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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars
Autoren: Lin Carter
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ich genug, denke ich.«
    Er bot mir eine Zigarre an – die beste, die ich seit sechs Jahren geraucht habe. Ich lehnte mich in dem großen, bequemen Pneumosessel zurück. Seine Form paßte sich meinen Körperkonturen an und begann unauffällig meinen Rücken und meine Schultermuskeln zu massieren. Ich sog den aromatischen Rauch ein und ließ den alten Mann in seiner glatten, höflichen Diplomatenstimme reden, während das Mädchen den mürrischen Ukrainer aus dem Zimmer führte, um ihm das Gesicht zu verbinden; als er zurückkam, hatte sie ihm eine kosmetische Salbe über dem Bartansatz ans Kinn gestrichen, und er hatte seinen verschmutzten Anzug mit einem metallisch blauen Hausanzug vertauscht. Er sah viel besser aus. Aber aus den finsteren Blicken, die er mir von Zeit zu Zeit zuwarf, konnte ich lesen, daß seine Stimmung sich nicht gebessert hatte. Mit ihm würde ich Ärger bekommen, das wußte ich. Aber mir machte das kaum etwas aus; wenn die mich zum Mars brachten, konnten sie mir meinetwegen jeden Knochen im Körper brechen.
    »Nur eine Vorsichtsmaßnahme«, sagte Keresny gerade mit seiner angenehmen, sanften Stimme. »Ich bezweifle zwar, daß die Polits Sie nach all der Zeit noch beobachten; höchstens gelegentlich eine Stichprobe. Aber seit Ihren – äh – Problemen sind zwei volle Jahre vergangen, und nach dieser Zeit denkt bestimmt keiner mehr an Sie. Solange das Instrument eingeschaltet ist, sind wir hier sicher, sofern man nicht einen Audiosuchstrahl auf uns gerichtet hat. Und Sie werden feststellen, daß ich unsere kleine Gruppe so plaziert habe, daß uns kein direkter Strahl berühren kann. Außerdem sind die Vorhänge zugezogen. Besser auf Nummer Sicher gehen …«
    Die einzige Frage, die ich gleich zu Anfang stellte, war die offenkundige. Wenn er eine Gedankenaufzeichnung hatte, die ihm den Weg zu der legendären Schatzstadt wies, wozu brauchte er dann mich? Ich erklärte ihm mit nicht ganz rückhaltloser Offenheit – darauf komme ich später – daß ich über das verlorene Ilionis nicht mehr als die meisten Leute wußte.
    »Ah, die Frage läßt sich von allen am leichtesten beantworten, mein lieber Herr!« sagte er in seiner einschmeichelnden Art. »Wir werden tief in die Drylands eindringen, viel weiter als irgendein – wie nennt man uns? F’yagh? Außenweltler? – bis jetzt gekommen ist. Sie wissen ebenso gut wie ich, daß hinter den Drylands das Land des Hochclans beginnt: ein stolzes Volk; ein altes Volk; sie haben nie die Autorität der Kolonialadministration anerkannt und nie den Großen Vertrag ratifiziert …«
    »Warum sollten sie? Schließlich sind die KA-Bullen nie dicht genug an sie herangekommen, um ihren Frauen eine Pistole an den Kopf zu halten. So haben diese Schweine doch die übrigen Nationen dazu gebracht, dieses Stück Toilettenpapier zu unterschreiben.« Die Bitterkeit, die ich so lange in mir verschlossen hatte, mußte aus meiner Stimme zu hören gewesen sein, denn der alte Mann warf mir einen mitleidigen Blick zu und gab irgendeine beruhigende Platitüde von sich.
    »Wir haben keine Chance, jenes Gebiet zu betreten, ohne von den Kriegsstreifen des Hochclans aufgehalten zu werden, und das ist der Punkt, wo wir Ihre Dienste dringend benötigen«, sagte er dann.
    »Ich weiß nicht; sie haben mich nie gesehen. Vielleicht haben sie überhaupt nie erfahren, daß ein Außenweltler die eiserne Krone besitzt.«
    Seine Augen blinzelten freundlich, aber er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Sie werden selbst den wilden Jägern beweisen können, wer Sie sind«, sagte er sanft.
    Da hatte er recht.
    »Also schön, wir kommen durch. Aber glauben Sie wirklich, daß die Krieger der Hochclans zulassen werden, daß ich eine Gruppe der Verhaßten in die Schatzstadt führe – den heiligsten Platz auf dem ganzen Planeten?«
    Sein Lächeln blieb unverändert. »Jeder Ihrer Wünsche ist von Syrtis bis zum Pol heiliges Gesetz«, sagte er. »Mit der Jamad Tengru auf Ihrem Kopf könnten wir sogar über die Feuerbrücke zu den Toren von Yhoom, der verborgenen Welt der Götter, reiten, ohne befürchten zu müssen, daß jemand uns daran hindert. Ohne Sie in unserer Mitte würden wir keine zehn Meter über den Fluß des Todes hinauskommen.«
    Da hatte er recht. Nur selten hatte mir jemand das ganze Maß meiner Autorität so deutlich vor Augen gehalten. Eine Milliarde Jahre des Heiligen Gesetzes umhüllte mich: meine Person war geheiligt; ein bloßes Wort von mir konnte Tore öffnen, die seit
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