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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
Autoren: Arnaldur Indriðason
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der auch nicht mehr wusste, als dass sich da unten im See ein Auto mit zwei Leichen befand. Er versuchte, mehr Informationen aus Erlendur herauszuholen, doch der war nicht sehr gesprächig.
    »Das ist ein alter Fall«, sagte er, »ein trauriger alter Fall, der eigentlich fast schon in Vergessenheit geraten war.«
    Dann verstummte er, heftete seine Blicke auf den See und wartete darauf, dass Þorbergur wieder zum Vorschein kam.
    Als Erlendur Baldvin in seinem Haus zurückgelassen hatte, waren keine weiteren Worte verschwendet worden. Erlendur hätte ihm am liebsten gesagt, wie widerwärtig er sein und Karólínas Verhalten María gegenüber fand, ging aber davon aus, dass es wenig Sinn hatte. Leute, die so etwas fertigbrachten, waren gegenüber moralischen Vorhaltungen anderer völlig gleichgültig. Sie wurden von etwas anderem als Gewissen und Moral vorangetrieben. Baldvin hatte nicht danach gefragt, wie es weitergehen würde, und Erlendur war unschlüssig. Er wusste nicht, ob er allem Glauben schenken sollte. Baldvin konnt vor Gericht alles abstreiten. Er hatte niemandem außer Erlendur erzählt, wie es sich tatsächlich zugetragen hatte, und das Beweismaterial, über das Erlendur verfügte, war äußerst dürftig. Baldvin würde vermutlich die ärztliche Approbation verlieren, falls er zugab, María zeitweilig getötet und sie wieder zum Leben erweckt zu haben, doch das war für ihn vollkommen unerheblich, so wie die Dinge standen. Schwer zu sagen, ob er verurteilt werden würde. Die Beweislast lag beim Ankläger, und Erlendurs private Ermittlungen hatten so gut wie keine stichhaltigen Beweise zutage gefördert. Falls Baldvin sich in Anbetracht von Anklage und Prozess entschließen würde, seine Aussage zu widerrufen, konnte er einfach abstreiten, dass er Marías Wunsch bestärkt und sie für eine kurze Zeit in einen Todeszustand versetzt hatte. Und erst recht, dass er sie ermordet hatte. Erlendur hatte nur gewisse Indizien für eine durchgeplante Kette von Ereignissen, die zu einem Selbstmord geführt hatten, aber kaum Beweise. Man konnte Menschen nicht für Experimente verurteilen, wie unmoralisch sie auch waren.
    Þorbergurs Kopf erschien wieder an der Wasseroberfläche. Der Kranführer kletterte in seinen Wagen, und Þorbergur gab ihm ein Zeichen, dass er mit dem Herausziehen beginnen konnte. Zwei Streifenwagen mit Blaulicht tauchten in der Ferne auf, sie näherten sich rasch. Die dicke Stahltrosse wickelte sich Zoll für Zoll auf die Winde.
    Þorbergur stieg aus dem Wasser, legt die Tauchgeräte ab und ging zu Erlendur hinüber, der bei seinem Ford stand. Die Tür zum Beifahrersitz stand offen, weil er die Abendnachrichten hören wollte.
    »Also, jetzt musst du doch zufrieden sein«, sagte Þorbergur.
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete Erlendur.
    »Wirst du es selbst den Angehörigen mitteilen?«
    »In dem einen Fall könnte es bereits zu spät sein«, sagte Erlendur. »Die Mutter des Jungen ist schon vor einiger Zeit gestorben, und der Vater liegt im Sterben. Sie gehen davon aus, dass er jederzeit hinübergehen kann.«
    »Dann musst du dich beeilen«, sagte Þorbergur.
    »Ist es gelb?«, fragte Erlendur.
    »Das Auto? Ja, es ist gelb.«
    Vom Kranwagen hörte man lautes Dröhnen. Die beiden Streifenwagen waren eingetroffen. Vier Polizisten stiegen aus und kamen auf sie zu.
    »Willst du das Ding da entsorgen?«, fragte Þorbergur und deutete auf den Defibrillator aus dem Bootsschuppen beim Ferienhaus von María und Baldvin, den Erlendur auf den Beifahrersitz gelegt hatte.
    »Nein«, sagte Erlendur. »Das Gerät hat etwas mit einem anderen Fall zu tun.«
    »Du hast viel um die Ohren«, sagte Þorbergur.
    »Ja, leider.«
    »So ein vorsintflutliches Gerät habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Wer benutzt denn einen kaputten Defibrillator?«
    »Ja«, antwortete Erlendur geistesabwesend.
    Die Stahltrosse schlug Wellen auf dem See, und bald tauchte das Auto auf.
    »Moment mal, was meinst du damit, kaputt?«, sagte Erlendur und sah Þorbergur fragend an.
    »Was?«
    »Hast du gesagt, der Apparat sei kaputt?«
    »Siehst du das denn nicht?«
    »Nein, mit so etwas kenne ich mich überhaupt nicht aus.«
    »Das Ding ist überhaupt nicht funktionsfähig. Guck mal, dieser Schalter da ist kaputt. Und dieses Kabel hier, das hat keine Verbindung zur Elektrode. Das Ding ist zu nichts mehr zu gebrauchen.«
    »Aber …«
    »Was?«
    »Bist du sicher?«
    »Ich war jahrelang bei der Feuerwehr. Das ist einfach Schrott.«
    »Er hat
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