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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
Autoren: Karlheinz Deschner
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nun im ganzen Frankenreich anerkannt. Allerdings mußte er, wie dem Klerus, so auch dem Adel, den Preis für die Unterstützung zahlen und die austrischen Großen durch das Edictum Chlotarii und die Einsetzung seines Sohnes Dagobert als Unterkönig in Austrien belohnen. Die Hocharistokratie war damit gestärkt worden.
    Papst Gregor aber hatte sich verkalkuliert. Nicht Brunichild, nicht der austrische Zweig ging aus den unablässigen Greueln als Sieger hervor, sondern der Neustrier Chlotar II., dem Gregor nur einen einzigen seiner 854 erhaltenen Briefe hatte zukommen lassen. Anno 614 berief der König eine Reichssynode nach Paris – der Beginn der von Rom für ein Jahrhundert unabhängigen fränkischen Landeskirche. 9
    Stärker als Papst Gregor waren freilich fränkische Kirchenfürsten in die Politik des Reiches verstrickt. So der schon genannte Mainzer Bischof Leudegasius (S. 227 f.). Oder der Bischof Leudemund von Sitten. Oder der hl. Arnulf von Metz.

9. Kapitel

Die Kirche in der Merowingerzeit
    »Das
Frankenreich
der Merowinger ... war eine Zeit voll Blut und Mord, voll grausigster Tragödien auf Königsthronen und doch wieder voll Glaubenseifer und Heiligkeit.«
    Katholik Franz Zach 1

    »Niemals wieder in der Geschichte wurden so viele Klöster gegründet ...«
    P. Lasko 2

    »... eine Blüteperiode der fränkischen Kirche«.
    A. Hauck 3

    »Überall regierte die nackte Gewalt«; »das immer wiederholte Schauspiel geradezu unqualifizierbarer Verbrechen«.
    Katholik Daniel-Rops 4

Unwissend, hochkriminell und gut katholisch

    Gewiß, wir dürfen diese Zeit, eine Zeit unwissender, abergläubischer, betrügerischer und blutiger als die meisten, nicht mit unseren modernen, ach so ethischen Maßstäben messen, dürfen nicht anachronistisch gegen die Geschichte verstoßen. Aber wir dürfen, ja müssen doch wohl diese Zeit, diese durch und durch christliche Zeit, an christlichen Maßstäben messen? An gewissen biblischen, an den Geboten der Bergpredigt etwa, des Dekalogs? Und müssen wir sie nicht, gerade so gesehen, an ihren Früchten erkennen?
    Auch dem Katholiken Daniel-Rops erweckt sie das vorherrschende Gefühl »des Grauens«, »das immer wiederholte Schauspiel geradezu unqualifizierbarer Verbrechen«. »Überall regiert die nackte Gewalt, in jedem Augenblick ist sie bereit loszubrechen. Nichts hält sie zurück, weder Familienbande noch die Gebote der elementarsten Anständigkeit, nicht einmal der christliche Glaube.« Nicht einmal? Ließ denn nicht er das alles weitgehend zu? Gab er ihm nicht die höhere Weihe sozusagen, die Sanktion? Betete man nicht für die Herrscher, die Feldherren, die Schlächter? Betete man nicht vor den Kriegen, in ihnen, danach? Kriegte, raubte man nicht selber mit oder ließ sich doch immer wieder Kriegs- und Raubgut schenken? Mästete man sich nicht am Elend der Massen?
    Noch nach Daniel-Rops steckt doch selbst eine Reihe heiliger Könige tief in diesem Grauen. Ja, er muß »die noch schlimmere Feststellung machen«, daß auch die damaligen Rechtsgrundsätze, die Basis der allgemeinen Moral, »den gleichen Geist verraten. Diese Barbarisierung des Rechtes ist in gewissem Sinne noch beunruhigender als die verbrecherischen Handlungen der Einzelpersonen; das christliche Europa brauchte länger, um sich ihrer zu entledigen.« Zu entledigen? Das christliche Europa hat doch viele dieser kriminellen Praktiken übernommen, oft noch intensiviert, abgesegnet. So behielt es die römische Rechtspraxis der Folter bei; ebenso die germanische der Unschuldsproben, des Gottesurteils, des gerichtlich verhängten Zweikampfes. Erst vom Klerus zwar vehement verworfen, drangen all diese Barbareien doch wieder durch: »sie wurden als gerecht angesehen, wenn man ihnen dadurch eine Weihe verlieh, daß man sie mit Gebeten begleitete. Bischöfe sprachen sich dafür aus.« 11
    Doch nicht nur für einzelne grauenhafte Bräuche trat man ein, nein, für das ganze blutige System. Rückhaltlos schlug man sich auf die Seite der Schurken und Schlächter. Und während die Gewaltakte der Könige stets hemmungsloser werden, die Kette der Blutrache nicht abreißt, die Verwandtenmorde gerade unter den Großen grassieren, der katholische Sohn den katholischen Vater tötet, der katholische Bruder den katholischen Bruder, der katholische Onkel den katholischen Neffen, während der Raub der Merowingerkönige, die erschlagenen Feinden, germanischen Fürsten, weggenommene Beute an Gold, Schmuck, an Waffen in den unterirdischen
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