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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars
Autoren: Lin Carter
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zweihundert Millionen Jahren geschlossen waren. Und auf nur einen Wink von mir würden zehntausend Krieger in die Tore der Hölle reiten … Wieder, wie so oft in den wilden, kriegerischen Jahren, die hinter mir lagen, stöhnte ich unter der schrecklichen Bürde, die mein Vermächtnis war. Der Geschmack meiner Unwürdigkeit lag wie Kupfer auf meiner Zunge.
    Doktor Keresny spürte meine Deprimiertheit mit dem Takt des geborenen Diplomaten. Er stand auf, trat an ein Tischchen und holte eine Likörflasche und drei Gläser. Die ölige Flüssigkeit, von der er erklärte, daß sie von Luna kam, hatte die Farbe von Bernstein, schmeckte auf der Zunge glatt und hatte einen moschusartigen, pilzähnlichen Geschmack und ein Herz von goldenem Feuer. Zweifellos gewannen die Arachnidae sie aus irgendeinem schleimigen Pilz in ihren lichtlosen Höhlen; aber das war mir gleichgültig. Der Likör war kräftig und stark und hatte echten Biß. Langsam entspannte ich mich, ließ den Likör, den Espresso und die superbe Panatella ihr Zauberwerk tun, gestattete dem Sessel, die Spannung meiner Nackenmuskeln zu lockern, lauschte seinen Worten und beobachtete seine Enkelin. Sie war tatsächlich erfreulich anzusehen, hochgewachsen, kühl wie ein Eisberg, blond wie Sommerweizen, mit einem langen, schlanken Paar Beinen, die in seidig schimmerndes Iolon gehüllt waren. Sie trug eine der im Augenblick modischen Peekaboo-Blusen, ein Kleidungsstück, das an gewissen Stellen in unregelmäßigen Abständen durchsichtig war, und so konnte ich nicht umhin festzustellen, daß sie einen herrlichen Busen hatte, gebräunt, fest und ganz natürlich aussehend. Aber das konnte man nie genau wissen; schließlich ist Schönheitschirurgie heutzutage billig. Ihre ganze Art amüsierte mich; trotz ihrer provozierenden Kleidung war sie streng, ja fast prüde wie eine Schullehrerin. Sie saß steif und aufrecht da und versagte sich den Luxus des Pneumos; die Knie hatte sie fest aneinandergepreßt. Ihr ganzer Körper, steif und unnatürlich aufrecht, ließ mich überlegen, ob sie vielleicht noch eine Jungfrau war.
    Es könnte amüsant sein, das festzustellen, dachte ich.
     
    Der Plan war so simpel, daß er vielleicht funktionieren würde. Das Museum hatte seit vielen Jahren eine alte Icarus unter Charter; das Raummandat der AN verbot es natürlich Individuen oder Organisationen, irgendwelche Raumfahrzeuge tatsächlich zu ›besitzen‹ – angesehene Firmen konnten sie für nachweisbar legitime Einsätze chartern, aber die Charter wurde regelmäßig überprüft und konnte sofort gestrichen werden. Dies war eine der vielen Tricks, mit deren Hilfe die AN bis jetzt verhindert hatten, daß in diesem Wackeren Neuen Jahrhundert irgendwelche häßlichen, kleinen Kriege aufflammten.
    Der Doktor hatte sich vom Museumsdienst pensionieren lassen, aber noch nicht alle Verbindungen abgebrochen; er hatte noch eine Art Beratervertrag. So war es ihm nicht schwergefallen, sich die alte Icarus für eine private Expedition vom Museum zu mieten. Ebenso wie er meinen Freund mit dem blauen Flecken am Kinn als Piloten angeheuert hatte. Die Icarus kreiste auf Dock Orbit um Luna, und wir konnten im Morgengrauen an Bord sein, da der Doktor eine Lanzetti – Vorjahresmodell – auf dem Dach des Hotels geparkt hatte und an diesem Abend abreisen würde. Es gab einfach keine Probleme; niemand würde mich bemerken, wenn ich sie zum Parkdach begleitete. Und selbst wenn ich jemandem auffiel, würde der Betreffende doch nicht wissen, wer ich war. Es gab keinen Anlaß, daß eine Streife des Mandats die Lanzetti auf ihrem Flug zum Mond aufhielt, sofern der Doc die Verkehrsvorschriften befolgte. Und ebensowenig hatte das Mandat Anlaß, eine verrostete, alte Kiste wie eine Icarus zu untersuchen, wenn sie sich aus dem Orbit löste und Kurs zum Mars nahm. Wirklich perfekt. Nur einen Haken hatte der Plan.
    »Und der wäre, mein Freund?«
    Ich nippte an dem Lunalikör, ehe ich antwortete. »Ich. Ich werde nicht regelmäßig überwacht – zumindest glaube ich das nicht: Ich habe mich zwei Jahre anständig geführt und in der Zeit unzählige Barhocker und Cafésessel gewärmt und meinen wachsenden Ruf als heruntergekommener, geschwätziger Versager gepflegt. Aber die Frau, von der ich mein Zimmer gemietet habe, wird es merken, wenn ich nicht nach Hause komme – ich schulde ihr noch die Miete –, und wird zur Polizei gehen. Man wird sämtliche Gossen von ganz Venedig durchsuchen, und Luigi – mein
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