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Krishna-Zyklus 10 - Die Kontinente-Macher

Titel: Krishna-Zyklus 10 - Die Kontinente-Macher
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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I
     
    Gordon Graham blickte von seinen Berechnungen auf, als das Telefon an seinem Handgelenk summte. Er schaltete auf Empfang. Aus dem winzigen Lautsprecher quäkte die Stimme seines Bruders Ivor:
    »Gordon?«
    »Ja – was ist?« fragte Gordon Graham gedehnt.
    »Hast du heute Abend zu tun?«
    »Nun – eh – ich mache gerade ein paar Berechnungen – du weißt doch, das Projekt …«
    »Hör mal, meinst du, du könntest heute Abend mal für eine Weile von deiner wissenschaftlichen Wolke heruntersteigen und einen meiner Touristen übernehmen?«
    »Hä? Welche Sorte von Tourist?« fragte Gordon Graham, und seine Stimme klang plötzlich hellwach.
    Es war nicht das erste Mal, dass sein Bruder ein solches Ansinnen an ihn herantrug. Einmal hatte er sich dazu breitschlagen lassen, einem Mitglied von Ivors Reisegruppe das New Yorker Nachtleben zu zeigen, als Ivor anderweitig beschäftigt war. Der Tourist hatte sich als ein Straußenmensch von Thor entpuppt, mit einer Stimme wie ein defektes Nebelhorn. Statt den Auftritt der bekannten Strippeuse Ayesha van Leer mit ihrem berühmten Feigenblattsong gebührend zu bewundern, hatte der Thorianer Gordon den ganzen Abend mit seinem Gejammer über die ›Zweiteilung‹ seines Planeten in den Ohren gelegen.
    Etwa hundert Jahre zuvor, in den frühen Tagen der großen interstellaren Entdeckungen, hatte eine Gruppe Erdenmenschen einen dünnbesiedelten thorianischen Kontinent von ein paar Eingeborenenhäuptlingen gekauft, und zwar zu einem lächerlichen Preis: einem Plattenspieler mit einem Stapel Symphoniekonzerten sowie einer Kiste irischen Whisky. Als der Whisky getrunken war und der Plattenspieler den Geist aufgegeben hatte, forderten die Thorianer ihren Kontinent zurück. Es hatte einen kleinen Krieg gegeben, bei dem die Thorianer mit ihren Speeren und Bumerangs den kürzeren gezogen hatten.
    Als sich die zivilisierten Thorianer von den anderen Kontinenten Jahrzehnte später endlich aufrafften, das Problem ernsthaft und endgültig zu regeln, hatte sich auf dem umstrittenen Kontinent bereits eine blühende terrestrische Kolonie gebildet, und eine ganz neue Generation Erdenmenschen war herangewachsen. Diese Umstände bewogen den Obersten Interplanetarischen Gerichtshof zu der Entscheidung, dass die Thorianer die Erdenmenschen, die legal eingewandert waren und jahrzehntelang unbehelligt auf dem Kontinent hatten leben dürfen, nicht mehr vertreiben durften. Andererseits kollidierte diese Entscheidung mit dem inzwischen vom Interplanetarischen Rat angenommenen Grundsatz, dass technologisch und kulturell hoch entwickelte Nationen rückständige Völker nicht übervorteilen durften …
    Dies alles hatte der Thorianer Gordon mit seinem schnatternden Akzent in epischer Breite und in allen Einzelheiten erzählt, bis Gordon schließlich vor Langeweile fast gestorben wäre.
    Ein anderes Mal hatte Ivor ihm einen seiner Touristen zu einem Zoobesuch aufgeschwatzt. Diesmal hatte es sich um einen Osirer gehandelt, ein Schuppenwesen, etwa einen Kopf größer als ein Mensch, das aussah wie ein zweifüßiger kleiner Dinosaurier und das anstelle von Kleidung ein kompliziertes kunstvoll auf die nackte Haut gepinseltes Muster trug. Die Tiere waren beim Anblick dieses Monsters so verängstigt gewesen, dass die Wärter Gordon und seinen Begleiter aus dem Zoo gewiesen hatten. Natürlich war Gordon das Ganze schrecklich peinlich gewesen.
    »Diesmal ist es eine Krishnanerin«, sagte Ivor, »eine ganz junge. Sieht praktisch wie ein Mensch aus. Sie wird dir gefallen.«
    »Ja, meinst du?« fragte Gordon Graham ein wenig unsicher. »Dasselbe hast du damals bei dem Straußenmensch von Thor auch gesagt …«
    »Nein, nein, du wirst sehen, diesmal ist es wirklich was ganz anderes. Sie gehört zu der Reisegruppe aus der Republik Katai-Jhogorai, dem kulturell am höchsten entwickelten Staat des Planeten. Außerdem sind alle Teilnehmer sorgfältig ausgewählt worden. Da wir heute Sonntag haben, sind die anderen Teilnehmer der Tour alle im Cosmo, aber ich hatte Jeru-Bhetiru – so heißt sie übrigens – versprochen, zusammen mit ihr nach Boonton rauszufahren, wo sie ein paar Verwandte in der extraterrestrischen Kolonie besuchen wollte. Das war ja auch in Ordnung, aber dummerweise hat sie da draußen einen Osirer kennen gelernt, der ihr was von irgendeiner Gesellschaft erzählt hat, die sich heute Abend in der Bronx zu einer Versammlung trifft, und der Bursche hat sie dazu überredet, auch zu dieser Versammlung
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