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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends
Autoren: John Niven
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entsaften. Am unteren Ende des Angebots tummeln sich die 200 Kilo schweren 30-Jährigen mit dem Erscheinungsbild einer 65-Jährigen. Frauen, die aussehen, als hätte man ihnen seit ihrer Geburt jeden einzelnen Tag von früh bis spät in die Fotze getreten, sodass sie vom Leben auch gar nichts anderes mehr erwarten. Es ist die Sorte Weiber, die, wenn ihr Mann ihnen in die Augen sieht und sagt: »Bevor wir heiraten, Schätzchen, solltest du wissen, dass ich ein verurteilter Vergewaltiger mit einem stattlichen Register schwerer Körperverletzungen bin, der wegen bewaffneten Raubüberfalls gesucht wird«, erwidern: »Lass uns die Scheiße durchziehen« und anfangen, fröhlich »Hier kommt die Braut« zu pfeifen.
    Ihre Kinder sind zappelnd in ihre eigene kleine Ragga-Welt versunken, treten mit ihren billigen Supermarkt-Turnschuhen gegen das abgenutzte Linoleum – aus ihren Kopfhörern zischelt blechern Drum & Bass –, und in ihren Minihirnen keimen erste Pläne zum Erwerb von Ruhm und Größe: ein Überfall auf einen Bankautomaten, der Verkauf von Crack und die Idee, jemanden mit vorgehaltenem Messer um sein Nokia zu erleichtern. Jeder – selbst die Kleinsten, die Babys in ihren ramponierten Kinderwagen – scheint selbst gedrehte Kippen zu rauchen. Im Ernst, selbst gerollte Zigaretten. Habt ihr keinen Stolz? Da hört man doch eher mit dem Rauchen auf, oder? (Andererseits kann Stolz natürlich nicht allzu weit oben auf der Tagesordnung stehen, wenn man hier einsitzt, weil man einen zappelnden Neunjährigen in den Hintern gefickt oder einer Oma für achteinhalb Pfund den Schädel eingeschlagen hat.) Die Menschen schreien sich gegenseitig an und hauen auf die Tische. Frauen heulen. Die Luft ist dick vor Anspannung und unverhohlener Wut. Woran erinnert es mich? Business-Affairs-Meetings. Es erinnert mich an Business-Affairs-Meetings.
    Man sollte diesen Dreck hier mit einem Schlag von der Erdoberfläche tilgen.
    »Ach, du Scheiße«, flüstert Trellick, als Parker-Hall in Begleitung eines Wächters erscheint. Während er sich zu uns setzt, versucht er ein rissiges, zittriges Grinsen. Jesus Christus. Er ist erst drei Tage hier und sieht bereits völlig zerstört aus. Da ist eine glasige Panik in seinen Augen. Als würde ihm das Grauen sein Bewusstsein rauben, als könnte er nicht glauben, dass ihm all das wirklich zustößt. Jetzt ist er fertig, mit den Nerven am Ende, so, als wüsste er, dass es jeden Moment noch schlimmer kommen kann: der scharf geschliffene Teelöffel im Speisesaal, die schwarze Hand, schwarz wie ein Konzertflügel, die sich ihm unter der Dusche auf die Schulter legt.
    »Ihr wisst doch«, fragt er uns mit gesenktem Kopf, »dass ich unschuldig bin. Das wisst ihr doch?«
    »Aber natürlich wissen wir das«, sage ich.
    »Niemand glaubt, dass du schuldig bist«, lügt Trellick.
    Ich blättere durch einige Magazine, die ich ihm mitgebracht habe: Q, Uncut, Mojo, NME. »Hier ist eine ziemlich gute Konzertbesprechung der Lazies drin«, sage ich, aber er starrt nur abwesend auf die Zeitschriften. Möglicherweise, weil sie ihn die Distanz zwischen seinem alten und seinem jetzigen Leben allzu deutlich spüren lassen.
    »Warum geschieht das mit mir?«, sagt er ins Leere starrend.
    »Hör zu«, sagt Trellick und setzt seine beste Wir-kriegen-das-schon-wieder-in-den-Griff-Elite-Internat-Stimme ein, während er die positiven Seiten an den Fingern abzählt: »a) Du kommst nächste Woche auf Kaution raus, b) die Kaution wird von der Firma gestellt und c) das war ein alter Rechner in deinem Büro. Weiß der Geier, wer über die Jahre da schon alles dran gearbeitet hat.« Dann labert Trellick ein wenig Juristenlatein: Die Beweislast liegt beim Kläger, kein hinreichender Tatverdacht etc.
    »Aber was werden die Leute sagen?«
    Parker-Hall sieht sehr klein und sehr jung aus. Er sieht aus, als würde er gleich anfangen zu heulen.
    »Hör zu, Tony, jeder beim Label steht voll und ganz hinter dir«, sage ich, »und Derek hat strikt untersagt, es außerhalb der Firma zu thematisieren. Mach dir keine Sorgen, die Presse wird keinen Wind davon kriegen.«
    Na gut, das ist nicht 100-prozentig richtig. Nachdem ich das Meeting verließ, in dem Derek jegliche Äußerung über Parker-Halls Situation verboten hatte, habe ich als Erstes Leamington angerufen. Sein nächster Anruf, das wusste ich, würde an einen seiner Kumpels bei der Music Week gehen. Nächste Woche: Titelseite. Wenn sie es von der Der-Mann-der-Ellie-Crush-entdeckte-Seite
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