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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist
Autoren: Sue Grafton
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führte in einer Kurve nach oben, dann nach links und überquerte die Autobahn, die jetzt unter ihr verlief. Sie blieb zurück, und wir waren auf der Zielgeraden. Noch zwei Minuten zum Flughafen. Was sollte ich nur tun? Auf der Digitaluhr am Armaturenbrett war es zwei Minuten nach acht. Nach einer Meile kam rechts die Einmündung in die Rockpit Road in Sicht. Ich bog ab. Ich wusste, dass der Ozean in der Nähe war, aber ich roch nur den fauligen Schwefelgeruch des Sumpfes neben der Straße. Nebel kam auf, eine feste weiße Masse vor dem schwärzlichen Himmel. Die Universität thronte auf dem Steilufer wie eine von Wehrmauern umgebene Stadt, nur Licht und lederbraune Türme. Ich hatte nie ein College besucht, stammte in gerader Linie von Arbeitern ab — wie übrigens dieser Mann auch, wenn ich’s recht überlegte. Wie Dietz.
    Ich fuhr etwa eine halbe Meile die Rockpit Road entlang, bis rechts die Hangars und die anderen Nebengebäude von Neptune Air auftauchten. Ich ging vom Gas und bog von der Straße ab. Messinger beugte sich wieder vor, diesmal nicht zum Kassettenrecorder, sondern zur Windschutzscheibe, die mit feinem Dunst beschlagen war.
    Auf dem Parkplatz standen vier verschiedene Autos, aber nirgends eine Spur von Rochelles Mietwagen. Messinger dirigierte mich an die Windschattenseite eines metallenen Hangars und befahl mir anzuhalten. Unter dem auf dem Kopf stehenden V der Dachkonturen befand sich ein Schild, das von einer einzigen Lampe beleuchtet wurde: Flugunterricht, FAA Reparaturdienst, 24 Stunden Charter und Verkauf von Flugelektronik & Service. Der äußere Umgrenzungsraum bestand aus Maschendraht, mit Stacheldraht und einem Vorhängeschloss gesichert. In regelmäßigen Abständen waren Warnschilder angebracht. Am anderen Ende des Hangars strahlten Flutlichter die leere Rollbahn an.
    Wir stiegen aus dem Wagen. Es war kalt, und der Wind fegte über den Makadam, wehte mein Haar in alle Richtungen. Als wir den Parkplatz überquerten, nahm Messinger meinen Ellenbogen mit einer Geste, die mich so stark an Dietz erinnerte, dass mir der Atem stockte.
    Die Büros von Neptune Air waren geschlossen und fast dunkel, nur ein einziges schwaches Licht schien durch das Milchglas. Wir gingen um das Gebäude herum. Dahinter erstreckte sich eine Rotholzveranda über die ganze Breite des Hauses. Für die Kunden, die auf ihre Chartermaschinen warteten, hatte man einen Picknicktisch und zwei Bänke aufgestellt. Bestimmt aßen die Angestellten der Neptune Air (alle drei) ihren Lunch hier draußen, beobachteten die landenden Maschinen und tranken Soda in Dosen aus dem Automaten. Rechts stand eine Reihe kleiner Privatmaschinen mit großen Bremsklötzen vor den Bugrädern. Dahinter, eine halbe Meile entfernt, sah ich Santa Teresa Airport. Der oberste Teil des Towers überragte mehrere Lagerhallen. Auf einer Rollbahn holperte eine United 373 zum Start. Messinger zeigte auf die Bänke, und wir setzten uns einander gegenüber an den Picknicktisch. »Verdammt kalt hier draußen«, sagte er.
    Ich hörte Stimmen hinter mir und drehte mich um. Zwei Arbeiter, vermutlich Tankwarte, sperrten das Tor des Hangars zu und gingen zum Parkplatz. Messinger stand auf und schaute in ihre Richtung. Er hob die Mündung seiner .45er, zielte und sagte: »Piffpaff.« Er blies imaginären Pulverdampf weg und lächelte. »Die wissen gar nicht, was für ein Glück sie haben, nicht wahr?«
    »Nein, das wissen sie wahrscheinlich nicht«, sagte ich.
    Er setzte sich wieder.
    Sein Haar war zu kleinen Löckchen getrocknet, durch die jetzt spielerisch der Wind fuhr. Seine Augen glimmten im Licht einer Glühbirne an der oberen Ecke des Gebäudes. Er musterte mich interessiert. »Ist dein Daddy je mit dir herausgefahren, um Flugzeuge zu beobachten?«
    »Er ist gestorben, als ich fünf war.«
    »Meiner hat’s auch nicht getan. Mistkerl. Kein Wunder, dass ich kriminell geworden bin.«
    »Was, er war nie dabei, wenn Sie in der Schulmannschaft gespielt haben?«
    »Er hat kaum was anderes gemacht als saufen, rumhuren und Leute umbringen. Daher habe ich mein Talent. Von ihm.«
    Meine Angst hatte sich verflüchtigt, und die für mich typische Reizbarkeit stieg in mir auf. Zu sterben war eine Sache, mit einem Vollidioten im kalten Wind herumsitzen und Konversation treiben zu müssen, eine ganze andere. Ich hatte gedacht, es könne nichts schaden, freundlich zu tun. Jetzt fragte ich mich, was es für einen Sinn hatte. Messinger starrte mir ins Gesicht. Ich starrte
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