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Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Titel: Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
Autoren: Frank Herbert
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Die Lehren Muad'dibs sind zu einem Spielfeld von Pharisäern, Abergläubischen und Korrupten geworden. Er brachte uns bei, ein ausgeglichenes Leben zu führen und vertrat eine Philosophie, die dem Menschen half, erfolgreich den Problemen eines sich stetig ändernden Universums zu begegnen. Seine Ansicht war, daß sich in einem fortschreitenden Universum auch der Mensch mitentwickelt und daß diese Evolution wechselnden Prinzipien unterworfen ist, die allein die Ewigkeit bestimmt. Doch wie soll eine verderbte Urteilskraft einen solchen Geist praktizieren können?
Worte des Mentaten Duncan Idaho
     
     
    Auf der Oberfläche des schweren Teppichs, der den felsigen Untergrund des Höhlengangs bedeckte, erschien ein Lichtstrahl, dessen Quelle nicht erkenntlich war und nur auf dem Objekt seiner Suche zu existieren schien. Wie ein forschender Kreis mit einem Durchmesser von zwei Zentimetern glitt er hin und her, sich verbreiternd und wieder zusammenziehend. Er traf auf die Seitenwand eines grünen Betts, verharrte und glitt dann zögernd höher.
    Unter der grünen Decke lag ein Kind mit rostrotem Haar und einem Gesicht, das die gesunden Rundungen eines Babys aufwies, obwohl es keines mehr war. Es hatte einen edel geschnittenen Mund und – obwohl es an sich nicht den üblichen fleischigen Körper der Fremdweltler aufwies – entbehrte völlig der hageren Ausgezehrtheit der traditionellen Fremen. Als der Lichtschein über die geschlossenen Lider hüpfte, regte sich das Kind. Sofort ging das Licht wieder aus.
    Jetzt war lediglich noch ein gleichmäßiges Atmen zu hören, und – kaum hörbar im Hintergrund – das monotone plitsch-plitsch-plitsch tröpfelnden Wassers, das von einer Windfalle, weit oberhalb der Höhle, in einem Wasserbecken aufgefangen wurde.
    Erneut leuchtete das Licht in der Kammer auf. Der Strahl war nun weitaus länger und heller. Und jetzt konnte man auch die Quelle erkennen, aus der er kam. Jemand bewegte sich hinter ihr: eine vermummte Gestalt stand im Eingang der Höhle, ließ den Strahl durch den Raum schweifen, fragend und suchend. Es war etwas Bedrohliches an diesem Lichtstrahl, eine ruhelose Unzufriedenheit, aber dennoch vermied er es, das schlafende Kind noch einmal zu berühren. Prüfend glitt er über die von Wandbehängen unsichtbar gemachten Felswände und blieb auf einer Ausbeulung haften.
    Wieder erlosch das Licht. Die vermummte Gestalt bewegte sich lautlos voran. Jeder, der im Sietch Tabr nicht fremd war, hätte in diesem Moment erkennen können, daß es sich bei ihr um Stilgar handelte, den Naib der örtlichen Gemeinschaft und Leibwächter der elternlosen Zwillinge, die dazu ausersehen waren, eines Tages die Stelle ihres Vaters Paul Muad'dib einzunehmen. Es kam öfters vor, daß Stilgar während der Nacht die Quartiere der Zwillinge inspizierte, wobei er in der Regel zuerst den Raum aufsuchte, in dem Ghanima schlief, und anschließend zu Leto ging, um sich davon zu überzeugen, daß auch ihm nichts geschehen war.
    Ich bin ein alter Narr, dachte Stilgar. Seine Finger glitten über die kalte Oberfläche der Taschenlampe, bevor er sie hinter seiner Schärpe verschwinden ließ. Das Ding irritierte ihn jedesmal, wenn er glaubte, sich darauf verlassen zu können. Es handelte sich um ein Produkt des Imperiums, ein Instrument zur Auffindung größerer lebender Körper. Und dennoch konnte es ihm nicht mehr zeigen als die schlafenden Kinder in ihren königlichen Räumen.
    Stilgar wußte, daß seine Gedanken und Gefühle sich kaum von der Wirkungsweise der Lampe unterschieden. Auch sein Inneres war nicht in der Lage, die ständige Rastlosigkeit zu vertreiben. Es war, als würde eine mächtigere Kraft diese Regungen kontrollieren und ihn in eine Lage versetzen, in der er überall nur noch Gefahren witterte. Hier lagen die Bezugspunkte jener grandiosen Träume vor ihm, die das ganze bekannte Universum beherrschten; der kostbarste Besitz aller Zeiten, die weltlichen Autoritäten und mächtigsten aller mystischen Glücksbringer: die göttliche Authentizität von Muad'dibs Vermächtnis. In diesen Kindern – in Leto und seiner Schwester Ghanima – hatte sich eine erschreckende Macht konzentriert. Durch sie lebte auch Muad'dib weiter, obwohl er längst tot war.
    Leto und Ghanima waren mehr als neun Jahre alte Kinder: sie stellten eine natürliche Kraft dar und waren Objekte von Verehrung und Angst. Sie waren die Kinder Paul Atreides', der zu Muad'dib und später zum Mahdi aller Fremen geworden war.
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