Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken
Autoren: Edmund Crispin
Vom Netzwerk:
1. Kapitel
    Erinnerungen des alten Gobbo
     
    Da ist Humor, für den wir unsre heit’ren Freunde haben;
    dagegen dann die Denker sich an ‘ner Verschwörung laben.
    Thomas Betterton oder Anne Bracegirdle oder
    William Congreve ODER Anonym:
    aus dem Vorsprach zu Congreves >Love for Love<.
     
     
    1
     
    »Das ist wieder einer von denen, nicht wahr«, sagte der Major. Wie manche Menschen die Anwesenheit einer Katze im Zimmer erahnen, so konnte der Major einen Journalisten spüren, oder er behauptete es jedenfalls. »Es ist wirklich sehr bedauerlich. Wie lange ist es her, seit Routh ermordet wurde?«
    »Acht Wochen, glaube ich.«
    »Mindestens acht Wochen. Und noch immer schnüffeln hier Reporter herum wie… wie die Schweine im Perigord. Was, zum Teufel, hoffen sie eigentlich nach dieser langen Zeit noch zu finden?«
    »Ich glaube nicht, daß es ein Journalist ist«, sagte Fen. Er aß den Rest Kalbfleisch-Schinken-Pastete konventionell geschmackloses Zeug, zu dem das >The Stanbury Arms< aber in besänftigender Absicht Mango Chutney servierte und trank Bier dazu. »Natürlich ist das kein Journalist, Major. Sie haben nur noch Journalisten im Kopf.«
    Der Gegenstand ihres Gesprächs, der erst eine Minute vorher in den Schankraum gekommen war, erwies sich als harmlos aussehender Mann Anfang der mittleren Jahre mit schütterem Haar und einem runden, glattrasierten, gelblichen Gesicht. Seine Brauen waren dicht und sahen schmierig aus, wie mit Streichmesser aufgetragen, und er trug einen dunklen Straßenanzug. Als er sein Getränk bezahlte, betrachtete er Fen und den Major grübelnd und kam Augenblicke später, das Glas in der Hand, herüber, um sie anzusprechen.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er. »Ich bin Journalist.« Fen schnaufte verärgert. »Mein Name ist Padmore«, fuhr der Fremde mit verminderter Zuversicht fort. »J. G. Padmore. Darf ich mich zu Ihnen setzen?« Er blickte sie aus feuchten braunen Augen bange an.
    »Nehmen Sie Platz, mein Lieber, nehmen Sie Platz«, sagte der Major verbindlich. Welche Schwächen er sonst auch haben mochte, seine Manieren wurden nie von seinen Vorurteilen beeinträchtigt. »Ich bin der Major, und das ist Professor Gervase Fen aus Oxford.«
    »Guten Tag«, sagte Fen. »Meinen Unmut von eben bedaure ich. Es war der Major, über den ich mich geärgert habe, nicht Sie.«
    »Ja, ich ärgere die Leute leider oft«, sagte der Major, erfreut über Fens Tribut. »Unter anderem rede ich zuviel. Ja, nun, wie ich gerade sagte, Fen ist Professor und kommt aus Oxford. Er verbringt hier seinen Studienurlaub, um ein Buch zu schreiben. Es soll vom modernen Roman handeln. Vom Nachkriegsroman, meine ich. Vom britischen Nachkriegsroman.« Er schien der Ansicht zu sein, daß Padmores Beruf die Vertrautheit mit allen diesen Einzelheiten erforderte, bevor Weiteres sich zutragen durfte.
    »Burgess, Anthony«, steuerte Fen hilfreich bei. »Amis, Kingsley. Lessing, Doris. Howard, E. J. Drabble, Margaret… Brooke-Rose, Christine.«
    »Hysteron proteron«, sagte der Major.
    »Hysterons Werke kenne ich nicht«, sagte Padmore. »Aber die anderen sind natürlich alle sehr sind alle sehr – «
    »Schön und gut«, schlug der Major vor.
    »Aber wie Sie gemerkt haben, bin ich noch immer erst im Karteikarten-Stadium.« Und auch nicht versessen darauf, darüber hinauszukommen, deutete Fens Tonfall an. Er runzelte die Stirn. »Major«, sagte er, »sagen Sie Ihrem Hund, er soll aufhören, meinen Schweinskopf zu beschnuppern.«
    Padmore, der in seiner Nähe weder einen Schweinskopf noch einen Hund sehen konnte, schaute sich ein wenig verstört um. Er atmete jedoch halbwegs auf, als er einen kleinen schwarzen Whippet, skelettartig wie der Werbekandidat für eine Art Tier-Oxfam, in einer Ecke an der Schanktheke einen Sack beschnuppern sah.
    »Er schnuppert nur«, sagte der Major. »Er wird nicht versuchen, ihn herauszuzerren, nicht wahr; nicht so, wie Sal das tun würde.« Sal war das andere Schoßtier des Majors, eine unermüdlich schrille Cockerhündin, geliebt von keinem außer ihrem Besitzer.
    »Es ist ein Schweinskopf zur Sülze«, erklärte Fen Padmore. »Ein Geschenk.«
    »Von einer Mrs. Clotworthy«, sagte der Major, in dem noch immer die Mitteilsamkeit gärte. »Eine Fleischerwitwe, die gerade fünfundsiebzig geworden ist. Sie lebt hier in Burraford in einem Cottage.«
    »Oh, gut«, sagte Padmore unbestimmt. »Guten Tag«, sagte er. Und dann: »Nun, wenn ich wirklich nicht störe…«
    Inzwischen hatte er sich,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher