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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends
Autoren: John Niven
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an.
    »Tony Parker-Hall hat sich umgebracht.«
    Mich überrollt eine Welle der Erleichterung von beinahe orgiastischem Ausmaß.
    Ende. Aus. Es ist vorbei. Hasta la vista, baby.
    Fast entschlüpft mir ein leises »Lieber Gott, ich danke dir«. Stattdessen sage ich »Oh, mein Gott«, denn mir schwant, dass etwas in der Art von mir erwartet wird.
    ***
     
    Silvester am Flughafen in Bangkok.
    Ross, Leamington und ich kippen uns etwas von dem hiesigen Bier namens – Wie geil ist das denn? – Chang hinter die Binde. Es ist noch nicht einmal Mittag, und auf der Resopaltischplatte drängelt sich bereits ein halbes Dutzend leerer Dosen. Wir sind zugekokst bis unter die Schädeldecke und warten auf Trellick, dessen Flug aus Heathrow Verspätung hat. Die Temperatur draußen beträgt eine Million Grad, aber wir haben uns ein Plätzchen direkt unterhalb der Klimaanlage gesichert und sind entsprechend gut drauf.
    Ich bin braungebrannt, topfit und fühle mich fantastisch. Wir sind seit einer Woche hier und hängen entspannt in Koh Samui ab. Bier und Strand, Bücher und Disc-Men. Backgammon, Tom Yam Gai und im pisswarmen Ozean plantschen. Keine Nutten. Keine harten Drogen. Keine vierfachen Rockschools. Was sich mit Trellicks Ankunft selbstverständlich ändern wird. Heute Abend fliegen wir runter nach Phuket, um ordentlich auf den Putz zu hauen. Heute Abend geht es richtig los. Das ist ein Fotzenparadies da unten: astreine skandinavische Backpacker bis zum Abwinken. Zum glorreichen Abschluss des Trips wollen wir den Rotlichtsumpf von Pattaya aufmischen: Zwergenboxen ohne Handschuhe und Teenagerhuren, die Ping-Pong-Bälle, Goldfische und Frösche aus ihren Mösen abfeuern und sich Rasierklingen, Schlachtermesser, Tretminen und Gott-weiß-was-noch-alles aus ihren Ärschen ziehen.
    Wir lassen es krachen.
    »Wer will noch mal, wer hat noch nicht?«, fragt Leamington. Wir zeigen ihm beide den erhobenen Daumen, und er dackelt leicht schwankend Richtung Bar davon.
    Ich blättere durch eine wochenalte Ausgabe des Guardian. Tony Blair lässt es ebenfalls krachen. Er ist auf den Seychellen in einem gigantischen Anwesen abgestiegen, wo (angeblich) dieser Softporno Emmanuelle gedreht wurde. Man vermutet, dass Tony im ersten Jahr seiner Amtszeit 7500000 Pfund für Reise- und Bewirtungskosten verpulvert hat, während er zu Hause die staatliche Unterstützung für alleinerziehende Mütter zusammenstreichen will. Super Typ, dieser Tony Blair.
    Ich finde einen kurzen Artikel zu den anstehenden Brit Awards. Ich will am 12. Januar, pünktlich zu den Nominierungen im Café de Paris, wo die Songbirds für die beste Single nominiert werden, zurück in London sein. Kurz bevor ich London verließ, habe ich der Music Week ein ausführliches Interview zu den Mädchen gegeben. Ich sagte: »Sie sind echte Musikfans, glaubt mir das. Sie könnten euch sämtliche Barcodes ihrer Plattensammlungen runterbeten.« Um den aufkommenden Vorwurf zu widerlegen, sie seien bloß ein weiterer gecasteter Pop-Act, sagte ich: »Ihr würdet nicht glauben, was diese Mädels in der Birne haben. Sie lassen sich von niemandem sagen, was sie zu tun oder zu lassen haben.« Und schließlich sah ich dem Journalisten schnurstracks in die Augen und sagte ihm, ohne mit der Wimper zu zucken: »Die Songbirds werden für eine sehr, sehr lange Zeit ganz oben mitspielen.« Oh ja, das habe ich getan.
    Die zweite Single steht Ende Februar zur Veröffentlichung an, das Album Anfang März. Danach warten noch zwei weitere potenzielle Singles auf ihre Veröffentlichung. Zack, zack, zack.
    Für nächstes Jahr habe ich dann noch ein schwergewichtiges Album in der Warteschleife. Es ist kaum zu glauben, aber die Presse ist auf das, was wir über die Rage-Story haben durchsickern lassen, voll abgefahren. Sie haben uns den kompletten »Ein zur sozialen Interaktion unfähiger Schwerbehinderter kommuniziert mittels elektronischer Musik«-Schwachsinn, den ich mit der Presseabteilung, zusammen ausbaldowert habe, aus der Hand gefressen. Sie feiern ihn als eine Art Stephen Hawking des Drum & Bass. Wir bekommen Titelstorys in Muzik, Mixmag und im NME. Sie wissen nicht, dass er das Album bereits Monate, bevor er zum Superkrüppel geprügelt wurde, fertiggestellt hat. Wen schert es da schon, dass die Platte ein unhörbarer Haufen Scheiße ist? Er reitet in seinem Rollstuhl auf einer gigantischen Welle der Political Correctness. Möchtest du unter diesen Umständen etwa der Journalist sein, der dem armen,
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