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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End
Autoren: Jennifer Worth
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Einleitung
    Das Nonnatus House lag im Herzen der Londoner Docklands. Seine Praxis kümmerte sich um Stepney, Limehouse, Millwall, die Isle of Dogs, Cubitt Town, Poplar, Bow, Mile End und Whitechapel. Die Gegend war dicht bevölkert, die meisten Familien lebten bereits seit Generationen dort und kaum jemand zog je weiter als ein, zwei Straßen von seinem Geburtsort weg. Das Leben spielte sich auf engstem Raum ab, die Kinder wurden von einer Großfamilie aus Tanten, Großeltern, Cousins, Cousinen und älteren Geschwistern aufgezogen, die alle nur wenige Häuser oder höchstens ein paar Straßen entfernt wohnten. Kinder rannten ständig von einem Haus ins andere und ich kann mich aus der Zeit, als ich dort lebte und arbeitete, nicht erinnern, dass außer bei Nacht je eine Tür verschlossen war.
    Überall waren Kinder, und die Straßen waren ihr Spielplatz. In den 1950er-Jahren fuhren keine Autos durch die Seitenstraßen, denn niemand hatte ein Auto, daher war es völlig ungefährlich, dort zu spielen. Auf den Hauptstraßen, besonders auf den Zufahrtswegen der Docks, gab es Schwerlastverkehr, doch die kleinen Sträßchen waren vom Autoverkehr frei.
    Die Trümmergelände waren Abenteuerspielplätze. Es gab viele davon, sie waren schreckliche Andenken an den Krieg und die heftige Bombardierung der Docklands nur zehn Jahre zuvor. Riesige Stücke waren aus den Häuserreihen herausgerissen, jedes etwa zwei oder drei Straßenzüge breit. Das Gebiet war grob mit Bretterwänden abgesperrt, die die Wüste aus Schutt mit einzelnen halb stehenden, halb umgestürzten Mauerresten nur zum Teil verbargen. Vielleicht nagelte einer irgendwo ein Schild an, auf dem VORSICHT – BETRETEN VERBOTEN stand, doch das war für jeden aufgeweckten Jungen über sechs oder sieben wie ein rotes Tuch für den Stier, und bei jedem zerbombten Grundstück gab es geheime Eingänge, wo jemand vorsichtig Bretter entfernt hatte, sodass sich ein kleiner Körper durchquetschen konnte. Offiziell war niemandem der Zutritt gestattet, aber alle, auch die Polizei, drückten offenbar ein Auge zu.
    Es war ohne Zweifel eine raue Gegend. Messerstechereien waren üblich. Straßenkämpfe waren üblich. Streit und Prügeleien in den Pubs waren alltägliche Ereignisse. In den kleinen Häusern lebten die Menschen beengt und häusliche Gewalt war an der Tagesordnung. Doch ich habe nie etwas über Gewalt an Kindern oder älteren Menschen gehört; Schwachen gegenüber gab es eine gewisse Form des Respekts. Es war die Zeit der Brüder Kray, eine Zeit der Bandenkriege, von Vergeltung, organisierter Kriminalität und erbitterter Rivalität. Die Polizei war überall und kein Polizist ging allein auf Streife. Doch ich habe nie davon gehört, dass man eine alte Frau niedergeschlagen und ihr die Rente gestohlen oder dass man ein Kind entführt und ermordet hätte.
    Die überwiegende Mehrheit der Männer, die in der Gegend lebten, arbeitete in den Docks.
    Die meisten hatten Arbeit, doch die Löhne waren niedrig und die Arbeitstage lang. Die Männer, die einer qualifizierten Tätigkeit nachgingen, wurden relativ gut bezahlt und hatten regelmäßige Arbeitszeiten. Wer einen solchen Arbeitsplatz hatte, tat alles, um ihn zu behalten. Die Fertigkeiten blieben innerhalb der Familie, man gab sie vom Vater an die Söhne oder an die Neffen weiter. Für die ungelernten Arbeiter jedoch muss das Leben die Hölle gewesen sein. Wenn keine Schiffe zu entladen waren, gab es keine Arbeit, dann lungerten die Männer den ganzen Tag bei den Toren herum, rauchten und stritten sich. Wenn allerdings ein Schiff entladen werden musste, bedeutete das vierzehn oder sogar achtzehn Stunden pausenloser körperlicher Arbeit. Morgens um fünf fingen sie an und arbeiteten bis zehn Uhr abends. Kein Wunder, dass sie anschließend nur noch in die Pubs taumelten und sich hemmungslos betranken. Jungen begannen mit fünfzehn Jahren in den Docks zu arbeiten und man nahm sie genauso hart ran wie die Männer. Alle Arbeiter mussten in der Gewerkschaft sein, die Gewerkschaften bemühten sich um faire Bezahlung und Arbeitszeiten, doch das System mit seiner Mitgliedspflicht war eine beständige Quelle des Ärgers und schien ebenso sehr für Konflikte und Missgunst zwischen den Arbeitern zu sorgen, wie es ihnen Nutzen brachte. Ohne die Gewerkschaften jedoch wäre die Ausbeutung der Arbeiter mit Sicherheit 1950 noch so schlimm gewesen wie 1850.
    Man heiratete in der Regel früh. Unter den ehrbaren Bewohnern des East Ends gab es
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