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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
Autoren: Arnaldur Indriðason
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die ganze Zeit elend gefühlt«
    »Aber nicht elend genug, um damit aufzuhören?«
    »Ich weiß nicht, was ich eigentlich gedacht habe. Karólína hat einfach nicht lockergelassen, sie hat mich mit allem Möglichen unter Druck gesetzt. Zum Schluss erklärte ich mich bereit, dieses Experiment zu machen. Ich war auch neugierig. Was, wenn María wieder mit Bildern aus dem Jenseits erwachen würde? Was, wenn all das Gerede über ein Leben nach dem Tode wahr wäre?«
    »Und was, wenn du sie nicht wieder zum Leben erwecken würdest?«, sagte Erlendur. »Ging es dir nicht hauptsächlich darum? Um das Geld?«
    »Das auch«, gab Baldvin zu. »Es ist ein seltsames Gefühl, jemandes Leben in den Händen zu haben. Du würdest es kennen, wenn du Arzt wärst. Es ist ein seltsames Gefühl der Macht.«
    Er schlich eines Nachts zum Bücherregal im Wohnzimmer, holte Unterwegs zu Swann aus dem Regal und legte das Buch auf den Boden. María schlief in ihrem Ehebett. Er hatte ihr eine etwas größere Dosis von ihrem Schlafmittel gegeben als sonst. Er verabreichte ihr, ohne dass sie davon wusste, auch andere Medikamente, die Einfluss auf ihre Wahrnehmungsfähigkeit hatten und sie verwirrten. María vertraute ihm voll und ganz bei den Medikamenten. Er war ihr Ehemann. Und er war Arzt.
    Anschließend legte er sich neben sie ins Bett. Karólína hatte vorgeschlagen, in diesem Komplott die Rolle eines Mediums zu spielen. Baldvins Aufgabe war es, María dazu zu ermuntern, zu einem Medium zu gehen, von dem er angeblich nur Gutes gehört hatte, die Frau hieße Magdalena. Sie wussten ganz genau, dass María keine Erkundigungen einziehen würde. Sie war gar nicht in der Lage, irgendetwas in Zweifel zu ziehen. Sie vertraute Baldvin blind.
    Sie war beinahe ein zu leichtes Opfer.
    In dieser Nacht schlief er unruhig und wachte morgens vor ihr auf. Er stand auf und betrachtete seine schlafende Frau. Wochenlang hatte sie nicht so tief und fest geschlafen. Er wusste, dass ihr ein Schock bevorstand, wenn sie aufwachte und ins Wohnzimmer ging. Sie hatte zwar schon seit Längerem aufgehört, vor dem Bücherregal zu sitzen und es anzustarren, aber er wusste ganz genau, dass sie jeden Tag oftmals aus den Augenwinkeln dort hinschielte. Sie hatte auf ein Zeichen von Leonóra gewartet, und nun würde sie es bekommen. In ihrer Aufregung würde sie nicht auf die Idee kommen, Baldvin zu verdächtigen. Er bezweifelte, dass sie sich überhaupt daran erinnerte, dass sie ihm davon erzählt hatte. Für sie ging es nur um die Bestätigung.
    Er weckte María sanft und ging in die Küche. Er hörte, wie sie aufstand. Es war Samstag. Bald würde sie in der Küche auftauchen.
    »Baldvin, komm!«, sagte sie. »Sieh mal, was ich gefunden habe!«
    »Was?«, fragte Baldvin.
    »Sie hat es gemacht!«, flüsterte María. »Das ist das Zeichen. Mama hatte vor, dieses Buch zu nehmen. Es liegt auf dem Boden. Das Buch liegt auf dem Boden! Sie … Sie hat sich gemeldet.«
    »María …«
    »Nein, im Ernst.«
    »María … Du solltest nicht …«
    »Was?«
    »Hast du das Buch auf dem Fußboden gefunden?«
    »Ja.«
    »Das ist natürlich …«
    »Und sieh mal, wo es aufgeschlagen ist«, sagte María, während sie ihn zu dem Buch zog, das offen auf dem Boden lag.
    Er las die Worte des Gedichts laut. Ihm war klar, dass sich das Buch rein zufällig dort geöffnet hatte, als er es auf den Boden gelegt hatte.
    Auch wenn die Wälder schwarz wurden, der Himmel scheint immer blau.
    »Findest du nicht, dass das passt?«, fragte María. »Auch wenn die Wälder schwarz wurden, der Himmel scheint immer blau . Das ist die Nachricht.«
    »María …«
    »Sie hat mir eine Nachricht geschickt, genau wie sie gesagt hat. Sie hat mir die Nachricht geschickt.«
    »Das ist natürlich … Das ist unglaublich. Ihr habt darüber gesprochen und …«
    »Genau, wie sie gesagt hat. Das ist genau das, was sie vorgehabt hat.«
    Marías Augen schwammen in Tränen. Baldvin legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie zu einem Sessel. Sie war in großer Erregung und schwankte zwischen Trauer und Freude. In den nächsten Tagen fand sie die Ruhe, nach der sie sich so lange gesehnt hatte.
    Etwa eine Woche später sagte Baldvin unvermittelt: »Vielleicht solltest du doch einmal zu einem Medium gehen?«
    Kurze Zeit später nahm Karólína sie in der Wohnung einer Freundin in Empfang, die auf den Kanarischen Inseln war. María hatte keine Ahnung davon, dass Karólína und Baldvin zusammen in der Schauspielschule
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