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Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi

Titel: Kälteschlaf - Indriðason, A: Kälteschlaf - Harðskafi
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Du bist mein Kind.
    Sie brauchte lange Zeit, um wieder zu Bewusstsein zu kommen und war so unendlich müde und benommen, dass sie kaum die Augen zu öffnen vermochte.
    »Bald…vin«, stöhnte sie. »Es war ein Unfall. Das, was damals bei Papas Tod geschah … Es war ein Unfall.«
    Sie sah Baldvin nicht, doch sie spürte seine Nähe.
    Ihr war nicht mehr kalt, und es war, als sei ihr eine schwere Last von der Seele genommen worden. Sie wusste, was sie jetzt zu tun hatte. Sie wollte über das alles sprechen. Über alles, was sich am See zugetragen hatte. Alle, die es hören wollten, sollten erfahren, was geschehen war.
    Als sie nach Baldvin rufen wollte, spürte sie, dass sie keine Luft mehr bekam. Irgendetwas beengte sie, schnürte ihr den Hals zu.
    Sie öffnete die Augen und suchte Baldvin, aber sie sah ihn nicht.
    Sie griff sich kraftlos an den Hals.
    »Das ist nicht richtig«, flüsterte sie.
    Das ist nicht richtig …

Sechsunddreißig
    Erlendur bog in die Sackgasse ein und fuhr zu Baldvins Haus. Er parkte das Auto bei der Einfahrt und stieg aus. Er hatte es eilig. Er wusste nicht, ob er das Richtige tat. Am liebsten wäre er direkt zu dem alten Mann gefahren, doch ihm brannten die Fragen wegen des Defibrillators auf der Seele, und nur Baldvin konnte sie beantworten.
    Er betätigte die Klingel und wartete, drückte dann ein weiteres Mal auf die Klingel und bemerkte Karólínas Auto, das sie in einiger Entfernung zum Haus geparkt hatte. Nach dem dritten Klingeln hörte er drinnen ein Geräusch. Die Tür öffnete sich, und Baldvin erschien.
    »Du schon wieder?«, sagte er.
    »Darf ich hereinkommen?«, fragte Erlendur im Gegenzug.
    »Hatten wir nicht alles besprochen?«, fragte Baldvin.
    »Ist Karólína bei dir?«, fragte Erlendur.
    Baldvin sah an ihm vorbei zu ihrem Auto hinüber, dann nickte er und ließ Erlendur ins Haus. Er schloss die Tür und führte ihn ins Wohnzimmer. Karólína tauchte aus dem Schlafzimmer auf und ordnete die Frisur.
    »Wir haben keinen Sinn mehr darin gesehen, mit dem Versteckspiel weiterzumachen«, erklärte Baldvin. »Ich habe dir gesagt, wie es sich zugetragen hat. Karólína wird nächste Woche bei mir einziehen.«
    »Du brauchst ihm gar nichts zu sagen«, fiel Karólína ihm ins Wort. »Das geht ihn gar nichts an.«
    »Ganz richtig«, sagte Erlendur lächelnd. Er hatte es eilig, zum Pflegeheim zu kommen, achtete aber darauf, vollkommen ruhig und gelassen zu wirken. »Man hätte aber vielleicht trotzdem vermutet, dass ihr etwas vorsichtiger vorgehen würdet«, sagte er. »Dass ihr nicht allzu viel Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken würdet, dass ihr ein Paar seid.«
    »Wir haben nichts zu verbergen«, erklärte Karólína.
    »Bist du dir da sicher?«, fragte Erlendur.
    »Was meinst du damit?«, fragte Baldvin. »Ich habe dir genau erzählt, was passiert ist. Als ich das Haus verließ, war María am Leben.«
    »Ich weiß, was du mir erzählt hast.«
    »Und was willst du dann hier?«
    »Es waren lauter Lügen«, sagte Erlendur. »Ich überlege immer noch, ob ihr vielleicht doch dazu zu bringen seid, mir die Wahrheit zu sagen. Zur Abwechslung sozusagen.«
    »Wieso glaubst du, dass er gelogen hat?«, fragte Karólína. »Dass wir gelogen haben?«
    »Weil ihr Lügner seid«, erklärte Erlendur. »Ihr habt María belogen. Ihr habt ein Komplott gegen sie geschmiedet, habt ein ganzes Theaterstück für sie inszeniert. Auch wenn Baldvin behauptet, er habe in letzter Sekunde Abstand von dem ursprünglichen Plan genommen, handelt es sich trotzdem um ein Verbrechen. Ihr habt mich von Anfang an angelogen.«
    »Das ist doch Blödsinn«, erwiderte Baldvin.
    »Und wie willst du das beweisen?«, fragte Karólína.
    Erlendur lächelte schwach und warf einen Blick auf seine Uhr.
    »Das kann ich nicht«, sagte er.
    »Was willst du dann?«
    »Ich möchte die Wahrheit hören«, sagte Erlendur.
    »Ich habe dir die Wahrheit gesagt«, beharrte Baldvin. »Ich bin nicht stolz auf das, was ich getan habe, aber ich habe María nicht umgebracht. Das habe ich nicht getan. Sie hat Selbstmord begangen, nachdem ich in die Stadt gefahren war.«
    Erlendur sah Baldvin lange an, ohne ein Wort von sich zu geben. Baldvin sah zu Karólína hinüber.
    »Ich glaube, dass du es doch getan hast«, sagte Erlendur. »Du hast mehr getan, als sie in den Selbstmord zu treiben. Du hast sie regelrecht hingerichtet. Du hast ihr die Schlinge um den Hals gelegt. Du hast sie an den Balken gehängt.«
    Karólína hatte auf dem Sofa
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