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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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irrtümlich zu dieser Frau gerufen worden war – irrtümlich? Wie war das gewesen? Im Bürotagebuch mußte das verzeichnet sein. Wenzel schaltete das Archiv ein und blätterte auf dem Bildschirm darin. Bald hatte er den Tag gefunden und auch die Notiz, die Pauline eingegeben hatte. Ein bißchen merkwürdig, das Ganze. Wenzel, noch bewegt von den Wirkungen des Raumteilers, witterte neues Unheil. Was heißt: krank? Wenn jemand Schnupfen hat, braucht man doch nicht in seinen Unterlagen nach eventuell unerledigten Dingen zu suchen? Das war doch schon Monate her! Nein, das mußte er sich genauer ansehen.
    Es war aber gar nicht so leicht, herauszufinden, wo er sich etwas ansehen konnte und was. Der Betrieb, der vollautomatische Fabriken umrüstete, bearbeitete zur Zeit die zweite Hundertjährige, und zwar in Prag. Hinfahren? Der Gedanke war verlockend, aber ein Anruf bestätigte ihm: Die Kollegin Elke Wichmann war nicht dort, sie lag noch in Berlin im Krankenhaus. In welchem, wußte er jetzt, aber man würde ihm so ohne weiteres kaum Auskunft geben, und Zweiter Gehilfe war er ja nicht mehr – vielleicht konnte Hasgruber etwas arrangieren. Vorher aber besuchte er noch mal die ATTACKE-Mannschaft, er hatte sowieso vorbeigehen wollen, um sie über die Raumteilergeschichte zu informieren, dort konnten sie sich diese Translation ansehen, ob das etwas mit ihrer Sache zu tun haben könnte.
    ATTACKE schien inzwischen ein umfangreicheres Unternehmen geworden zu sein, Wenzel kannte keinen von den Medizinern, aber selbstverständlich kannten diese Wenzels und Paulines Anteil, sie berichteten gründlich und bemühten sich sogar, medizinisches Fachkauderwelsch zu vermeiden.
    Man hatte inzwischen noch zwei weitere leichte Fälle gehabt und war der Ursache, dem Herd, dem Auslöser immer näher gekommen, so nahe, daß schon ein Gerät in zehn Exemplaren hergestellt war, von dem die Mediziner sich versprachen, es werde schwere Herzattacken dieser Art verhindern. Es war ein Stirnreif mit Elektroden, die ausgewählte elektrische Signale des Gehirns anzeigten und im Fall einer Attacke mit desynchronisierenden schwachen Stromstößen antworteten. Zwar konnte das keineswegs der Weisheit letzter Schluß sein, schließlich kann nicht die halbe Menschheit mit so etwas herumlaufen, aber es war doch schon ein Ergebnis, das man vorzeigen konnte, und wenn auch nur einem einzigen Menschen dadurch das Leben gerettet wurde, war das ein Sieg.
    Die Mediziner drängten Wenzel, ein Exemplar davon mitzunehmen, und er tat das gern, denn eine Aussprache mit dem Konrat würde es bestimmt geben, und es war nicht schlecht, wenn man bei solcher Gelegenheit etwas Gegenständliches auf den Tisch legen konnte.
    Wenzel bedankte sich dafür mit Informationen. Er gab den Ärzten seinen Brief an den Konrat zu lesen, sie fanden das interessant; was sie sagten, klang aber nicht sehr enthusiastisch. Wenzel hatte das auch nicht erwartet, denn Ärzte müssen sehr bedächtig sein gegenüber Neuerungen, sie arbeiten ja nicht an einem Stück toten Materials, das man bei Mißlingen der Neuerung wegwerfen kann. Außerordentlich interessiert zeigten sie sich dagegen an den Suchterscheinungen bei der Arbeitsgruppe, die den Raumteiler untersucht hatte, und sie notierten sich sofort die Adresse. Der Fall Elke Wichmann jedoch versetzte sie vollends in Aufregung. Sie spielten die Computertranslation ab, entdeckten darin auf Anhieb Rhythmen, die mit den G-Spindeln korrespondierten, und stellten sofort die Verbindung zu dem Krankenhaus her, in dem die Frau lag. Die Ärzte dort waren froh über die Hilfe, die Patientin litt an einer Art Lethargie, mit der sie nichts anzufangen wußten.
    Im Nu waren Aufträge erteilt, alle brachen auf, bis auf einen, der als Diensthabender hierbleiben sollte und sich auch Wenzel widmen konnte.
    „Warum versetzt Sie das so in Aufregung?“ wollte Wenzel wissen.
    „Wir haben auf irgend so etwas gewartet“, sagte der Diensthabende. „Sehen Sie, das ist so: Es steht jetzt fest, daß die Ursache dieses Herzversagens im Gehirn sitzt. Das ist – wie sag ich’s? Also das Herz reagiert zwar, wie jeder weiß, auf Vorgänge im Gehirn, vor allem auf emotionale, aber nur innerhalb gewisser Grenzen. Für seine lebenslange, ununterbrochene erstaunliche Tätigkeit hat das Herz eine sehr starke Selbstregulierung. Daß Impulse vom Gehirn diese Selbstregulierung nicht nur durchbrechen, sondern matt setzen können, bei einem völlig gesunden Menschen, das ist etwas
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