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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars
Autoren: Lin Carter
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nach der Liebe ihr langes Haar aufsteckte, die Stimme wie weiches, flüssiges Silber, mit einem alten Liebeslied aus den Drylands auf den Lippen … Yakla, die einen so schrecklichen Tod fand in jener Nacht, als unser Angriff an den Mauern des alten Niophar zum Stocken kam … Himmel und Erde, muß ich mich erinnern?
    »Bürger, entschuldigen Sie, sind Sie nicht Ivo Tengren?«
    Beinahe war es mir gelungen, sie zu vergessen, und da sprach die leise Stimme hinter meinem Stuhl. Ich wandte mich langsam um und sah, daß es jetzt drei waren: der alte Herr mit dem verwitterten Gesicht und der schönen, silbernen Mähne; der vierschrötige slawische Bursche; und ein Mädchen, steif und blond wie Sommerweizen. Sie war mir auf den ersten Blick unsympathisch, ebenso wie ich dem großen Mann mißtraute.
    »Der bin ich.« Ich hielt meine Stimme kühl und neutral und mein Gesicht ohne Ausdruck. »Es liegt schon eine Weile zurück, meine Herren, daß wir einen dieser kleinen Besuche hatten. Sie werden vermutlich mein Visum sehen wollen. Es ist in meiner Wohnung; aber es ist noch nicht abgelaufen, das können Sie …«
    »Ah … ich glaube, Sie verwechseln uns mit jemand anderem … Ich bin sicher, daß wir uns noch nie begegnet sind.«
    Der alte Mann war es, der sprach. Seine Stimme war kultiviert, fast höflich.
    Ich sagte nichts. Saß nur gelockert da und sah ihn an, wartete. Er wurde rot. Dann hellte sich sein Gesicht wieder auf.
    »Oh, jetzt verstehe ich, glaube ich … Sie irren sich, Bürger Tengren. Wir kommen nicht von der Politpolizei. Sie müssen entschuldigen, wenn ich Ihnen diesen Eindruck vermittelt habe.«
    »Was wollen Sie dann von mir?« fragte ich. »Wenn Sie von der Presse sind, dann bin ich ganz sicher, daß sich niemand mehr für mich interessiert.«
    »Hier, lassen Sie mich …«, sagte der Große, aber sein älterer Gefährte legte seine knorrig wirkende Hand auf seinen Arm und sagte: »Überlassen Sie mir das Reden, Bolgov.« Der andere verstummte, und der alte Mann mit der ruhigen Stimme verbeugte sich leicht vor mir und setzte ein geradezu bezauberndes Lächeln auf.
    »Nein, von der Presse auch nicht, Bürger! Nur – äh – private Reisende wie Sie. Gestatten Sie, daß ich uns vorstelle. Ich bin Dr. Josip Keresny, ehemals vom Museum von Luna City. Mein Pilot und Begleiter, Bürger Konstantin Bolgov. Und meine Enkelin Ilsa … Dürfen wir uns einen Augenblick an Ihren Tisch setzen? Ich würde gerne eine geschäftliche Angelegenheit mit Ihnen besprechen, die uns gegenseitig nützlich sein könnte.«
    Mir war nicht nach Gesellschaft zumute, und außerdem war da immer noch dieser kühle Hauch, der mich zur Vorsicht mahnte. Aber ehe ich etwas sagen konnte, nahmen sie mein Schweigen für Zustimmung und setzten sich. Wir sahen einander einen Augenblick lang in verlegenem Schweigen an, das heißt alle, mit Ausnahme der Enkelin des alten Mannes, die das ganze Geschehen in ihrer kühlen, irritierenden Art ignorierte. In erster Linie, weil ich nichts anderes zu sagen wußte, meinte ich: »Josip Keresny. Keresny. Pole?« Er schüttelte den Kopf, und wieder blitzte sein Lächeln auf.
    »Nein, Bürger. Jugoslawe. Wenn ich auch in London erzogen wurde. Mein Vater war Minister in der Exilregierung. Nach der Zweiten Gegenrevolution von ’74.«
    »Meine Mutter war Jugoslawin«, bemerkte ich beiläufig. »Sie stammte irgendwo aus der Gegend von Zagorje, glaube ich, obwohl ich nicht die geringste Ahnung habe, wo Zagorje liegt.«
    »Zagorje! Meine eigenen Verwandten …«
    »Können wir nicht zur Sache kommen, Josip?« knurrte der Große. Wie hieß er doch gleich?
    »Konstantin Bolgov, nicht wahr?« überlegte ich. »Das klingt russisch …« Mir war es völlig gleichgültig, woher sie stammten; warum zog ich das so in die Länge?
    Keresny hatte wie die meisten alten Leute sehr viel für Familiengeschichten übrig. »Gut, sehr gut, Bürger Tengren! Aber nicht ganz, nein. Konstantin – seine Familie stammt aus der Ukraine, aber er ist, glaube ich, in Paris aufgezogen worden. Seine Familie wurde während der Unruhen ebenfalls vertrieben … Und Sie sind, glaube ich, Westdeutscher?«
    Ich nickte. »Richtig. Und ebenfalls im Exil herangewachsen. Wir sind eine reizende Gruppe von Flüchtlingen der zweiten Generation, nicht wahr?« sagte ich sarkastisch. »Sozusagen eine Taschenausgabe der Assoziierten Nationen. Wir sollten uns zusammentun und ein Weißbuch herausgeben oder so etwas.«
    Meine schwachen Versuche, humorig zu
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