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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
Autoren: Karlheinz Deschner
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ganzen Welt. Er verlangte vom Kaiser, den »bösen Titel« zu unterdrücken, den Patriarchen »durch die Befehle meines allerfrömmsten Herrn« zu zwingen, ihn zu binden »mit den Fesseln der kaiserlichen Gewalt«. Und da der Kaiser eigentlich so wenig einen Grund für Gregors Gezeter sah wie die Patriarchen, steckte sich der Papst auch noch hinter die Kaiserin. Beiden Herrschaften machte er klar, daß es bei allem natürlich gar nicht um seine, »nicht um meine, sondern um Gottes Sache« gehe, um die ganze Kirche, die ehrwürdigen Synoden, den Herrn Jesus Christus, daß der Patriarch sich vergangen habe »gegen den Geist des Evangeliums, gegen den hl. Apostel Petrus, gegen alle Kirchen ....« etc.
    Der Titelstreit, fast ausschließlich von Gregors Seite geführt, dauerte über den Hingang des Patriarchen Johannes hinaus. Der Nachfolger, der hl. Kyriakos, dem Gregor doch selbst wieder Zurückhaltung bescheinigte, ein ruhiges Herz, ein vornehmes Betragen, sah sich nicht zum Ablegen der Bezeichnung veranlaßt. Und so setzte der Papst den Kampf bis zu seinem Tod fort. Und da die Patriarchen den Titel »ökumenischer Patriarch« weiter beibehielten, resignierten die römischen Bischöfe schließlich und übernahmen den Titel gleichfalls. 14
    Mit persönlicher Anmaßung, mit Eitelkeit, Stolz hatte das alles natürlich nicht das geringste zu tun. Stolz war dem ersten Mönchspapst völlig fremd, Demut ihm bei seiner Herkunft angeboren.
    An Peter, den Rektor (Güterverwalter) von Sizilien, schrieb er im Juli 592.: »Du hast mir einen jämmerlichen Gaul und fünf gute Esel geschickt. Den Gaul kann ich nicht reiten, weil er so erbärmlich ist, und auf den guten Eseln nicht sitzen, weil sie eben Esel sind.« Ja, der biblische Jesus, das scheint Seine Heiligkeit vergessen zu haben, konnte einen Esel reiten. Aber jetzt sollte es schon ein edles Roß sein. Heute fährt man im Mercedes 600, Spezialanfertigung. Oder reist im Jumbo mit eigens eingebautem Schlafgemach. Was haben sie mit dem Galiläer zu tun? 15
    Von Gregor I., dem demütigen Knecht der Knechte Gottes, bis ins 20. Säkulum ließen sich die Päpste bekanntlich auch den Fuß küssen. Eigene Ordines, Zeremonienbücher, regelten die Einzelheiten. Doch war es, wie wir ebenfalls wissen, nicht eigentlich ihr Fuß, sondern der Fuß Gottes. Deshalb verrichteten auch alle Kaiser, einschließlich Karls V., regelmäßig dies schmutzige Geschäft am Portal der Peterskirche. 16

8. Kapitel

Brunichild, Chlotar II. und Dagobert I. oder »die Verchristlichung des Königsgedankens«
    »... ein wildes politisches Tier«.
    J. Richards über Brunichild 1

    »Gerade unter diesem Herrscher erreichte – wie klar belegt werden kann – die Verchristlichung des Königsgedankens einen ersten Höhepunkt.«
    H.H. Anton über Chlotar II. 2

    »... Gott über alle Maßen gefällig ... hörte er vor allem auf den Rat des heiligen Arnulf, des Bischofs der Stadt Metz ... hörte er weiterhin auf die Ratschläge seines Hausmeiers Pippin und Kuniberts, des Bischofs von Köln«.
    Fredegar über Dagobert I. 3

    »Alle Königreiche im Umkreis versetzte er in Angst und Schrecken.«
    Liber historiae Francorum 4

Papst Gregor I. hofiert »ein wildes politisches Tier«
    Im Frankenreich war inzwischen der merowingische Senior König Guntram nach einer Reihe von Morddrohungen und Mordanschlägen 592 kinderlos verstorben. Doch hatte er nach dem Tod der eigenen Söhne seinen unmündigen ältesten Neffen Childebert II. (575–596) adoptiert und ihm sein Teilreich hinterlassen, so daß dieser über zwei Teilreiche gebot, Austrien und Frankoburgund. Freilich stand Childebert, der in seiner letzten Lebenszeit im Westen rebellierende Bretonen, im Osten aufständische Warnen niederrang, ein thüringisches Volk zwischen Saale und Elbe, bald ganz unter dem Einfluß seiner Mutter.
    Die mächtige Brunichild, lange die führende Figur im Frankenreich, hatte 575 die Herrschaft ihres fünfjährigen Sohnes in Austrien durchgesetzt und den darauf ausbrechenden Machtkampf mit den austrischen Großen an der Seite Guntrams für sich und das Königtum entschieden. Seinen Ausdruck fand dies im Vertrag von Andelot (S. 130 f.), der innerdynastische Spannungen eindämmte und den Einfluß der Aristokratie beschnitt. Auch als Brunichild nach dem frühen Tod ihres Sohnes Childebert (596), vielleicht, samt seiner Frau, durch Gift, für dessen erst zehn und neun Jahre alten Söhne regierte, ihre Enkel Theuderich II. von Burgund und
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