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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist
Autoren: Sue Grafton
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zurück, nur um herauszubekommen, was ich dabei empfand.
    Er nickte beifällig. »Ihr blaues Auge sieht schon viel besser aus.«
    Ich strich mit dem Finger über den Rand der Augenhöhle. Ständig vergaß ich, welchen Eindruck ich auf einen Nichteingeweihten machen musste. Als ich meine verschiedenen Verletzungen das letzte Mal begutachtet hatte, war festzustellen gewesen, dass sie dramatisch die Farben gewechselt hatten. Zitronengelb war zu Limonengrün geworden, vermischt mit etwas Pflaumenblau. »In dieser Runde haben Sie mich fast erwischt.«
    Er winkte ab. »Da wollte ich mich nur ein bisschen aufwärmen. Es war nicht ernst gemeint.«
    »Was hatte Eric dazu zu sagen?«
    »Es hat ihn nicht gestört. Fiat sich Comics angesehen. Die Kinder sehen heute ständig irgendwelche Gewalttaten, sie finden nichts dabei. Die Leute sterben nicht wirklich. Es sind lauter Spezialeffekte.«
    »Ich bezweifle, dass er so empfinden wird, falls Sie Rochelle erschießen.«
    »Nicht falls ich sie erschieße — wenn.« Ich merkte, dass sein Blick abschweifte.
    Draußen auf der Rollbahn war eine einzige Maschine gelandet, die sich anhörte wie ein VW, der einen neuen Keilriemen brauchte. Ich verlor sie aus den Augen, als sie hinter ein paar Nebengebäuden verschwand. Dann tauchte sie wieder auf und holperte auf uns zu. Messinger stand auf. »Ich wette, das ist er. Komm. Und halt ja den Mund, sonst fängst du eine.«
    Die Maschine erreichte das Betonvorfeld neben dem Hangar, und der Pilot machte eine Miniaturwende um hundertachtzig Grad, so dass die Maschine jetzt zur Rollbahn hin stand. Er stellte den Motor ab und löschte die Lichter. Messinger hatte mich am Nacken gepackt und bugsierte mich im Eilschritt zum Flugzeug. Ich stellte mir vor, wie der Pilot die Kopfhörer abnahm, etwas in sein Logbuch schrieb, den Sitzgurt löste. Wenn es Rochelles Bruder war, würde er Messinger auf den ersten Blick erkennen.
    Angst kroch mir wie eine Rauchsäule das Rückgrat entlang. Ich versuchte langsamer zu gehen, Widerstand zu leisten, aber Messingers Finger bohrten sich noch brutaler in meinen Nacken. Wir gingen noch schneller, liefen beinahe nebeneinander her, bis wir zum Heck der Maschine kamen. Direkt vor uns wurde die Tür zum Cockpit geöffnet, und der Pilot stieg aus. Wir waren keine zwei Meter von ihm entfernt.
    »Hallo, Roy?«, sagte Messinger.
    Ich stieß einen Warnschrei aus.
    Der Pilot drehte sich überrascht um.
    Peng.
    Roy fiel auf die Knie und dann vornüber aufs Gesicht. Die Kugel hatte ihm die Nase zerschmettert und riss, als sie wieder austrat, ein Stück des Schädels mit. Ich schrie auf vor Entsetzen, wich schaudernd zurück. Tränen brannten mir in den Augen. Pulverdampf wehte durch den Abend und verzog sich rasch. Ich musste mich mit der Hand auf die Maschine stützen. Messinger hatte den Toten inzwischen an den Armen gepackt und schleifte ihn über den Makadam zurück in die schrägen Schatten des Hangars.
    Ich stieß mich von der Maschine ab. Ich floh, rannte um mein Leben. Ich stürmte zum Parkplatz, hoffte, die Straße zu erreichen.
    »He!«
    Messinger lief hinter mir her mit lauten, harten Schritten. Ich wagte nicht, mich umzuschauen. Er war schneller als ich, und er holte auf. Ich fühlte einen Stoß, der mich zu Boden schleuderte. Ich fiel auf die Hände und versuchte mich wegzurollen, aber ich war nicht schnell genug, um mich zu retten. Ich lag auf dem Boden, und er war über mir, keuchend und rasend vor Wut. Er zerrte mich auf den Rücken, und ich riss die Arme hoch, um seine Schläge abzuwehren.
    Etwas erregte seine Aufmerksamkeit, und er hob mit einem Ruck den Kopf. Vom Sumpf her näherte sich ein Wagen. Messinger zog mich auf die Beine, schleppte und stieß mich über die Betonpiste in den Schutz des Gebäudes. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Mauer und drückte mich so fest an sich, dass ich das Gefühl hatte, in einem Schraubstock zu stecken. Eine Hand presste er mir auf den Mund, mit der anderen hielt er mir wieder die Pistole an die Schläfe. Ich war kurz vor dem Ersticken, wir atmeten beide schwer.
    Der Wagen hielt auf dem Parkplatz. Ich hörte zwei Autotüren zufallen, eine unmittelbar nach der anderen, und dann Stimmengemurmel. Rochelle sah ich zuerst, ihre Absätze klapperten über das Pflaster, ich sah die blassen Wangen, das helle Haar über dem aufgestellten Kragen ihres Trenchcoats. Eric ging neben ihr, wandte ihr das Gesicht zu. Sie hielten sich bei der Hand. Dietz war auch dicht bei ihr,
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