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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Neues. Und sehr Gefährliches. Aber das wissen Sie ja selber. Um mit der Sache weiterzukommen, müßten wir andere Auswirkungen derselben Ursache untersuchen können. Was Sie uns mitgebracht haben, könnten Beispiele dafür sein. Deshalb die Aufregung.“
    „Ich wäre am liebsten mitgefahren“, sagte Wenzel nachdenklich.
    „Das lohnt sich für Sie kaum“, antwortete der Diensthabende. „Erst mal wird sich gar nichts ereignen, man wird beraten, und wenn dabei etwas herauskommt, rufen sie sowieso hier an. Aber das kann dauern.“
    „Ja, und eigentlich sind für mich auch andere Aspekte von Interesse, die etwas außerhalb Ihres Blickfeldes liegen.“
    „Ach?“
    „Ja. Bisher begannen alle Ereignisse, die uns beschäftigen, im Kopf der jeweiligen Personen, wenigstens soweit wir wissen. In diesen beiden Fällen aber ist es anders – die Ereignisse wurden von außen angeregt, einmal durch ein Kunstwerk, einmal durch ein wissenschaftlich-technisches Werk, einen Computer. Beim Kunstwerk sperrt sich in mir nicht ganz soviel dagegen; in ein Kunstwerk sind immer mehr oder weniger Emotionen des Künstlers eingeflossen. Aber ein Computer? Wie kann ein Computer etwas hervorbringen, was sich mit Gehirnaktivitäten auf solche Weise überlagern kann? Noch dazu mit Gehirnleistungen, die. wir für neuartig und höchstentwickelt halten? Haben denn diese Rechner in den automatischen Fabriken schon die Komplexität des Gehirns erreicht?“
    „Kann ich mir nicht vorstellen, nein, bestimmt nicht!“
    „Ich verstehe einfach zuwenig von Technik“, sagte Wenzel verdrossen. „Ich hätte vielleicht doch nach Prag fahren sollen.“ Er hatte das mehr zu sich selbst gesagt und nicht erwartet, daß der andere darauf einging. Der aber hatte inzwischen auch überlegt.
    „Ich kann Ihnen da nicht ganz zustimmen“, sagte er, „wenn Sie solche Unterscheidungen treffen: aus dem Gehirn selbst entstanden, von außen angeregt. Tatsächlich gibt es die Anregung von außen doch in jedem Fall, sei es nun durch ein Kunstwerk oder durch ein Ereignis oder eine Idee. Soweit ich sehe, jedenfalls. Sie überblicken ja mehr Bereiche dieses Problems. Aber ich meine, wo eine Anregung nicht sichtbar wird, muß man suchen. Trinken Sie einen Kaffee mit?“
    Wenzel stimmte zu. Sie unterhielten sich weiter über diese Frage, kamen zwar nicht zu völliger Übereinstimmung, aber doch zu einer Annäherung, der Arzt fragte noch nach einigen Einzelheiten des Briefes, nach der Telepathie auf der Venus und dem Todesschlaf auf dem Mars, und Wenzel berichtete, was er davon wußte, und das war weit weniger, als der Arzt wissen wollte – und dann rief die Gruppe an, die ins Krankenhaus zu Elke Wichmann gefahren war.
    „Die Patientin war bei ihrer Einlieferung völlig antriebslos. Die Behandlung hat zu einer gewissen Besserung geführt, aber der entscheidende Punkt ist noch nicht erreicht, die Kollegen hier haben den Eindruck, daß sie noch nicht ins Zentrum der Krankheit vorgedrungen sind, und versprechen sich viel von der Zusammenarbeit mit uns. Bis wir zu einer gemeinsamen Auffassung gekommen sind, wird die jetzt laufende Behandlung fortgesetzt.“
    „Na schön“, sagte Wenzel, „weiter kann ich hier wohl nichts ausrichten. Geben Sie mir Bescheid, was dabei rauskommt? Gut, ich verabschiede mich.“ Und schon in der Tür, fügte er kopfschüttelnd hinzu: „Ich weiß nicht, ich hab das Gefühl, mein Brief ist bereits überholt.“

    Wenzel zersägte gerade Pauline, die sich unter dem Jubel der rund hundert Zuschauer für diesen uralten Trick zur Verfügung gestellt hatte, als eine Frau und ein Mann den Raum betraten, die er schon mal gesehen haben mußte. Er beachtete sie aber nicht weiter, da sie schnell Platz nahmen und er sich auf seine Kunst konzentrieren mußte.
    Zwanzig Minuten Magie von Wenzel Kramer waren der Kern des Wohngebietsfestes im Mandela-Distrikt von Sternenstadt, nicht etwa, weil die anderen künstlerischen Darbietungen weniger attraktiv gewesen wären, sondern well der neue Mitbürger zum erstenmal seine Kunst präsentierte.

    Wenzel hatte wohl eingesehen, daß er sich vorstellen mußte, aber er hatte den Termin so weit wie möglich hinausgeschoben, vor allem, weil er keine Ruhe zum Trainieren gehabt hatte. Der Berg von Arbeit, den er abzutragen hatte, wurde immer höher; da sich sein Gegenstand nicht ordentlich eingrenzen ließ, kam immer mehr Material auf den Tisch und in die Speicher, bei dem man meist erst einmal entscheiden mußte, ob es
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