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Kopf Unter Wasser

Kopf Unter Wasser

Titel: Kopf Unter Wasser
Autoren: André Kubiczek
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dessen Mitte ein ausgebreiteter Wäscheständer stand: Mädchenkleidungsstücke hingen zum Trocknen daran, zwei Blusen, ein Rock und ein zweiteiliger Judokampfanzug, der im Licht, das von der Straße durchs Fenster hereindrang, hellblau schimmerte. Henry trat einen Schritt näher, er nahm den festen, groben Baumwollstoff zwischen die Finger und rieb ihn. Auf dem Weg aus dem Bad fiel Henrys Blick in den Spiegel: Er war leer.
    Johanna atmete gleichmäßig im Schlaf. Sie war gewachsen, war ein richtiges Vorschulkind geworden. Auf dem Kissen neben ihrem Kopf lag der Plüschelefant, den Henry damals besorgt hatte, an der Wand über dem Bett hing eine gerahmte Fotografie, auf der ihr Vater zu sehen war, er selbst: Henry. Der Rahmen war mit kleinen, aus Buntpapier gefalteten Blumen geschmückt. Henry ging zum Fenster hinüber, kontrollierte das Heizungsthermostat und schob den Vorhang ein Stück zur Seite. Die Frau saß auf der Motorhaube des Wagens und blickte starr geradeaus. Bevor er das Kinderzimmer verließ, zog er Johanna die Decke über die Schultern.
    Im kleinsten der drei Zimmer stand Birtes Bett. Henry öffnete die Tür einen Spaltbreit, er hörte sie atmen und zog den Kopf wieder zurück.
    Auf ihrem Schreibtisch im Wohnzimmer stand ein Notebook, daneben lagen zwei Briefe, einer adressiert an Birtes Eltern, der andere an Henrys. Auf die Rückseiten hatte Johanna in wackligen Buchstaben jeweils ihren Namen gemalt.
    Â»Und was passiert nun?«, fragte Henry die Frau, als er wieder unten am Wagen war.
    Â»Ich muss zu den Schwestern zurück«, sagte sie und öffnete die Fahrertür.
    Â»Und ich?«
    Â»Du bleibst in der Stadt und gibst acht auf dein Kind. – Ich melde mich, wenn wir dich brauchen.«
    Â»Aber wozu das alles?«, fragte Henry und sah zum Fenster hoch, hinter dem Johanna schlief.
    Â»Wir verhelfen der Geschichte zu einem glücklichen Ende«, sagte die Frau, »du wirst sehen: Alles fügt sich.«

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