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Kein Biss unter dieser Nummer

Kein Biss unter dieser Nummer

Titel: Kein Biss unter dieser Nummer
Autoren: Mary Janice Davidson
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könnte, wenn er ging (würde er wieder Selbstmord begehen?). Schon allein der Gedanke war unerträglich.
    »Das musst ausgerechnet du sagen!« Bibbernd sah ich zu, wie meine Schwester zu ihrem Auto stürmte, die Ballons mühsam auf dem Rücksitz verfrachtete, auf den Fahrersitz plumpste und den Motor aufjaulen ließ. Dann knallte sie den Rückwärtsgang rein, schoss die Auffahrt hinunter, wendete und brauste mit aufheulendem Motor und eine rauchende Reifenspur hinterlassend die Summit Avenue hinunter.
    Na ja, ganz so war es dann doch nicht. Der Antichrist fuhr natürlich auf dieselbe Weise fort wie immer: Sie legte umsichtig den Sicherheitsgurt an, ließ das Auto an, dann warf sie einen prüfenden Blick in den Rückspiegel und machte einen ordnungsgemäßen Schulterblick, um den toten Winkel zu checken (was wegen der Ballons eine Weile dauerte). Anschließend fuhr sie vorsichtig die Auffahrt hinunter und hielt an der Ausfahrt an, um einem Auto, das noch gut einen Block entfernt war, Vorfahrt zu gewähren, ehe sie nach links abbog, um sich unter Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Heimweg zu machen.
    »Wenn ich es dir sage«, beharrte Marc. »Der Minnesängergruß ist der Auslöser gewesen.«
    »Nei-hein.« Persönlich tippte ich auf das gesungene Telegramm. »Als wäre dein Vorschlag nicht tausend Mal schlimmer gewesen.«
    »Was?« Meine Freundin Jessica watschelte auf die Veranda. Sie stützte eine Hand in den unteren Rücken und streckte sich, während sie sich mit Marcs
Entertainment Weekly
Luft zufächelte. »Puh, ist das eine Hitze heute!«
    »Ganz und gar nicht«, stellte ich klar und betrachtete bekümmert meine frostblauen Zehen.
    »Ich schlafe heute Nacht hier draußen; es ist so heiß.«
    »Es ist nicht heiß!« Langsam, Mädchen! Jessica hatte zwar unrecht, doch sie war auch verrückt. Ich hatte es mir zum Prinzip gemacht, mit Verrückten keinen Streit anzufangen. Es sei denn, ich hatte Lust darauf oder konnte sie nicht leiden oder war gelangweilt oder wollte Aufmerksamkeit erregen oder plante einen Überraschungsangriff oder tat es im Namen der Gerechtigkeit oder musste die Zeit zwischen zwei Lagerverkäufen totschlagen. »Es ist Dezember«, fügte ich, um Ruhe bemüht, hinzu. »Das genaue Gegenteil von ›heiß‹. Buchstäblich. Das genaue Gegenteil.«
    Jess war im tausendsten Monat schwanger – zumindest nach dem Umfang ihres Bauches zu urteilen. Marc und ich hatten ihrem heranwachsenden Fötus insgeheim den Spitznamen »Der Bauch, der die Welt auffraß« gegeben, weil wir gehässig und außerdem Fans von Daenerys aus
Game of Thrones
sind. Wir sprachen mit einer verstohlenen Schadenfreude über den Bauch, die nur durch unsere tief sitzende Furcht gedämpft wurde, dass Jess es herausfand und uns schmerzhaft dafür killen würde. Außerdem war die TV -Daenerys mindestens so großartig wie die Buch-Daenerys. Da war ich mir ziemlich sicher. Ich hatte den ersten Band schon fast ausgelesen. Okay, halb ausgelesen. Das waren echt dicke Wälzer, die man gut und gern als Türstopper verwenden konnte, und ich musste mich schließlich auch noch um diese leidigen Vampirköniginnen-Angelegenheiten kümmern. Außerdem bin ich mit den
Graphic Novels
viel schneller durch. Dass ich die lieber lese, darf Marc jedoch nie erfahren.
    Und schließlich ist es ja auch völlig bedeutungslos, dass ich ein Fan von Daenerys bin, stimmt’s? Es gibt keinerlei Aufschluss darüber, dass ich ein Niemand gewesen bin und es mein ganzes Leben lang vermieden habe, Verantwortung zu übernehmen, nur um nach meinem Tod herauszufinden, dass ich plötzlich Königin von einem Haufen Untoter war, von denen mich einige liebten, mehr noch jedoch hassten, richtig? Und meine Vorliebe für Daenerys hat auch nichts damit zu tun, dass es plötzlich mein Schicksal war, mich als Königin zu behaupten, Veränderungen zu bewirken, Mordanschläge zu vereiteln und noch einige Male zu sterben, nicht wahr?
    Nein. Um es mit Freud zu sagen: Manchmal ist eine TV -Serie nur eine TV -Serie.
    »Laura hat also endlich die Nase voll, was? Schade, dass ich die Show verpasst habe! Es dauert eine Weile, bis man die Vordertür erreicht, wenn man …« Sie brach ab und deutete vage auf ihren Magen. »Was war der Auslöser? Die Ballonsträuße?«
    »Ich glaube, es war eine Kombination aus allem. Und hey, ich hatte keine große Wahl. Bei
Hallmark
gibt es leider keine ›Sorry, dass ich deine Mom getötet habe, bevor sie mich töten konnte, und viel Glück bei
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