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Krank für zwei

Krank für zwei

Titel: Krank für zwei
Autoren: Kathrin Heinrichs
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ich so schlecht schätzen. Dr. Schulz, unser Arzt im Praktischen Jahr? Der ist jünger. Ende Zwanzig, auf keinen Fall älter. Dr. Hartmann? Der dürfte älter sein, so Anfang Vierzig. Wolkov? Na ja, der fällt wohl raus. Sein Geburtsort liegt deutlich weiter im Osten. Zwei junge Assistenzärztinnen hätte ich noch zu bieten. Aber eine Geschlechtsumwandlung haben die sicher nicht hinter sich.«
    »Und die Pfleger?«
    »Wir haben hier doch fast nur – Stefan!« sagte Benno plötzlich. »Wir haben hier nur einen Pfleger in dem Alter. Pfleger Stefan.«
    »Und der ist auch noch nicht allzu lange hier, sagtest du.«
    »Genau. Ein paar Monate, länger nicht.«
    Mir kam in den Sinn, daß ich Pfleger Stefan begegnet war, nachdem ich meine Balkonkletteraktion hinter mich gebracht hatte. Vielleicht hatten die beiden Patienten dem Pfleger prompt alles erzählt. Wie sonst hätte jemand darauf kommen können, in meinem Schränkchen nach der Locke zu suchen?
    »Weißt du, wo er geboren ist?«
    »Noch nicht, aber bald.« Benno sprang auf.
    »Was hast du vor?«
    »Meine Verbindungen zur Verwaltung nutzen.«
    »Benno, du bist verrückt. Es ist gleich neun Uhr. Freitag Abend. Da sitzt niemand mehr in der Verwaltung.«
    »Um so besser!«
    »Benno!« Ich schrie beinahe. Gleich würde mein Polizist hereinkommen.
    Benno drängte sich aus der Tür. »Eine Viertelstunde, dann weiß ich Bescheid.«
    Schon war der gelb gefärbte Kopf verschwunden. Das gefiel mir nicht. Benno konnte sich hier nicht illegal Informationen beschaffen. Wie wollte er in die Büros hineinkommen? Verflixt, ich setzte mich auf die Bettkante. Gegen zehn konnte ich mit Alexa rechnen. Abgehetzt und fertig mit den Nerven. Das konnte nicht gut für unser Kind sein! Mein Gott, wir hatten die Geburt gedanklich so gut vorbereitet, und jetzt ging alles daneben. Erst dieser Krankenhausaufenthalt inklusive Mordeinheit und jetzt noch so eine stressige Niederkunft. Schlechter hätte das alles nicht laufen können. Langsam zog ich mich an. Meine Straßenkleidung. Egal, was heute passierte. Wenn ich Alexa bei mir hatte, würde ich sie keine Minute mehr aus den Augen lassen. Ich würde die morgige Abschlußuntersuchung nicht mehr abwarten. Ab jetzt war ich für mein Kind da, fertig, aus. Ich sah auf die Uhr. Zehn Minuten waren rum, und Benno war immer noch nicht da. Kein Wunder, er mußte ja auch zunächst ein paar Schlösser knacken. Ich atmete tief durch. Benno war einmal mein Schüler gewesen. Ich wollte nicht, daß er durch die Klinik lief und Schlösser knackte. Leise ging ich zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Dann machte ich einen Schritt hinaus in den Gang. Der Polizist saß nicht vor meiner Tür. Er stand am Ende des Flurs und unterhielt sich mit einer Person in weißer Kleidung. Wahrscheinlich starb er vor Langeweile und hielt hin und wieder mit einem Pfleger ein Pläuschchen. Hoffentlich hatte ihm jemand gesagt, daß gerade das Personal am verdächtigsten war. Ich versuchte zu erkennen, mit wem der Polizist es zu tun hatte. Der Beamte stand mit dem Rücken zu mir. Er war so massig, daß sein Gesprächspartner kaum zu identifizieren war. Jetzt bewegte sich der Polizist ein bißchen und machte die Sicht ein ganz klein wenig frei. Pfleger Stefan? Nein, der hatte doch blondes Haar und einen Zopf. Der Typ dahinten war dunkel. Dann erkannte ich ihn. Der Läufer. Der Mann vom Hol- und Bringedienst. Der Polizist stand weiter mit dem Rücken zu mir. Leise schloß ich die Tür zu meinem Krankenzimmer. Dann bog ich nach rechts ab und ging eiligen Schrittes den Flur entlang. Als ich die Stelle erreicht hatte, wo der Flur eine Biegung machte, atmete ich tief durch. Jetzt mußte ich nur noch die Verwaltung finden. Wenn alles gut ging, war ich in ein paar Minuten wieder hier. Dann hatte ich noch genug Zeit, um Alexa in Empfang zu nehmen. Und um unser Kind auf die Welt zu begleiten.
    Ich schluckte und rannte los.

45
    Mit den Personalakten gab es ein Problem. Klar waren sie hier alle wunderbar in Hängeordnern einsortiert. Aber natürlich nach Nachnamen! Nur, wie hieß Pfleger Stefan mit Nachnamen? Benno hatte keine Ahnung. Er konnte doch jetzt nicht alle Akten durchgehen. Bis er das geschafft hatte, hätte sicherlich jemand Licht hier im Verwaltungstrakt gesehen und Alarm geschlagen. Benno dachte krampfhaft nach. Wie wäre es mit dem Computer? Vielleicht gab es da ebenfalls eine Aufstellung der Mitarbeiter. Wenn ja, konnte er dort schneller nach einem Stefan suchen. Es dauerte drei
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