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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut
Autoren: Marcel Feige
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mit ihm reden«, forderte Sera.
    »Max Babicz?« Lascaux runzelte die Stirn. »Soll das ein Witz sein?«
    »Sehen wir so aus, als wären wir zu Scherzen aufgelegt?«, knurrte Gesing.
    Lascaux trat erschrocken zurück. »Nein, natürlich nicht. Aber wie kommen Sie darauf, hier mit Max Babicz sprechen zu wollen?«
    »Können wir nun mit ihm reden oder nicht?«
    »Nein, denn …«
    »Hören Sie, wenn es darum geht, dass wir die Probe stören –kein Problem.« Sera trat einen entschiedenen Schritt auf die Tür zum Konzertsaal zu.
    Der Intendant winkte sie zurück. »Eine Unterbrechung der Probe ist, glaube ich, Ihr geringstes Problem. Denn Sie werden Max Babicz nicht im Orchestergraben finden.«
    »Ist er verschwunden?« Eine ungute Ahnung ergriff von Sera Besitz.
    Lascaux lächelte dünn. »So könnte man das auch sagen. War das eine tragische Sache damals.«
    »Tragisch? Damals?«
    Lascaux nickte, und dunkle Schatten legten sich auf sein Gesicht. »Das war lange vor meiner Zeit. Deshalb kenne ich die Geschichte nur vom Hörensagen. Aber«, er ging zu einer Tür, die in einen Nebenraum führte, »ich wüsste jemanden, der damals dabei war.«

119
    Robert rannte die ganze Strecke, trotzdem dauerte es eine Ewigkeit, bis er das Haus erreichte. Zumindest kam es ihm so vor.
    »Robert!«, rief jemand von der anderen Straßenseite. Von Deeses Kopf schaute über die Hecke seines Grundstücks.
    Robert beachtete den Nachbarn nicht, sondern kämpfte sich hastig durch das Gestrüpp, das rings um das Gebäude wucherte. Der Weg durch die dichten Büsche kam ihm beschwerlicher vor als beim letzten Mal, als wären sie in den letzten Tagen gewachsen. Er stolperte über irgendetwas, das im Unterholz verborgen lag, hielt aber das Gleichgewicht. Schließlich erreichte er das Haus.
    Sein Blick fand die Auffahrt. Blätter waren von den Zweigen abgerissen worden. War das bei seinem ersten Besuch vor fünf Tagen auch schon so gewesen?
    Die Worte des alten NVA-Offiziers blitzten jäh in Roberts Erinnerung auf. Ich habe doch gestern noch jemanden auf dem Grundstück gesehen. War es möglich, dass sich tatsächlich jemand hier herumgeschlichen hatte? Ein beängstigender Gedanke stieg in Robert empor. Der Mörder spielt mit mir!
    Er pirschte sich zur Garage vor. Das Tor quietschte, als er es öffnete. Ihm stockte der Atem.
    Im Schatten stand ein Auto. Ein Mittelklassewagen. Michelin ZX 15 Zoll, Laufleistung etwa fünfundzwanzigtausend Kilometer. Robert hätte einiges darauf verwettet. Und auch darauf, dass man auf der Rückbank, im Kofferraum oder anderswo Spuren der verschleppten, ermordeten Leute finden würde.
    Er wandte sich um und ging ins Haus. Staub wirbelte bei jedem seiner Schritte auf. Er erkannte Fußspuren in den Zimmern. Einige stammten von seinem Besuch am Donnerstag, aber es waren mehr geworden. Viel mehr. Er lauschte. Nur das Gebälk krächzte.
    Er folgte den Fußabdrücken durch die Diele bis zur Kellertür. Sie war unverschlossen. Der zerbrochene Bilderrahmen, dem er das Foto entnommen hatte, lag auf der Treppe, die in die erste Etage führte. Doch Robert wollte in den Keller.
    Vorsichtig drückte er die Türklinke nach unten. Sie gab keinen Laut von sich. Als er die Tür aufzog, quietschte sie nicht einmal.
    Er setzte einen Fuß auf die erste Stufe, horchte in die finstere Stille, die ihn von unten empfing. Seine Muskeln spannten sich an. Er atmete durch. Dann gab er sich einen Ruck und marschierte die Treppe hinunter.
    Es war nicht richtig dunkel. Aus einem der Räume drang etwas Helligkeit. Es war die Abstellkammer. Das Licht fiel durch das schmale Kellerfenster knapp unterhalb der Zimmerdecke.
    Robert machte einen entschlossenen Schritt, betrat die Kammer. Der Raum war leer, bis auf die Kisten mit den Flugzeugen, die er als kleiner Junge gesammelt hatte. Segelflieger, Boeings, Düsenjets, ein Rosinenbomber. In seinem Kinderzimmer im ersten Stock hatte er eine regelrechte Sammlung gehabt, bis zu jenem Tag, an dem … Aber daran wollte er nicht denken. Die Zeit heilt alle Wunden. Er eilte weiter zum nächsten Raum, dem Arbeitszimmer seines Vaters. Die Tür klemmte. Oder war sie verriegelt?
    Robert zögerte nicht lange, nutzte seinen Körper als Rammbock und wuchtete die Schulter gegen das Holz. Es knirschte, dann krachte die Tür aus den Angeln.
    Robert taumelte in einen dunklen Raum.

120
    Dunkelheit.
    Tania öffnete die Augen, doch die Finsternis blieb. Wo bin ich? Sie wandte den Kopf hin und her, Schmerz brannte hinter
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