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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond
Autoren: C Anlauff
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schwante ihr plötzlich, wie ihr Ring in Kaisers Hals gelangt war, vor allem aber, mit welchem Ziel. Als sie mich anrief, war sie so durcheinander, dass ich sie auf heute vertröstet und erst einmal unter die Dusche geschickt habe. Leider stand ich während jenes unseligen Telefonats ungefähr einen Meter von David entfernt in einer Bar.«
    »Aha. Und wie, sagten Sie gleich, sind Sie auf dieses ganze krude Zeug um Schlüssel und Könige gekommen?«
    Liebermann lächelte. »Durch einen Wolf und vier Katzen. Die erste lag leblos auf einem Kompost. Die zweite spielte ihren Tod heute Nachmittag nach, in Anwesenheit Davids und einer Kiste Gurken. Erinnern Sie sich, dass Kaiser Gurkensalat im Magenhatte? Ich vermute, dass David Zander und Grießpudding in vermeintlicher Abstimmung mit der Möwe bereits vorab im Supermarkt gekauft hatte. Ein Zanderfilet in die Pfanne zu werfen dauert nicht lange. Aber ich wette hundert zu eins, dass der Gurkensalat aus dem Katinka stammte. Bei unserer Begegnung heute Nachmittag erwähnte David, dass die Gäste ihn kaum bestellten und er deshalb die Restgurken mit nach Hause nähme. Des Weiteren fand ein scharfäugiger Beamter eine verschrumpelte Gurkenscheibe neben Constanzes Leiche, und von ihr aus spinnt sich, wie von selbst, der Faden zum Wolf. Der seltsame Wolf, den einer meiner Bekannten am Mittwochabend auf Mentels Hausboot heulen gehört hat. Wobei der Wolf auch für meinen Bekannten nur eine Hilfslösung war, geboren aus einem Gerücht über vermeintliche Hexenrituale der Aphroditemädchen. Wie hätte er auch ahnen sollen, dass unter dem Wolfspelz ein im Delirium wimmernder Sterbender steckte?«
    »Ich fand diesen Wolf von Anfang an albern«, sagte Dr. Genrich.
    »Dennoch hat er uns den Weg geebnet.«
    Sie zuckte die Achseln. »Sie drehen es sich ohnehin so, wie Sie wollen. In Ihrer absurden Sammlung fehlen noch zwei Katzen.«
    »Stimmt«, sagte Liebermann und wandte sich an Elsa Laurent. »Die dritte hat meinem Kollegen und mir heute Vormittag Kaisers Brille gebracht. Sie stammte aus einem Laubhaufen, unter dem wir auch sein Handy gefunden haben. Ein erstaunliches Tier, dürr wie eine Gräte.«
    »Wu«, murmelte Elsa Laurent zärtlich.
    »Apropos Gräten«, sagte Liebermann hinzu, »die bringen uns direkt zur letzten Katze. Besser gesagt, zu einem Kater, der mich ärgern wollte, indem er die Reste seines Abendbrotes über mein Bett gestreut hat. Stattdessen hat er mir geholfen, eine kleine, aber entscheidende Lücke zu füllen. Zum Dank dafür werde ich ihn am Leben lassen.«
    »Dann ist also eine Handvoll Katzen schuld daran, dass wir uns hier getroffen haben«, brummte Dr. Genrich. »Ich wusste schon, warum ich die Viecher nicht leiden kann.«
    »Schade. Denn ich habe vor, Ihnen morgen die vom Kompost vorbeizubringen. Ich möchte, dass Sie einen Blick in sie hineinwerfen. Wenn ich mich nicht täusche, ist sie bis zum Hals voll Tollkirschensaft.«
    »Sie haben sie ja nicht alle!«
    Dr. Genrich stieg schwerfällig von Davids Rücken und ging zu Elsa Laurent hinüber. Einer stillen Absprache gemäß nahm Liebermann ihren Platz ein.
    »Es tut mir leid um das Mädchen«, sagte sie, während sie die Rektorin in die Arme schloss. »Obwohl ich zugeben muss, dass ich ein bisschen eifersüchtig auf sie war, weil du ihr unseren Ring geschenkt hast. Vor allem aber schäme ich mich. Wie konnte ich nur so blöd sein, zu glauben, dass du den Typen zur Hölle geschickt hast?«
    Elsa Laurent löste sich aus der Umarmung. »Was?«
    »Na ja, verdient hatte er es schließlich, so wie er dich damals sitzenlassen hat, mit dem ganzen Schlamassel.«
    »Schlamassel? Du meinst …? Mein Gott, Franziska! Knut hat mich nicht sitzenlassen! Dazu ist er gar nicht gekommen, weil ich ihn vorher sitzenlassen habe. Von der Schwangerschaft hat er nie erfahren. Hoffe ich jedenfalls.« Sie lächelte schwach. »Dass du dich daran überhaupt noch erinnerst!«
    »Wie sollte ich nicht? Diese Geschichte hat uns unsere Freundschaft gekostet.« Zum ersten Mal sah Liebermann die Medizinerin erröten.
    »So ein Quatsch«, sagte Elsa und zog sie an sich.
    Während sie auf den Krankenwagen warteten, versuchte Liebermann, sich an Dr. Genrichs plötzliche Verwandlung zu gewöhnen. Seit sie ihre Freundschaft mit der Rektorin erneuert hatte, sprach sie mit sanfterer Stimme, waren ihre Gesten anmutiger,und wenn sie – was selten vorkam – zu ihm sah, fand er ihren Blick versonnen. Elsa Laurent hatte einen späten Kaffee
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