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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Schuld an dem gegeben, was mit ihm passiert ist?«
    Erlendur schüttelte den Kopf. »Ihr hättet euch kein bemitleidenswerteres Opfer aussuchen können«, sagte er und schloss die Tür hinter sich.
    Er betrat im Laufschritt das Pflegeheim und rannte hinauf zur Station, wo der alte Mann lag. Er war nicht in seinem Zimmer. Erlendur erfuhr, dass man ihn in einen anderen Raum verlegt hatte. Er hastete dorthin und wurde in das Zimmer des alten Mannes gelassen, der unter einem dicken Oberbett lag. Man sah nur das magere Gesicht und die knochigen Hände, die auf dem Oberbett lagen.
    »Er ist vor einigen Augenblicken gestorben«, sagte die Krankenschwester, die ihm den Weg gewiesen hatte. »Ein sanfter Tod. Er hat nie irgendwelche Umstände gemacht.«
    Erlendur setzte sich ans Bett und ergriff seine Hand.
    »Davið war verliebt«, sagte er leise. »Er …«
    Erlendur strich sich über die Stirn. Er sah die beiden vor sich, als ihnen klar wurde, dass sie nicht mehr aus dem Auto herauskommen würden, sie hielten sich bei den Händen und waren vollkommen gefasst, während das Leben erlosch und ihre Herzen in dem kalten Wasser aufhörten zu schlagen.
    »Wie gern wäre ich etwas eher da gewesen«, sagte er.
    Die Krankenschwester verließ das Zimmer auf Zehenspitzen, und die beiden waren allein.
    »Er hatte ein Mädchen kennengelernt«, sagte Erlendur nach langem Schweigen. »Er starb nicht allein. Es war ein Unfall. Er hat nicht Selbstmord begangen. Er war nicht deprimiert oder des Lebens überdrüssig, als er starb. Er war glücklich. Er war verliebt in ein Mädchen, das er kennengelernt hatte, und sie waren ausgelassen und übermütig. Das hättest du verstanden. Sie starben zusammen. Er war bei seinem Mädchen. Er hat ganz bestimmt vorgehabt, euch von ihr zu erzählen, sobald er nach Hause gekommen wäre, dass sie an der Universität studierte und sehr nett war, dass sie sich brennend für Seen interessierte. Dass sie sein Mädchen war. Für immer sein Mädchen.«

Siebenunddreißig
    Er stand bei dem verlassenen Hof, der einmal sein Zuhause gewesen war, und blickte zum Harðskafi hinauf. Der Berg war wegen des Eisnebels, der sich immer tiefer über den Fjord senkte, nur schemenhaft zu sehen. Mit seinen alten Wanderschuhen, der dicken gefütterten Hose und dem warmen Anorak war er gut gerüstet. Er starrte eine Weile stumm und ernst am Berg hoch, bevor er sich mit seinem Wanderstock und einem kleinen Rucksack auf den Schultern auf den Weg machte. Er kam gut voran und war umgeben vom Schweigen der Natur, die rings um ihn herum bereits im Winterschlaf lag. Bald darauf war er im kalten Nebel verschwunden.
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