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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
Autoren: Arnaldur Indriðason
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müsste mir so einen Apparat beschaffen. Falls wir das wirklich machen, müssen wir außerordentlich vorsichtig vorgehen, damit niemand etwas davon erfährt. Legal ist das nämlich nicht. Meine Approbation wäre in Gefahr.«
    »Würden wir es hier machen?«
    »Ich hätte eigentlich eher an das Haus in Þingvellir gedacht«, sagte Baldvin. »Aber das sind ja alles nur Hirngespinste. Wir würden das doch nie im Ernst durchführen.«
    María schwieg. Er lauschte ihren Atemzügen. Sie lagen im Dunkel der Nacht und unterhielten sich flüsternd.
    »Ich würde es gerne probieren«, sagte María.
    »Nein«, entgegnete Baldvin, »es ist zu riskant.«
    »Aber du hast gesagt, es wäre gar nicht so schwierig.«
    »Ja, wenn man nur darüber redet, aber so etwas auszuführen, ist eine ganz andere Sache, es in die Tat umzusetzen und tatsächlich durchzuführen.«
    Er versuchte, nicht zu negativ zu klingen.
    »Ich möchte es aber versuchen«, sagte María entschlossener. »Weshalb lieber in Þingvellir?«
    »Nein, María, hör auf, darüber nachzudenken. Ich … Das geht einfach zu weit. Ich traue mir das nicht zu.«
    »Natürlich«, sagte María. »Natürlich besteht die Gefahr, dass ich tatsächlich sterbe, und dann hast du ein Problem.«
    »Die Gefahr besteht tatsächlich«, erwiderte Baldvin. »Ein solches Risiko darf man einfach nicht eingehen.«
    »Würdest du es trotzdem für mich tun?«
    »Ich … Ich weiß es nicht, ich … Wir sollten nicht über so etwas reden.«
    »Ich möchte es machen. Ich möchte, dass du das für mich tust. Ich weiß, dass du das kannst. Ich vertraue dir, Baldvin. Ich vertraue niemandem mehr als dir. Wirst du das für mich tun?«
    »María …«
    »Wir schaffen das. Es wird schon alles klappen. Ich vertraue dir, Baldvin. Lass uns das tun.«
    »Und wenn etwas schiefgeht?«
    »Ich bin bereit, dieses Risiko einzugehen.«
    Vier Wochen später fuhren sie zu ihrem Ferienhaus am See von Þingvellir. Baldvin wollte ganz sichergehen, dass sie nicht gestört werden würden, hinzu kam, dass der Pool auf der Veranda hervorragend dafür geeignet war. Sie benötigten viel kaltes Wasser, falls sie die Methode anwenden wollten, den Körper so herunterzukühlen, dass das Herz aussetzte. Baldvin sagte, es gebe auch noch einige andere Möglichkeiten, doch diese sei mit dem geringsten Risiko verbunden. Mitglieder von Rettungsmannschaften würden darin trainiert, Menschen unter vergleichbaren Umständen wieder zum Leben zu erwecken. Sie würden manchmal Leute auffinden, die im Schnee oder eiskalten Wasser gelegen hatten, und da hieß es, rasch zu handeln, falls es nicht schon zu spät war. Es galt, die Körpertemperatur mit warmen Decken wieder ansteigen zu lassen, und wenn das Herz zum Stillstand gekommen war, musste man mit allen Mitteln versuchen, es wieder zum Schlagen zu bringen.
    Sie begannen damit, mithilfe von Putzeimern das große Becken mit kaltem Wasser und treibenden Eisschollen aus dem See zu füllen. Das ging relativ schnell vonstatten, denn es waren nur ein paar Schritte bis zum Ufer. Es war kalt, und Baldvin hatte María empfohlen, nur dünne Kleidung anzuziehen, damit sie sich an die Kälte gewöhnen konnte, bevor sie sich in das kalte Wasser legte. Zum Schluss hackte er noch Eis von den Steinen am Ufer los und warf es ebenfalls in das Becken. María spürte bereits die zwei schwachen Schlaftabletten, die sie auf Empfehlung von Baldvin genommen hatte; sie würden das Kältegefühl etwas mildern.
    María sagte einen der Passionspsalmen von Hallgrímur Pétursson auf und sprach ein kurzes Gebet, bevor sie langsam in die große Wanne stieg. Die Kälte ging ihr durch Mark und Bein, aber sie ließ sich nichts anmerken. Sie ging schrittweise vor, tauchte erst nur bis zu den Knien ein, dann bis zu den Schenkeln, schließlich bis zu Hüften und Bauch. Dann setzte sie sich, und das Wasser ging ihr über Brust und Schultern bis zum Hals, nur der Kopf ragte heraus.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Baldvin.
    »Es ist … so … kalt«, sagte María.
    Sie vermochte nicht, das Zittern zu unterdrücken. Baldvin erklärte, das würde nach kurzer Zeit aufhören, wenn der Körper sich nicht mehr gegen die Kälte aufbäumte, und dann würde bald Bewusstlosigkeit einsetzen. Sie würde schläfrig werden, und sie sollte nicht dagegen ankämpfen.
    »Normalerweise soll man in solchen Fällen, also bei Unfällen im Schnee, gegen Schläfrigkeit ankämpfen«, sagte Baldvin lächelnd, »aber jetzt ist das etwas anderes: Du
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