreund gab. Vor einer teuren Modeboutique blieb ich stehen und setzte mich in einen Lichtkegel auf die vom Schnee befreiten Stufen, um besser zu sehen und gesehen zu werden.
    Mit den Blicken durchforstete ich die Menge nach freundlichen Gesichtern, die Mitleid mit einer streunenden Katze haben würden. Niemand sah in meine Richtung. Endlich kam ein Pärchen auf mich zu. Showtime. Die Frau bückte sich und kraulte mich unterm Kinn. Ich schnurrte und schmiegte meinen Kopf in ihre Hand, doch der Mann zog sie am Arm, und schon war sie verschwunden. Ich legte die Ohren an, kauerte mich, um mich zu wärmen, zu einer Kugel zusammen, und starrte die Passanten, die von einem Lichtkegel zum nächsten hasteten, finster an.
    Noch zehn Minuten. Falls mich in den nächsten zehn Minuten niemand mit nach Hause nahm oder mir etwas zu essen anbot, würde ich aufgeben und mich wieder in meine menschliche Gestalt zurückverwandeln. Wenn ich natürlich wollte, dass sich jemand meiner erbarmte, sollte ich ihn vermutlich lieber nicht anfunkeln, als wollte ich ihm die Augen auskratzen.
    Also verließ ich meinen trockenen Sitzplatz und spazierte zur Mitte des Gehwegs, um dem erstbesten Passanten um die Beine zu streifen. Ohne stehen zu bleiben, schob er mich mit dem Stiefel beiseite.
    Arsch.
    Mit meinem jämmerlichsten Miau versuchte ich es bei einer Schar Teenager, doch obwohl eines der Mädchen mir einen flüchtigen Blick zuwarf, blieben sie nicht stehen.
    Was war nur los mit diesen Leuten? Ich sah schließlich nicht räudig aus. Zumindest nicht mehr. In der U-Bahn war ich eingeknickt und hatte mir das Fell geputzt. Ich war zwar immer noch nicht sicher, ob ich mich dadurch irgendwie sauberer fühlte, doch zumindest sah ich vorzeigbarer aus.
    Ungeduldig schlich ich auf und ab. Schneeklümpchen klebten mir zwischen den Pfotenballen, und an meinem Schwanz hing Eis. So wurde das nichts. Zeit für Plan B– wie immer der auch lauten mochte, aber er beinhaltete definitiv zwei Beine, auf denen ich irgendwohin gehen konnte, wo es warm war.
    Ich huschte in eine Gasse hinter einem Modeladen. Eine große Mülltonne nahm fast den ganzen Platz ein, doch ein kurzes Schnüffeln sagte mir alles, was ich darüber wissen musste– hier war nichts Essbares zu finden. Gab es denn in diesem Teil der Stadt keine Restaurants?
    Gereizt duckte ich mich in den tiefen Schatten und verwandelte mich ohne Umschweife wieder zurück in meine menschliche Gestalt. In den Sekunden, in denen mein nacktes Fleisch sich formte und bevor meine Kleider wieder erschienen, ging mir die Schneekälte durch Mark und Bein. Blöde Stadt. Vielleicht war ich zu optimistisch gewesen– hier würden sogar Eisbären erfrieren. Ich zog den Mantel enger um mich und eilte zurück auf die Straße.
    Nun, da ich gut eineinhalb Meter größer war und wieder auf zwei Beinen lief, veränderte sich die Stadt für mich. Mit menschlichen Augen betrachtet waren die Farben kräftiger, doch die Schatten verbargen mehr vor meinem Blick, was die Dunkelheit weitaus bedrückender machte. Ich trottete an den Teenagern vorbei, die mich vorhin ignoriert hatten. Nun hielt ich den Blick gesenkt und vermied es, die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Die Mädchen, die völlig damit beschäftigt waren, Styroporbecher mit heißer Schokolade von einem Straßenverkäufer untereinander aufzuteilen, schenkten mir als Mensch sogar noch weniger Beachtung denn als Katze.
    Ich bog in den Magnolia Boulevard und dann weiter in die Primrose. Laden um Laden zeigten sich bunt gekleidete Schaufensterpuppen in den Auslagen. Wie viele Modeläden gab es in dieser Stadt?
    Ich konnte es ja verstehen, wenn die Menschen hier mehr Klamotten als sonst wo brauchten, um sich warm zu halten, aber die meisten Sachen, die ich sah, würde niemand auf der Straße tragen. Ich blieb stehen und beobachtete durch ein Schaufenster, wie ein Model ein aufwendiges Abendkleid vorführte. Es musste angenehm warm dort drinnen sein, wenn sie so viel Haut zeigte, doch mit meinem schäbigen Mantel und den abgetragenen Jeans hatte ich keine Chance, mich unauffällig unter die Klientel dieses Ladens zu mischen.
    Also stapfte ich weiter. Nach ein paar Blocks begrüßte mich das fröhliche Leuchten eines Bücherladens. Damit kam ich zurecht.
    Ich stampfte mir den Schnee von den Turnschuhen und sah zu, wie er eine Pfütze auf der Fußmatte bildete. Der Duft von frischem Kaffee und
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