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Krank für zwei

Krank für zwei

Titel: Krank für zwei
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Rettungssanitäter waren von hinten fotografiert worden. Sie knieten vor einer liegenden Person, die nicht genauer zu erkennen war. Daneben lag ein Fahrrad und an der Seite war der Rettungswagen zu erkennen. Ein Rettungswagen vom Deutschen Roten Kreuz.
    Alexa sah das Kreuz.
    Das große rote Kreuz.
    Ein Schmerz fuhr durch ihren Körper. In diesem Augenblick wußte sie, daß ihre Geburt längst angefangen hatte.

44
    »Noch sechzehn Arbeitstage«, sagte Benno gerade, als das Telefon klingelte. »Noch sechzehn Arbeitstage, dann ist meine Zivi-Zeit vorbei.« Ich hob ab.
    »Alexa, bist du’s? Na, Gott sei Dank.«
    Alexa war aufgeregt. »Vincent, wir glauben zu wissen, was passiert ist Peuler und seine Frau hatten damals einen Autounfall. Kurz bevor Peuler in Paderborn die Chefarztstelle annehmen wollte. Ein Mädchen ist überfahren worden. Ein Mädchen, das vom Gepäckträger seines Bruders abgesprungen und so unters Auto geraten ist.«
    »Um Gottes willen. Hatten die Peulers Mitschuld? Haben sie Fahrerflucht begangen?«
    »Nein, überhaupt nicht. Jedenfalls sieht es für uns so aus. Wir halten es für möglich, daß Peuler im Zusammenhang mit seiner Stelle in Paderborn war. Denn der Unfall ist ganz hier in der Nähe passiert. Natürlich war ein Krankenwagen da, ein Rettungswagen vom DRK mit einem großen roten Kreuz als Erkennungszeichen.«
    »Das Kreuz.«
    »Wir können uns die ganze Geschichte nur zusammenreimen. Aber vermutlich gehörte der Wagen zu dem Krankenhaus, in dem Peuler anfangen wollte. Wahrscheinlich hat er sich einfach gescheut, mit so einer Geschichte hier eingeführt zu werden. Nur so können wir uns erklären, daß er die Stelle kurzfristig abgelehnt hat und statt dessen ins Sauerland gegangen ist.«
    »Verstehe. Alexa, wo seid ihr denn jetzt? Und wie geht es dir?«
    »Wir sind auf der A55 kurz hinter Paderborn. Max fährt wie ein Gesenkter. Denn ehrlich gesagt, habe ich das Gefühl – nun, das Baby –«
    »Alexa, ist es losgegangen?«
    »Ich glaub’ schon.«
    »Ach, du lieber Himmel. Fahr lieber vor Ort ins Krankenhaus. Ich komme direkt dorthin. Das ist kein Problem.«
    Benno machte mir ein Zeichen. Er wollte signalisieren, daß er mich fahren konnte.
    »Nein, Vincent, ich möchte nach Hause. Zeitlich ist das auch kein Problem. Die Wehen kommen erst alle zehn Minuten, und –«
    »Acht«, hörte ich Max im Hintergrund sagen. Ich fing an zu schwitzen.
    »Wir sind spätestens in einer guten Stunde bei dir. Mach dir keine Sorgen. Was mich viel mehr beschäftigt –« Alexa wirkte jetzt richtig außer Atem, »falls dieser Unfall mit den Morden zusammenhängt – und Max und ich sind uns da ziemlich sicher – dann kommt vor allem der Bruder des Mädchens in Betracht. Ich möchte, daß du das weißt. Leider haben wir keinen Namen. Die ganze Sache ist damals mit großer Diskretion behandelt worden, wahrscheinlich ganz im Sinne der Peulers. Auf jeden Fall passierte der Unfall im Juni 1975. Das heißt, der Bruder ist jetzt vierunddreißig Jahre alt.«
    »Und du meinst – also, es könnte sein, daß es dieser Bruder ist, der hier auf der Station herumgeistert?«
    »Genau, Vincent, deshalb paß auf dich auf. Wir sind bald da, und dann wirst du als Vater gebraucht.«
    »Alexa, um mich mache ich mir keine Sorgen. Vor meiner Tür steht ein Polizeibeamter. Aber deine Situation ist viel schlimmer. Denn bei dir steht leider keine Hebamme vor der Tür.«
    »Aber Max sitzt zu meiner Linken, nicht wahr, Max?«
    Ich hörte, wie Max etwas murmelte. Ich durfte mir die Lage nicht näher ausmalen.
    »Vincent, ich mache jetzt Schluß. Die nächste Wehe ist im Anmarsch. Bis später.«
    »Eine Frage noch: Ist die Polizei informiert?«
    Es tutete in meiner Leitung. Alexa hatte schon auf den Aus-Knopf gedrückt.
    Benno sah mich sorgenvoll an. »Kann ich irgendwie behilflich sein?«
    Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr und ließ mich zurück aufs Kissen fallen. Dort dachte ich einen Moment lang nach. Dann erzählte ich Benno die ganze Geschichte in kurzen Sätzen.
    »Vierunddreißig«, murmelte Benno. Er hatte den Kopf auf seine Hände gestützt. »Es gibt unendlich viele Leute in dem Alter hier im Krankenhaus.«
    »Wir können das einschränken. Es muß ein Mann sein. Einer, der höchstwahrscheinlich nicht hier geboren ist, sondern eher im Paderborner Raum.«
    »Es sind immer noch etliche.«
    »Und hier auf der Station?«
    »Hier auf der Station?« Benno dachte nach. »Wir haben doch hier kaum Männer. Die Ärzte kann
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