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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars
Autoren: Lin Carter
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funkelten böse, und er knurrte: »Ich hab’ Ihnen gesagt, daß das Zeitvergeudung sei! Vielleicht macht es Ihnen Spaß, hier herumzusitzen und sich von diesem heruntergekommenen Katzenliebhaber verspotten zu lassen. Aber nicht mit mir! Ich hab’ mit meiner Zeit Besseres vor.«
    Dann herrschte Schweigen, und ich spürte, wie mein Gesicht sich spannte und heiß wurde. Mein Herz schlug schnell, und meine Hand zitterte.
    Katzenliebhaber …
    Diese Worte hatte ich schon einmal gehört. Oft sogar.
    Sie hingen in der kühlen, schattigen Luft des späten Nachmittags und hallten in meinen Ohren nach. Und dann stand ich ganz schnell auf, ein fröhliches Lächeln um die Lippen, spannte meine Muskeln, ehe Bolgov ganz begriffen hatte, was ich tat.
    Und dann hieb ich ihm mit der geballten Faust in die Magengrube, legte meine ganze Kraft dahinter, und setzte mit einer herrlichen Linken nach, die ihn krachend am bärtigen Kinn traf.
    Er kippte nach hinten über, und seine Beine rissen den schmiedeeisernen Stuhl mit, und dann landete er auf seinen Schultern. Ich stand da und sah zu, wie er benommen seinen ganzen Mageninhalt über diesen hübschen, grauen Kyrolan-Anzug spie, und empfand eine große Befriedigung, wie ich sie seit Monaten nicht mehr empfunden hatte. Wir Exmonarchen haben – auch wenn man uns abgesetzt hat – unseren Stolz. Auch wenn wir nur selten Gelegenheit bekommen, ihn zu zeigen.
    Ich verbeugte mich leicht vor Keresny und dem Mädchen, die beide von der Plötzlichkeit meiner Handlung noch etwas verstört waren.
    »Danke für die angenehme Unterhaltung«, sagte ich leicht. »Schade, daß sie auf so primitive Art enden muß. Aber ich bin nicht im geringsten daran interessiert, in Schatzkarten der Verlorenen Stadt zu investieren, vielen Dank. In den Basaren von Sun Lake City bekommt man ein halbes Dutzend davon für einen Dollar. Ich bin nicht interessiert. Guten Abend!«
    Und damit machte ich kehrt, um mir meinen Weg zwischen den Tischen zu bahrten. Aber der Doc reagierte schneller, als ich angenommen hätte. Er sprach mit leiser Stimme sieben Worte, die mich erstarren ließen.
    »Nicht an einem Gratisticket zum Mars interessiert?«
    Ich stand da und spürte, wie der Schmerz in mir aufstieg, ich, der ich den Rest meiner Tage nicht mehr auf legalem Weg die Erde verlassen konnte … Das war der Preis meiner sogenannten Freiheit gewesen: eine permanente lebenslange Streichung meines Außerplanet-Visums. Ich war froh, daß ich ihnen den Rücken wandte und sie so meinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnten.
    Und dann trumpfte der alte Mann auf, und ich war verloren.
    »Es ist keine Schatzkarte, Bürger Tengren«, sagte er sehr leise. »Es war eine Gedankenaufzeichnung, die ich in den Ruinen in der Nähe von Thoth-Nepenthes fand.«
    Ich glaube, eine Weile vergaß ich das Atmen. Ich weiß, daß meine Lungen plötzlich schmerzten und das Blut in meinen Ohren tobte. Eine Gedankenaufzeichnung! Man konnte sie nicht fälschen, auch nicht imitieren. Nur die geheimnisvollen Weisen der Alten kannten die seltsame Kunst der unzerstörbaren Gedankenaufzeichnungen – Iopotha nannte man sie in der Hochsprache. In den fünfundsiebzig Jahren, die jetzt Erdenmenschen auf dem Mars sind, hat man erst zwei davon entdeckt, und sie sind unbezahlbar. Wenn er eine echte Gedankenaufzeichnung hatte …
    »Reden Sie!« sagte ich, drehte mich um und setzte mich wieder.
     

 
2. Eine Stunde vor Erdlicht
     
    Mein ganzes Leben lang bin ich immer den offenkundigsten Weg auf die Dinge zugegangen, die ich wollte. Und dies hat mich mit unfehlbarer Sicherheit immer wieder in die offenkundigsten Fallen stolpern lassen. Wie oft habe ich mir gewünscht, mich ändern zu können, davon geträumt, ein subtiler, überlegter Mann zu sein, raffiniert und schlau; aber die Götter haben mich aus anderem Holz geschnitzt. Natürlich war ich Idealist, ein junger, hitzköpfiger Narr, und natürlich träumte ich die alten, humanitären Träume von wegen ›liebe Deinen Nächsten‹ und dergleichen. Als ich vor zehn Jahren zum Mars ging, hätte ein weiser Mann fast alles prophezeien können, das mir widerfahren würde: Aber ich war eben ein verträumter Junge mit Sternen in den Augen, das Herz von hohen Idealen beseelt, die schon vor Generationen aus der Mode gekommen waren. Ein junger Soziotiker, ein Student der uralten Zivilisation jener fernen, uralten Wüstenwelt. Es war die natürlichste Sache der Welt, daß die oberflächliche Unmenschlichkeit, die nackte
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