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Krank für zwei

Krank für zwei

Titel: Krank für zwei
Autoren: Kathrin Heinrichs
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mich ganz wunderbar, und manchmal reden wir so richtig aneinander vorbei.« Frau Rotbusch gab erneut ein paar Laute von sich. Wieder war kein einziges Wort zu identifizieren. Alexa sank langsam der Mut.
    »Frau Rotbusch, wir haben gehört, daß Ihr Schwiegersohn vor etwa 25 Jahren eine Stelle als Chefarzt hätte annehmen können. Eine Stelle in Paderborn. Wußten Sie davon?«
    »Cheffen … cheffen«, sagte Adele Rotbusch. Sie wurde etwas aufgeregt. Ein Tropfen Speichel lief ihr aus dem Mundwinkel. »Dokor … cheffen.«
    »Genau, er sollte eine Chefarztstelle bekommen, in Paderborn. Aber er hat diese Stelle nicht angenommen. Warum nicht?«
    »Cheffen … schaffen … fahren«, sagte Frau Rotbusch. »Fahren … fahren … fahren.«
    »Fahren? Hatte es etwas mit Fahren zu tun?«
    »Jajajajaja«, antwortete Frau Rotbusch. Es war jetzt für alle erkennbar, daß etwas mit ihr vorging. Sie wollte etwas loswerden, aber das war alles so mühselig.
    »Es hatte mit Fahren zu tun?« wiederholte Alexa. »Wer wollte denn fahren?«
    »Fau … Toch … Mann«, sagte Frau Rotbusch. Und dann sagte sie es gleich noch mal. »Fau … Toch … Mann.«
    »Das ist schwierig für sie«, flocht Christiane Scholand ein. »Es kommt ihr nicht das richtige Wort in den Sinn, sondern immer gleich ein ganzes Wortfeld: Frau, Tochter, Mann. Wenn man Glück hat, ist das Richtige dabei. Nur weiß man das leider nie so genau.«
    »Wollte Ihr Schwiegersohn fahren?« fragte Alexa.
    »Jajajaja.«
    »Wollte Ihre Tochter auch fahren?«
    »Jajajaja.«
    »Aber wohin?« Alexa wußte nicht mehr weiter. Frau Rotbusch schien Fragen einigermaßen mit ’ja’ oder ’nein’ beantworten zu können, aber woher sollte Alexa die richtigen Fragen wissen?
    »Fall … bumm … fall«, brabbelte Frau Rotbusch jetzt. Sie war immer noch sehr aufgeregt.
    »Das ist neu, das sagt sie sonst nie«, erklärte Frau Scholand.
    »Fall … bumm … fall … fall … bumm … fall.« Frau Rotbusch klang jetzt richtig verzweifelt.
    »Ein Unfall!« rief Max plötzlich. »Hatte es mit einem Unfall zu tun?«
    »Jajajajajaja!« Frau Rotbusch schrie förmlich.
    »Ich weiß nicht, ob das hier gut ist«, Frau Scholand nahm Frau Rotbuschs linke Hand. »Diese Aufregung. Womöglich passiert noch etwas.«
    »Ein Unfall, das haben wir verstanden«, Alexa stieg jetzt ebenfalls der Schweiß auf die Stirn. »Bitte beruhigen Sie sich, Frau Rotbusch, wir bekommen noch heraus, was Sie uns sagen wollen. Wir bekommen es heraus. Sie müssen sich nur beruhigen.«
    »Jajajajaja.«
    »Es ist ein Unfall passiert«, wiederholte Max ruhig. »Im Krankenhaus? Ist im Krankenhaus ein Unfall passiert?«
    Frau Rotbusch sagte etwas, was nicht zu verstehen war.
    »Ist der Unfall im Krankenhaus passiert? Ist ein Patient zu Schaden gekommen?«
    »Nei«, schrie Frau Rotbusch so abrupt, daß es allen in die Glieder fuhr.
    Christiane Scholand sah hilflos Alexa an. »Ich habe Angst«, sagte sie dann. »Diese Aufregung ist einfach zu viel für sie.«
    »Der Unfall passierte nicht im Krankenhaus«, sprach Max ruhig weiter. »Bumm. Er passierte auf der Straße.«
    »Jajajaja.«
    »Ihre Tochter und Ihr Schwiegersohn hatten einen Unfall?« faßte Alexa zusammen. »Einen Verkehrsunfall?«
    »Jajajajajaja.«
    »Wurde dabei jemand verletzt oder getötet?«
    »Jajajaja.«
    »Es wurde jemand getötet?«
    »Jajajaja.«
    »Kannten Sie die Person, die getötet wurde?«
    Frau Rotbusch gab wieder ganz unverständliche Laute von sich.
    »Also kannten Sie die Person nicht?«
    »Jajajaja.«
    Frau Rotbusch klang plötzlich sehr matt. Die Aufregung war von ihr gewichen.
    »Ich glaube, Sie sollten jetzt aufhören.« Frau Scholand griff noch einmal nach dem Glas Apfelsaft.
    »Eine Frage nur noch«, schloß Max. »Frau Rotbusch, könnte der Tod Ihrer Tochter mit diesem Unfall zusammenhängen?«
    »Jaja. Jaja.« Die Stimme klang jetzt furchtbar traurig.
    Sie kann so wenig sagen, dachte Alexa, und trotzdem sagt sie so viel.
    »Wir lassen Sie jetzt allein!« Max erhob sich. »Sie haben uns phantastisch geholfen, Frau Rotbusch. Vielen Dank.«
    Bei Alexa dauerte es einen Moment, bis sie sich aus ihrem schmalen Gartenstühlchen herausgeschält hatte. Als sie aufstand, starrte Frau Rotbusch auf ihren Bauch.
    »Dadada«, sagte sie und hob ein klein wenig die linke Hand. Alexa schaute auf ihren Bauch.
    »Dadada«, wiederholte Frau Rotbusch.
    »Ich bekomme ein Kind«, sagte Alexa. »Es ist bald so weit.«
    »Fau … toch … mann … kin.«
    »Vielen Dank,
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