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600 Stunden aus Edwards Leben

600 Stunden aus Edwards Leben

Titel: 600 Stunden aus Edwards Leben
Autoren: Craig Lancaster
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MONTAG, 13. OKTOBER
    Ich schlage die Augen auf. Ich warte einen Augenblick, bis sich die verschwommene Helligkeit des Morgens scharf stellt, dann drehe ich den Kopf um neunzig Grad nach links und sehe zum Wecker: Es ist 7:38 Uhr. Seit drei Tagen wache ich genau um diese Uhrzeit auf, achtzehn Mal in den letzten zwanzig Tagen. Da ich um Punkt Mitternacht ins Bett gehe, bin ich es gewohnt, um 7:38 Uhr wach zu werden, aber hin und wieder wache ich ein wenig früher oder später auf. Die Spannbreite ist nicht groß – manchmal ist es 7:37 Uhr und manchmal 7:40 Uhr, und es war auch schon 7:39 Uhr (in diesem Jahr tatsächlich zweiundzwanzig Mal), aber 7:38 Uhr ist die Zeit, mit der ich rechne. In diesem Jahr ist es bisher 221 Mal so gewesen, also würden Sie das auch erwarten, wenn es um Sie ginge. (Wahrscheinlich fragen Sie sich jetzt, wie oft ich zu anderen Zeiten aufgewacht bin: fünfzehn Mal um 7:37 Uhr und neunundzwanzig Mal um 7:40 Uhr.) Obwohl ich meinen Part erfülle, indem ich um Punkt Mitternacht zu Bett gehe, treten diese Abweichungen durch Dinge auf, die ich nicht kontrollieren kann, wie etwa Geräusche meiner Nachbarn, vorbeifahrende Autos oder Sirenen. Solche Sachen frustrieren mich, aber ich kann nichts dagegen ausrichten.
    Ich notiere die Zeit, zu der ich aufgewacht bin, und meine Daten sind vollständig.
    Sie haben wahrscheinlich nachgerechnet und wissen, dass es der 287. Tag des Jahres ist. Abgesehen von der rein wissenschaftlichen Tatsache, dass die Erde sich so viele Male um ihre eigene Achse gedreht hat, liegt das daran, dass wir ein Schaltjahr haben. Bei meinen Berechnungen muss ich das Schaltjahr berücksichtigen, aber das ist nicht schwer, da es ja nur alle vier Jahre einmal vorkommt.
    Als meine Füße den Boden berühren, merke ich, dass das Haus warm ist, wärmer als sonst an einem 13. Oktober, und das hat nichts mit dem Schaltjahr zu tun. Das Haus hat Holzparkett, das sich gut dafür eignet festzustellen, wie warm oder kalt es ist. Ich habe von neueren Häusern mit sogenannter Fußbodenheizung gelesen, in denen der Wohnraum über den Fußboden geheizt wird, aber dieses Haus hat so was nicht. Auch wenn ich Fußbodenheizung faszinierend finde, muss ich berücksichtigen, dass dieses Haus 1937 gebaut wurde und ein Umbau unerschwinglich teuer wäre. Mein Vater könnte es sich leisten, und tatsächlich ist es sein Haus und nicht meines, aber er würde das niemals tun. Er kommt niemals her, daher ist es ihm wahrscheinlich egal, dass eine Fußbodenheizung sehr viel ökonomischer wäre. Es sollte ihm nicht egal sein, weil er derjenige ist, der die Heizungsrechnung bezahlt, aber mein Vater ist nicht immer logisch. Allerdings habe ich jetzt keine Zeit, mir weiter darüber Gedanken zu machen, obwohl ich große Lust hätte, ihm einen Brief zu schreiben und ihm mitzuteilen, dass er dumm ist, eine Fußbodenheizung nicht in Betracht zu ziehen.
    Ich gehe über das Holzparkett, öffne die Haustür und nehme den
Billings Herald-Gleaner
von der Schwelle. Laut Titelseite sollen es heute in Billings bis zweiundzwanzig Grad werden, und genau das hatte ich vermutet, als meine Füße den Boden berührten: Für einen 13. Oktober wird es sehr warm werden. Viel wärmer als am letzten 13. Oktober (dreizehn Grad). Natürlich weiß ich das mit Sicherheit erst morgen, wenn die neue Zeitung kommt, in der die offiziellen Daten von heute abgedruckt sind. Die Temperaturangabe auf der heutigen Titelseite ist nur eine Vorhersage, und Vorhersagen sind bekanntermaßen unzuverlässig.
    Ich blättere bis zur letzten Seite des Lokalteils und kontrolliere die Wetterdaten von gestern, Sonntag, dem 12. Oktober und 286. Tag des Jahres (aber nur, weil es ein Schaltjahr ist). Die Wetterdaten stehen immer auf der letzten Seite des Lokalteils, und obwohl es mich stört, dass dieser Teil manchmal Teil B und manchmal Teil C ist, habe ich gelernt, mit dieser Unregelmäßigkeit klarzukommen, da ich keine andere Wahl habe. Ich habe demHerausgeber mal einen Beschwerdebrief geschrieben, aber nie eine Antwort erhalten.
    Die gestrige Höchsttemperatur lag bei zwölf und die Tiefsttemperatur bei minus ein Grad Celsius, und diese Daten passen viel eher in die Zehn-Jahres-Statistik, die ich in meinen Notizbüchern angelegt habe. Ich notiere diese Zahlen, und meine Daten sind vollständig.

    Mein Vater hat dieses Haus vor acht Jahren gekauft. Ganz genau war es vor acht Jahren und sechsundachtzig Tagen. Er hat es gekauft, damit ich darin wohne, weil meine
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