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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
Autoren: Karlheinz Deschner
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gegründet (und später in eine Frauenabtei umgewandelt). Wie ja wohl gleichfalls das Nonnenkloster St-Jean-le-Grand in Autun auf Brunichild zurückgeht, der das katholische »Lexikon für Theologie und Kirche« generell gegenüber »der Kirche Willkür und Gewalt« unterstellt (um den Hochverrat Pippins und des hl. Bischofs Arnulf von Metz abzuschwächen: S. 230 ff.). 6
    Gregor I. schrieb der mächtigen, angeblich die Kirche befehdenden Königin nahezu ein Dutzend Briefe, die meisten ganz in jenem honigsüßen Schmeichelton, den er auch das Kaiserhaus vernehmen ließ, das (spätere) Mordopfer wie den Mörder.
    Noch verhältnismäßig gedämpft begann die erste Papstepistel: »Die lobenswerte und gottgefällige Gesinnung Eurer Exzellenz zeigt sich sowohl durch Eure Regierung als durch die Erziehung Eures Sohnes.« Aber bald steigerte er sich. Und während der »Gregorianische Gesang« tatsächlich nichts mit Gregor zu tun hat, hier konnte er singen, in immer höheren Tönen: »Wie große Gaben Gott Euch verliehen und mit welcher Milde die Himmelsgnade Euer Herz erfüllt, das bezeugen nicht nur Euere sonstigen Verdienste, sondern wird besonders daraus allgemein erkannt, daß Ihr die rohen Herzen heidnischer Völker durch die Kunst vorsichtiger Klugheit regiert und, was noch ruhmvoller ist, der königlichen Gewalt den Schmuck der Weisheit beifügt.« Denn schließlich war Brunichild nicht nur mächtig, sie war auch der Kirche dienstbar. Sie machte ihr zahlreiche Schenkungen, sie erbaute auch Abteien, ergo wurde sie vom Papst sogar um eine Reform der fränkischen Kirche und den Schutz der Kirchengüter ersucht.
    Als aber Brunichilds Macht ins Wanken geriet, wandelte sich sofort Gregors Ton. »Sorget für eure Seele, sorget für eure Enkel, denen ihr ein glückliches Regiment wünschet, sorget für die Provinzen und denket an die Besserung des Frevels, ehe der Schöpfer seine Hand zum Schlage ausreckt ...« 7

Brunichilds Untergang und der erste Höhepunkt in der Verchristlichung des Königsgedankens

    Beim Tod Childeberts II. 596 folgten ihm seine beiden Söhne in der Herrschaft nach: Theudebert II. (595–612) in Austrien, Theuderich II. (595–613) in Burgund. Tatsächlich indes regierte zunächst Brunichild für die noch minderjährigen Enkel, die erst allmählich, nach dem Erreichen der Mündigkeit, in die abermals ausbrechenden Kämpfe mit dem neustrischen Königshaus einzugreifen begannen. Dabei revoltierte jedoch die austrische Hocharistokratie. Sie verband sich mit Chlotar II. von Neustrien, und Brunichild, schon nah daran, gegen diesen die Macht über Gallien zu gewinnen, wurde 599 – durch eine (bereits früher) mit Neustrien konspirierende Gruppe ihres eigenen Adels – vom Metzer Hof vertrieben und floh zu dem von ihr bevorzugten Enkel, zu Theuderich II.
    In Burgund, dessen eigentliche Herrin sie in Kürze wurde, setzte sie den Kampf gegen Chlotar fort und trieb, um sich an ihren austrischen Gegnern zu rächen, Theuderich gegen seinen Bruder Theudebert von Austrien, keines Königs, sondern eines Gärtners Sohn, wie sie ständig sagte. Beide Brüder hatten noch im Jahr 600 gemeinsam den damals 16jährigen Chlotar II. an der Marne schwer geschlagen, sein Reich verheert, geplündert und wieder auf einen schmalen Küstenstreifen um Rouen, Beauvais und Amiens reduziert. Noch 602 hatten sie zusammen auch die Basken bekriegt und »mit Gottes Hilfe« tributpflichtig gemacht. Dann aber stritten sie äußerst erbittert und blutig gegeneinander. Und Theuderich, einst durch den großen Wundertäter Bischof Veranus von Cavaillon (der mit bloßen Kreuzzeichen »sofort durch Gottes Gnade heilte«) aus der Taufe gehoben, siegte 612 zweimal über Theudebert durch den Hausmeier Warnachar, einmal im Mai bei Toul, danach in einer zweiten Schlacht bei Zülpich, zu der ihn besonders der Bischof Leudegasius von Mainz aufgestachelt hatte: »Führe zu Ende, was du begonnen hast; du mußt diese Angelegenheit mit aller Kraft zu Ende bringen«, sagte »der heilige und apostolische Herr Leudegasius« zum König, und der vollendete die Sache »unter Gottes Führung«.
    Fredegar berichtet, »daß seit Menschengedenken die Franken und andere Völker niemals einen Kampf so erbittert begonnen hätten. Dabei wurde unter beiden Heeren ein solches Morden angerichtet, daß dort, wo die beiden Haufen die Schlacht eröffneten, die Körper der Toten keinen Platz fanden, wo sie hätten hinfallen können, sondern daß die Toten zwischen den übrigen
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