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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
Autoren: Arnaldur Indriðason
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gesagt …«
    Erlendur starrte Þorbergur an.
    »Ist das Ding wirklich kaputt?«, stöhnte er.
    Unter dem Quietschen der Winde tauchte der Austin Mini langsam aus dem Wasser auf und wurde ans Ufer gehievt. Der Kranführer stoppte die Maschine. Die Polizisten traten näher. Wasser, Sand und Schlamm flossen an dem Wagen heraus, bis er sich schließlich völlig geleert hatte. Erlendur konnte zwei menschliche Gestalten auf den Vordersitzen erkennen. Das Auto war bedeckt mit Wasserpflanzen, aber die gelbe Farbe war an den Seiten noch deutlich zu erkennen. Die Fensterscheiben waren heil geblieben, nur die Hecktür hatte sich geöffnet.
    Erlendur versuchte, die Tür auf der Beifahrerseite zu öffnen, doch sie klemmte. Auf der Fahrerseite war ein schmaler Spalt offen, die Tür war verbeult. Er schaute in den Wagen und betrachtete die zwei Gerippe. Guðrún, die Dúna genannt wurde, saß am Steuer, das war an den Haaren zu erkennen. Er ging davon aus, dass Davið an ihrer Seite war.
    »Weshalb ist die Tür eingebeult?«, fragte er Þorbergur.
    »Weißt du, in was für einem Zustand das Auto damals war?«
    »Wahrscheinlich in keinem guten.«
    »Sie haben nicht viel Zeit gehabt«, sagte Þorbergur. Sie hat versucht, die Tür an ihrer Seite zu öffnen, aber das ging nicht oder nur einen Spalt weit, denn neben dem Auto war ein großer Stein. Der Beifahrer hat anscheinend seine Tür ebenfalls nicht öffnen können, vielleicht war sie kaputt. Die Fenster haben vermutlich nicht funktioniert, sonst hätten sie sie bestimmt heruntergekurbelt. Das ist unter solchen Umständen das Erste, was man machen muss. Das Auto muss eine ziemliche Schrottmühle gewesen sein.«
    »Sie haben drin festgesteckt?«
    »Ja.«
    »Und das bedeutete das Ende.«
    »Es war hoffentlich ein kurzer Todeskampf.«
    »Wie sind sie mitten in den See gekommen?«, fragte Erlendur und blickte auf das Wasser.
    »Die einzig mögliche Erklärung ist die, dass der See eine Eisschicht gehabt haben muss«, sagte Þorbergur. »Dass sie aufs Eis hinausgefahren ist. Vielleicht aus Jux. Sie hat womöglich geglaubt, dass sie sich mit so etwas auskennt. Und dann ist der Wagen eingebrochen. Das Wasser ist kalt. Und die Tiefe reicht aus.«
    »Und seitdem sind die beiden vermisst.«
    »Zu dieser Jahreszeit sind hier selbst heutzutage nicht viele Leute unterwegs, geschweige denn damals vor fast dreißig Jahren«, sagte Þorbergur. »Es gibt keine Zeugen. Solche Waken frieren schnell wieder zu, und hinterher kann man nicht mehr sehen, dass da irgendwann einmal eine offene Stelle war. Die Straße muss aber gut befahrbar gewesen sein, sonst wären sie gar nicht erst bis hierher gekommen.«
    »Was ist das da?«, fragte Erlendur und deutete auf etwas zwischen den Sitzen.
    »Darf man das anfassen?«, fragte Þorbergur. »Müssen sich die von der Spurensicherung das nicht erst anschauen?«
    Erlendur hörte nicht auf ihn, sondern streckte sich über die Leiche auf dem Fahrersitz, um den Gegenstand herauszuholen, der seine Neugier geweckt hatte. Trotz seiner Vorsicht fiel er auseinander. Er hielt zwei Teile in der Hand und zeigte sie Þorbergur.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Ich glaube, das ist … Ich glaube, das ist ein Buch«, sagte Erlendur, während er die beiden Teile betrachtete.
    »Ein Buch?«
    »Ja, es handelt wahrscheinlich von den Seen hier in der Umgebung. Der Junge hat es also tatsächlich für sie gekauft.«
    Erlendur übergab Þorbergur das Buch.
    »Ich muss zu seinem Vater, bevor es zu spät ist«, sagte er und warf einen Blick auf seine Uhr. »Ich glaube, wir haben sie gefunden, daran kann meiner Meinung nach kein Zweifel bestehen. Er soll noch erfahren, was passiert ist. Sein Sohn war verliebt, so einfach ist das. Es war keineswegs seine Absicht gewesen, sie in dieser schrecklichen Ungewissheit zurückzulassen. Es war ein Unfall.«
    Erlendur ging schnell zu seinem Ford. Er musste sich beeilen, denn vor dem Besuch im Pflegeheim musste er jemand anderem einen Besuch abstatten, um der Wahrheit auf den Grund zu kommen.

 
    Sie war ein Kind und saß allein am Ufer des Sees und hörte das leise Plätschern des Wassers. Sie war eine junge Frau und blickte auf den See hinaus und sah seine Schönheit und den Glanz, den er ausstrahlte. Sie war eine alte Frau und kniete bei dem Kind nieder, und dann war sie wieder ein kleines Kind und hörte die geflüsterten Worte, sie hörte die Vergebung in den Worten, und das Flüstern wurde vom See herübergetragen, und das Flüstern sagte:
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