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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
Autoren: Arnaldur Indriðason
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und bin erst am nächsten Mittag in die Stadt gefahren. Und abends rief sie mich an, das wisst ihr ja. Da hatte sie sich wieder vollständig erholt, sie klang am Telefon richtig munter. Sie hatte vor, am nächsten Tag noch vor Mitternacht wieder zu Hause zu sein. Das war das letzte Mal, dass ich mit ihr gesprochen habe. Ihr war in keinster Weise anzumerken, dass sie so etwas Wahnsinniges vorhatte. Es wäre mir nie eingefallen, dass sie sich das Leben nehmen würde. Nie im Leben.«
    »Glaubst du, dass euer Experiment womöglich etwas bei ihr ausgelöst hat?«
    »Ich weiß es nicht. Nach Leonóras Tod habe ich zuerst geglaubt, dass sie vielleicht auf solche Gedanken gekommen sein könnte.«
    »Hast du nicht das Gefühl, Verantwortung für das zu tragen, was passiert ist?«
    »Natürlich … Natürlich habe ich das. Ich trage Verantwortung dafür, aber ich habe sie nicht getötet. Dazu wäre ich nie imstande gewesen. Ich bin Arzt. Ich heile Menschen, ich töte sie nicht.«
    »Es gibt wohl keine Zeugen dafür, dass du mit María hier warst.«
    »Nein, wir waren ganz allein hier.«
    »Du wirst die Approbation verlieren.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Aber das dürfte dir wohl kaum etwas ausmachen, schließlich erbst du ja Marías Geld?«
    »Du kannst von mir halten, was du willst. Das interessiert mich nicht.«
    »Und Karólína?«
    »Was ist mit ihr?«
    »Hast du ihr gesagt, dass du die Sache nicht durchgezogen hast?«
    »Nein, ich hatte noch nicht mit ihr gesprochen … Ich hatte noch nicht mit ihr gesprochen, als mir mitgeteilt wurde, dass María tot ist.«
    Erlendurs Handy klingelte, und er holte es aus der Manteltasche.
    »Hallo, hier Þorbergur«, erklang eine Stimme am anderen Ende der Leitung.
    »Wer?«
    »Þorbergur, der Taucher. Ich bin schon einige Male zu den Seen hier rausgefahren, und da bin ich auch jetzt wieder.«
    »Ja, hallo, Þorbergur, entschuldige, ich war nicht ganz bei der Sache. Gibt’s was Neues?«
    »Ich glaube, ich habe etwas gefunden, das dich interessieren wird. Ich habe einen kleinen Kranwagen bestellt und natürlich auch die Polizei. Ich traue mich nicht, ohne euch hier weiterzumachen.«
    »Was hast du gefunden?«
    »Ein Auto. Einen Austin Mini. Mitten im See. Im Sandkluftavatn habe ich nichts gefunden, aber ich hatte die Idee, mich hier in den anderen Seen noch etwas umzutun. War Frost, als sie verschwunden sind?«
    »Das ist nicht unwahrscheinlich.«
    »Sie ist auf den See hinausgefahren. Ich zeige es dir, wenn du kommst. Ich bin am Uxavatn.«
    »Und was ist da im Auto?«
    »Da sind zwei Leichen drin, eine Frau und ein Mann, glaube ich. Sie sind natürlich unkenntlich, aber mir scheint, das sind die Leute, nach denen du suchst.«
    Þorbergur verstummte für einen Augenblick.
    »Ja, Erlendur, das sind wohl die Leute, nach denen du suchst.«

Fünfunddreißig
    Auf dem Weg zum Uxavatn telefonierte Erlendur mit dem Heim, in dem der alte Mann im Sterben lag. Mit ihm selbst konnte er nicht sprechen. Es war fraglich, ob er die Nacht überleben würde. Man erklärte ihm, dass es nur noch eine Frage der Zeit war. Erlendur bekam Verbindung mit dem diensthabenden Arzt, der sagte, es ginge vielleicht um wenige Stunden oder auch nur Minuten, die der alte Mann noch zu leben hätte. Man könne es unmöglich präzise voraussagen, aber viel Zeit bliebe nicht mehr.
    Es dämmerte bereits, als Erlendur in seinem alten Ford auf die Uxahryggur-Piste einbog, die hinunter in den Borgarfjörður führte. Er sah einen kleinen Kranwagen am nördlichen Ende des Sees. Nicht weit entfernt stand der Jeep von Þorbergur. Erlendur ließ sein Auto am Straßenrand stehen und ging zu Fuß zu dem Taucher hinüber, der sich gerade die Sauerstofftanks aufschnallte und sich darauf vorbereitete, mit dem Haken des Krans zu dem Auto hinunterzutauchen.
    »Ich habe Glück gehabt«, sagte er, nachdem sie sich begrüßt hatten. »Ich bin irgendwie mit dem Fuß gegen das Auto gestoßen.«
    »Du glaubst, dass sie das sind?«
    »Es ist zumindest dieses Auto. Und zwei stecken drin. Ich habe versucht hineinzuleuchten. Kein schöner Anblick, wie du dir denken kannst.«
    »Nein, bestimmt nicht. Danke, dass du das für mich getan hast.«
    Þorbergur nahm den großen Haken vom Kranführer entgegen und watete damit in den See hinaus, bis das Wasser ihm zur Mitte reichte. Dann tauchte er ab.
    Erlendur und der Kranführer standen am Ufer und warteten darauf, dass Þorbergur wieder an die Oberfläche kam. Der Kranführer war ein hochgewachsener Mann,
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