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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends
Autoren: John Niven
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sabbernden Teufel erzählt, dass sein Album der letzte Dreck ist? Diese Art Platten hört sich doch ohnehin kein Schwein ernsthaft an. Du kaufst sie und legst sie auf den heimischen Couchtisch, damit dich die Volltrottel auf der nächsten Dinnerparty für einen Trendsetter halten. Ich werde nicht einmal eine Single veröffentlichen. Wir hauen das komplette Budget fürs Marketing auf den Kopf. Den Rest müssen Presse und Mund-zu-Mund-Propaganda erledigen. Ich vermute, wir werden damit zumindest Gold gehen, was ein absolutes Wunder ist angesichts dessen, womit wir dafür gearbeitet haben: Rage. Die todsicherste Niete in der Lostrommel verspricht schließlich doch noch einen Gewinn.
    Ross leert sein Bier. »Ahhh«, gähnt er zufrieden, »das Leben ist kein Zuckerschlecken.« Ich zünde mir gerade eine zollfreie Marlboro an, als Leamington mit drei fröhlich auf einem Plastiktablett scheppernden Dosen Chang zurückkehrt.
    »Hey, seht mal hier«, sagt er und wirft eine Ausgabe der Sun auf den Tisch. Sie ist drei Tage alt und auf den 28. Dezember datiert. Leamington blättert so schnell er kann durch die feuchten, labberigen Seiten bis zu einem halbseitigen Artikel. Ein Foto von Ellie Crush mit Sonnenbrille und in einem schwarzen Kleid. Sie ist ein wenig unscharf. Es wurde eindeutig mit einem Teleobjektiv aufgenommen. Über dem Foto die Schlagzeile: »ELLIE TRAUERT UM VERMEINTLICHEN POP-PÄDERASTEN«.
    Wir rücken zusammen und lesen den Artikel. Es ist das übliche Gewäsch: »Spitzen-Talentscout der Musikindustrie … Brit-Awards-Gewinnerin Crush … Polizei beschlagnahmte Computer … hinter Gittern … sechsstelliges Einkommen … Anklage wurde später fallengelassen …«
    Gegen Ende wird Parker-Halls Vater, der ebenfalls Anthony heißt, ein »57-jähriger Anwalt aus Hampstead, Nord- London«, zitiert: »Anthony ist unschuldig, und wir werden seinen Namen von den Verleumdungen reinwaschen. Jetzt hoffen wir auf etwas Rücksicht, damit wir in Frieden um unseren Sohn trauern können.« Es gibt kein Foto von ihm, und ich frage mich, wie Anthony Senior wohl aussieht.
    »Tragisch«, sagt Ross und setzt sein Bier ab, »absolut tragisch.«
    Einen kurzen Moment lang sind wir alle still. »Glaubt ihr, er war schuldig?«, fragt Leamington. »Ich meine, wer nimmt sich das Leben, wenn er doch unschuldig ist …«
    »Ich kann mir das nicht vorstellen«, sagt Ross, »immerhin haben sie die Anklage fallen gelassen, oder? Also, wenn es Derek gewesen wäre …« Er überlässt es uns, den Satz zu Ende zu denken und unsere eigenen Verbindungen zwischen Homos und Päderasten zu ziehen (schwul + Kokain x Internetzugang …).
    »Was glaubst du?«, fragt Leamington und sieht mich an.
    Chang, Nasengold, weißes Gold, weiße Lady, Koks, Coca, Coke, Schnee, Charlie, Puder, Moca, Perico, Türkenzucker …
    Was glaube ich? Ich schütte mir noch etwas Chang nach. Es schäumt über, läuft an dem Plastikbecher herunter, über die Seiten der Sun und blutet in die unscharfe Fotografie der trauernden Ellie Crush. Er wurde auf dem Kensal-Rice-Friedhof beigesetzt, an der Ecke Harrow Road und Ladbroke Grove, neben dem Pub William The Fourth. Die machen gute Pommes. Und gute Bloody Marys. Crushs Gesicht taucht unter den goldenen Bläschen der größer werdenden Pfütze ab. Ich frage mich, ob Parker-Hall sie jemals gevögelt hat? Er wäre ja schön blöd gewesen, wenn nicht. Ich frage mich, ob er Marcy von den Lazies gevögelt hat? Denn das steht definitiv auf meiner »To Do«-Liste fürs nächste Jahr. Es dürfte sich allerdings als schwierig erweisen, da sie mich absolut nicht ausstehen kann. Aber das könnte sich jetzt ändern, wo ich doch ihr neuer Boss bin. Bald treffen wir uns. Um mögliche Produzenten, das Studiobudget und so was zu besprechen. Ich werde ihnen Steve Albini vorschlagen.
    Woodham hat nach dieser Nacht nur noch einmal angerufen, um zu erfahren, ob sich jemand für seine Songs interessiert. Ich habe nicht mit ihm gesprochen. Jo hat es mir gesagt. Ich werde mir den Ärger sparen, ihn zurückzurufen. Ich nehme an, dass er das akzeptieren wird.
    Letzte Nacht sind wir in Bangkok im Ramada abgestiegen. Heute Morgen bin ich sehr früh in allerbester Stimmung aufgestanden und zu einem Internetcafé in der Nähe des Hotels gebummelt. Ich loggte mich in Rebeccas Hotmail Account ein (ihr Passwort, das sie mir während eines schmusigen Gute-Nacht-Plauschs verriet, lautet – völlig unglaublich – »Steven«) und schickte folgende E-Mail
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