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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Bläschen, ist für ein solches Spiel gewiß eine extrem kurze Zeit; in dieser Minute lief noch auf allen fünf Plätzen das gleiche. Dann aber nahm sich jeder eine andere Phase, ein anderes Wiedergabetempo vor, und da etwas zu erraten war einfach unmöglich.
    Beim nächsten Durchgang beschloß Pauline, sich auf Ruben zu beschränken. Auf dem Hauptbildschirm war eine Art Grafik vorgegeben, eine vielfach verschlungene Linie, und eine zweite entstand, sie lag anfangs daneben, später wich sie ein wenig ab – das mochten wohl Darstellungen sein, deren erste einen Modellversuch zeigte und deren zweite den laufenden Realversuch. Es freute Pauline, daß die neue Kurve nur wenig abwich, aber Ruben schien gar nicht froh darüber zu sein, er machte ein finsteres Gesicht, was für Pauline, die das bei ihm noch nicht erlebt hatte, beinahe lustig aussah.
    Bei den nächsten Versuchen konnte Pauline Ähnliches beobachten, und als dann eine Debattierpause eintrat, erfuhr sie, daß man weit weniger enttäuscht gewesen wäre, wenn der Realversuch stellenweise stark abgewichen wäre und sich dafür an anderen Stellen gedeckt hätte mit dem Modellversuch; dann hätte man Hinweise auf bestimmte Zeitabschnitte, Teilvorgänge und dergleichen gehabt.
    Viele Abschnitte der Diskussion verstand Pauline nicht, besonders dann, wenn Meinungen oder Vermutungen mit Berechnungen belegt wurden. Aber sie fühlte sich durch diese unvermeidlichen Schwierigkeiten nicht ausgeschlossen, sie wunderte sich im Gegenteil, daß sie den Gedankengängen im großen und ganzen doch folgen konnte. Sie begriff den Verdruß: Es war eine nichtssagende Abweichung. Die allgemeine Meinung schien sich dem Vorschlag zuzuneigen, den ganzen Vorrat an Modellversuchen automatisch gesteuert durch die Anlage zu jagen und sich die Ergebnisse hinterher anzugucken.
    Einigen gefiel aber diese Tendenz nicht. Das konnte man auch von Gagarin oder sogar von Sternenstadt aus tun, dann konnte man ja gleich zurückfliegen. Akito sagte das, als Esther am Schluß der Debatte von jedem eine Meinung haben wollte.
    Pauline dachte sich, während sie den anderen zuhörte, man müßte diesen kleinen Unterschied doch irgendwie beseitigen können, dann wären alle zufrieden, und in diese naive Überlegung hinein fragte Esther auch sie nach ihrer Meinung.
    „Optimieren“, sagte Pauline, es war der erste Begriff, der ihr im Zusammenhang mit ihrer Überlegung einfiel, „vielleicht bei einem einzelnen Versuch.“
    Einige in der Runde lachten freundlich, selbst Ruben sah ein bißchen hilflos aus, aber Esther sagte plötzlich: „Seht mal, da ist was dran!“
    Und im Handumdrehen hatte sie einen ganzen Plan entwickelt, Zusammenhänge und Methoden, an die Pauline nicht im entferntesten gedacht hatte: wirklich einen einzelnen Versuch immer abwechselnd real und am Modell zu wiederholen, im Zusammenspiel mit Sternenstadt; die Abweichung hier mußte zu wenn auch kleinen Korrekturen am Modell führen, diese wieder zu einer neuen Vorlage und so weiter, bis Übereinstimmung der Abläufe erreicht war – dann war auch die Formel entscheidend verbessert. Die Pausen, die aufgrund der Entfernung entstehen würden, konnte man damit füllen, die andern Modellversuche zu realisieren.
    So wurde auch verfahren. Niemand machte Aufhebens davon, daß das Raumküken Pauline die Grundidee geliefert hatte, auch sie selbst nicht. Trotzdem war sie auf das Ergebnis womöglich noch gespannter als die anderen. Und als nach dem dritten Wechsel die Verschmelzung der beiden Kurven deutliche Fortschritte machte, freute sie sich unbändig und wußte zugleich nun auch, warum: Es war dies der erste selbständige Schritt in ihrem neuen Lebensabschnitt.

    Nach einem Besuch bei Paulines Eltern, die Wenzel vorsichtig nach ihrem Schwiegersohn ausfragten und dann nach ihrer Chance, ihn auch mal zu Gesicht zu bekommen, und mit dem Versprechen im Gepäck, dem Mädchen ins Gewissen zu reden, war Wenzel erst einmal in das Berliner Büro gefahren. Dort fand er neben elektronisch konservierter Post, die in den letzten Tagen aufgelaufen war, auch ein Päckchen mit einem Kristallspeicher und einem richtigen Brief dabei – man entschuldigte sich, daß man die Kopie der Translation erst so spät zugestellt habe, die Kollegin Wichmann sei erkrankt und man habe in ihren Notizen erst jetzt den Hinweis gefunden…
    Was für eine Translation war das und was für eine Kollegin Wichmann? Mit Mühe erinnerte sich Wenzel schließlich, daß Pauline damals
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