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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut
Autoren: Marcel Feige
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Stanislaw Bodkema?«
    »Bodkema war der erste Reporter, der alles über die Familie Babicz in die Öffentlichkeit zerrte. Daraufhin wurde er zum leitenden Redakteur befördert.«
    »Und Hagen? Der war doch damals selbst noch ein Kind!«
    »Zuerst dachten wir, er sei ins Visier geraten, weil er als Babicz’ bester Freund mit Ihnen liiert war. Dann aber fanden wir heraus, dass sein erster Roman, Das Opfer, auf der Geschichte der Babiczs basiert.«
    »Hagens Roman?«
    Sera nickte. »Wenn Sie so wollen, hat Herr Rething seinen Erfolg als Schriftsteller dem Schicksal seines besten Freundes zu verdanken.«
    Eine lange Pause entstand, in der nur das Knistern des Funkgeräts des Polizisten vor Roberts Tür die Stille füllte.
    »Und«, begann Tania schließlich, »wie lange leidet er schon an dieser … Krankheit ?«
    »Schwer zu sagen«, antwortete der Arzt, »aber ich befürchte, schon sehr lange.«
    »Davon ist auszugehen«, ergänzte Sera, »angesichts der Tatsache, dass er bereits mehrfach in den USA getötet hat. Es ist inzwischen so gut wie sicher, dass die Morde dort auf Roberts Konto gehen, auch wenn er das natürlich ganz anders sieht. Er ist der festen Überzeugung, nicht er habe die Menschen in Amerika ermordet, sondern Max. Sein Bruder war der Knochenmann, der ihm in die USA gefolgt ist, wo er … «, Sera hielt inne, suchte nach dem richtigen Wort, »… geübt hat für seinen Racheplan in Deutschland.«
    Tania starrte die Kommissarin ungläubig an. Was für ein Albtraum. Aus dem sie erwacht war. Ob das für sie ein Glück war oder nicht, darüber war sich Tania noch nicht schlüssig. In einem allerdings war sie sich sicher: Sie hatte genug gehört.
    Schweigend lief sie zum Ausgang und wollte die U-Bahn nach Hause nehmen. Am Bahnsteigkiosk kaufte sie sich eine Tageszeitung. Der Zug fuhr ein, Tanja nahm auf einer Bank Platz und sah sich die Artikel an. Inzwischen hatten neue Dramen aus Berlin die Bestie von den Titelseiten verdrängt. Nur auf der letzten Seite fand sie noch einen kleinen Bericht über Robert, seinen Zustand in der Klinik und über die Suche nach der Leiche Hagen Rethings, die bis heute nicht entdeckt worden war. Illustriert war der Artikel mit einem Bild von Robert, wie man ihn mit wirrem Haar und verdreckter Kleidung aus dem Haus in Ruhleben geführt hatte.
    Tania spürte die Tränen, die ihr über die Wangen rannen. Jetzt erlaubte sie sich endlich zu weinen. Es war ihr egal, ob jemand sie sah. Sie legte die Zeitung beiseite und beschloss, sie beim Aussteigen im Waggon zu vergessen. Sie wollte das Papier nicht mehr berühren. Es fühlte sich schmutzig an.
    Jemand räusperte sich. Hardy Sackowitz saß neben ihr. Er rutschte etwas näher und reichte ihr ein Taschentuch. »Alles wird wieder gut.«
    »Was willst du?« Sie mied seinen Blick.
    »Mit dir reden.«
    »Worüber?«
    »Über Dr. Babicz und …« Der Zug fuhr in den Bahnhof Friedrichstraße ein. »Du kennst ihn doch am besten und ... Tania?«
    Ohne ein Wort verließ Tania die Bahn und lief die Treppe hoch zur Straße. Nieselregen hatte eingesetzt. Sie beeilte sich, das Haus am Ende der Französischen Straße zu erreichen. Kartons türmten sich bereits im Treppenhaus, morgen früh kamen die Möbelpacker. Der Umzug war beschlossene Sache.
    Alles andere, der Schmerz, die Verzweiflung, die Erinnerung, würde von selbst vergehen. Irgendwann. Tania entriegelte die Tür und betrat die Wohnung. Sagt man nicht: Die Zeit heilt alle Wunden?

1. Auflage
Originalausgabe März 2012
    Copyright © 2012 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München
    Umschlagmotiv: Getty Images/Purestock; FinePic
Redaktion: Susanne Bartel
mb · Herstellung: Str.
Satz: omnisatz GmbH, Berlin
     
     
    eISBN 978-3-641-08334-2
     
    www.goldmann-verlag.de
    www.randomhouse.de
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