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Joyland

Titel: Joyland
Autoren: Stephen King
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prasselte nur so auf uns ein. Meine Öljacke bauschte sich auf, Lanes Haare flatterten wie eine zerfetzte Flagge. Ich hoffte, dass mir noch eine weitere Runde blieb, bevor er abdrückte. Vielleicht zwei? Möglich, aber eher unwahrscheinlich.
    »Nachdem ich mich erst einmal dazu gebracht hatte, in Ihnen den Mörder von Linda Gray zu sehen – und das war nicht leicht, Lane, schließlich haben Sie mir hier alles beigebracht –, gelang es mir, das Käppi, die Sonnenbrille und den Bart zu ignorieren. Ich habe Sie gesehen. Da haben Sie noch nicht hier gearbeitet …«
    »Ich hab in einem Lagerhaus in Florence Gabelstapler gefahren.« Er rümpfte die Nase. »Ein Tölpeljob. Zum Kotzen war das.«
    »Sie haben in Florence gearbeitet, Sie haben Linda Gray in Florence kennengelernt, aber Joyland in North Carolina war Ihnen vertraut, stimmt's? Ich weiß nicht, ob Sie ein Schausteller von altem Schrot und Korn sind, aber dem Rummel fernbleiben konnten Sie noch nie. Und als Sie einen kleinen Ausflug vorgeschlagen haben, hat sie zugestimmt.«
    »Ich war ihr heimlicher Freund. Ich hab ihr erklärt, dass das nicht anders geht. Weil ich älter war.« Er lächelte. »Sie hat's geschluckt. Alle tun das. Du würdest dich wundern, was die jungen Mädels alles schlucken.«
    Du krankes Arschloch, dachte ich bei mir. Du widerliches, krankes Arschloch.
    »Sie sind mit ihr nach Heaven's Bay gefahren und haben in einem Motel übernachtet. Und dann haben Sie sie hier in Joyland ermordet, obwohl Sie doch bestimmt wussten, dass die Hollywood Girls mit ihren Kameras im Park herumlaufen. Ziemlich wagemutig. Aber das war Teil des Nervenkitzels, stimmt's? Natürlich. Sie haben sie umgebracht, während Sie zusammen mit einer Gruppe Conies…«
    »Tölpel«, sagte er. Das Spin wurde von einer Windbö durchgeschüttelt, die alles bisher Dagewesene übertraf, aber er schien es nicht mitzubekommen. Allerdings befand er sich auch auf der Innenseite des Rads, wo man das nicht so spürte. »Nenn sie doch beim Namen! Das sind Tölpel, alle miteinander. Die kriegen rein gar nichts mit. Als hätten ihre Augen eine direkte Verbindung zu ihrem Arschloch anstatt zu ihrem Gehirn. Das rauscht alles einfach so durch.«
    »Risiken machen Sie geil, oder? Deshalb sind Sie auch zurückgekommen und haben hier angefangen.«
    »Keinen Monat später.« Er grinste breit. »Die ganze Zeit war ich genau vor ihrer Nase. Und weißt du was? Seit dem Abend in der Geisterbahn war ich … war ich brav. Das ganze schlimme Zeug hab ich hinter mir gelassen. Ich hätte ewig so weitermachen können. Mir gefällt es hier. Ich hab mir etwas aufgebaut. Ich hatte meine Fernsteuerung, und ich wollte sie patentieren lassen.«
    »Oh, früher oder später hätten Sie es bestimmt noch mal getan.« Wir befanden uns wieder auf dem höchsten Punkt. Wind und Regen stürmten auf uns ein. Ich zitterte. Meine Kleider waren tropfnass; schwarze Haarfarbe rann Lane über die Wangen. Wie eine grässliche Maske, die ihm auf die Haut tätowiert war. So sieht es in seinem Kopf aus, dachte ich. Innerlich lächelte er nie.
    »Nein. Ich war geheilt. Ich muss zwar auch dich umbringen, Jonesy, aber nur weil du deine Nase in Dinge gesteckt hast, die dich nichts angehen. Was wirklich schade ist, weil ich dich nämlich mochte. Wirklich.«
    Wahrscheinlich sagte er die Wahrheit, und das machte alles noch schlimmer.
    Wir befanden uns wieder auf dem Weg nach unten. Die ganze Welt war windgebeutelt und regennass. Da war kein Wagen mit ausgeschalteten Scheinwerfern gewesen, nur ein Stück Segeltuch, auf das ich meine Hoffnungen projiziert hatte. Die Kavallerie blieb aus. Wenn ich mich auf fremde Hilfe verließ, würde ich sterben. Ich musste mir selbst helfen, und die einzige Möglichkeit bestand darin, ihn wütend zu machen. Richtig wütend.
    »Risiken machen Sie zwar geil, aber Frauen zu vergewaltigen ist nichts für Sie, stimmt's? Sonst hätten Sie Ihre Opfer an einen einsamen Ort gebracht. Ich glaube, was Ihre heimlichen Freundinnen zwischen den Beinen haben, jagt Ihnen eine solche Angst ein, dass Sie keinen hochkriegen. Was machen Sie hinterher? Liegen Sie im Bett und holen Sie sich einen runter, während Sie daran denken, wie tapfer Sie doch sind, wehrlose Mädchen umzubringen?«
    »Halt's Maul.«
    »Sie schaffen es, sie zu verführen, aber Sie kriegen's nicht hin, mit ihnen zu vögeln.« Der Wind toste; die Gondel taumelte. Ich würde sterben, aber in dem Moment war mir das scheißegal. Keine Ahnung, wie wütend ich
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