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Joyland

Titel: Joyland
Autoren: Stephen King
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wehten ihm um den Hals. Eine Bö erfasste das Riesenrad, und es kreischte zornig auf. Der rote Neonschein waberte Lane über das Gesicht.
    »Mach dir keine Sorgen wegen dem Schlepper«, sagte er. »Wenn er massiv wäre, würde er vielleicht umkippen, aber das ist er nun mal nicht. Der Wind fährt zwischen den Verstrebungen hindurch. Es gibt andere Dinge, um die du dir Sorgen machen solltest. Was war denn das für eine Nummer mit der Geisterbahn? Das wüsste ich gern mal. Wie hast du das hingekriegt? Mit irgend so einem Fernsteuerapparat? Solche Sachen interessieren mich brennend. Wenn du mich fragst – diesen Dingern gehört die Zukunft.«
    »Da war nichts ferngesteuert.«
    Er schien mich gar nicht zu hören. »Und was sollte das Ganze? Hast du gedacht, ich würde mich verraten? Dabei war das gar nicht nötig. Du wusstest doch schon längst alles.«
    »Das war sie« , sagte ich. Streng genommen wusste ich nicht, ob das stimmte, aber ich hatte nicht vor, Mike da mit reinzuziehen. »Linda Gray. Haben Sie die etwa nicht gesehen?«
    Das Lächeln verschwand. »Was Besseres fällt dir nicht ein? Die alte Geschichte vom Gespenst in der Geisterbahn? Da musst du dich schon etwas mehr anstrengen.«
    Also hatte er sie genauso wenig gesehen wie ich. Trotzdem glaube ich, dass er irgendetwas ahnte. Mit Sicherheit werde ich das nie wissen, aber vermutlich hat er deshalb angeboten, Milo zu holen. Er wollte nicht, dass wir auch nur in die Nähe vom Horror House kamen.
    »Oh, sie war wirklich da. Ich habe den Haarreif gesehen. Erinnern Sie sich, wie ich in die Gondel geschaut habe? Er lag unter dem Sitz.«
    Er schlug so plötzlich zu, dass ich keine Chance hatte, auch nur die Hand hochzureißen. Der Pistolenlauf erwischte mich an der Stirn. Ich sah Sterne, und dann lief mir Blut in die Augen. Ich taumelte rückwärts gegen das Geländer an der Rampe, die zum Spin hinaufführte, und griff danach, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Mit dem Ärmel meiner Öljacke wischte ich mir übers Gesicht.
    »Ich weiß nicht, warum du mir jetzt noch mit einer Spukgeschichte Angst einjagen willst, aber glaub bloß nicht, dass mir das gefällt«, sagte er. »Von dem Haarreif hast du erfahren, weil in der Mappe dieser naseweisen Collegefotze ein Bild drin war.« Er lächelte, allerdings nicht auf bezaubernde Weise – er zeigte alle Zähne. »Du legst dich mit dem Falschen an, Bürschchen.«
    »Aber … Sie haben die Mappe doch gar nicht gesehen.« Obwohl mir der Schädel dröhnte, löste ich dieses Rätsel, bevor ich den Satz zu Ende gesprochen hatte. »Fred hat sie gesehen. Und er hat Ihnen davon erzählt. Hab ich recht?«
    »Jau. Am Montag. Wir haben in seinem Büro zu Mittag gegessen. Er hat erzählt, dass du und die Collegefotze die harten Burschen spielt, auch wenn er's etwas anders ausgedrückt hat. Er fand es irgendwie süß. Ich nicht, weil ich nämlich gesehen hab, wie du Eddie Parks nach seinem Herzanfall die Handschuhe ausgezogen hast. Da ist mir klar geworden, dass du tatsächlich den harten Burschen spielst. Diese Mappe … Fred hat gesagt, die Fotze hätte sich seitenweise Notizen gemacht. Ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bevor sie herausfindet, dass ich bei Wellman's und Southern Star gearbeitet hab.«
    Vor meinem geistigen Auge sah ich das entsetzliche Bild, wie Lane Hardy mit einem Rasiermesser in der Tasche im Zug nach Annandale fuhr. »Erin weiß rein gar nichts.«
    »Ganz die Ruhe! Glaubst du vielleicht, ich hätte es auf sie abgesehen? Benutz doch mal dein Gehirn. Und wenn du schon dabei bist, kannst du gleich ein bisschen spazieren gehen. Los, die Rampe rauf mit dir. Wir zwei beide drehen jetzt ein paar Kreise in luftigen Höh'n.«
    Ich wollte ihn schon fragen, ob er denn verrückt sei, aber das wäre irgendwie ziemlich albern gewesen.
    »Was gibt es da zu grinsen, Jonesy?«
    »Nichts«, sagte ich. »Wollen Sie bei dem Sturm wirklich da rauf?« Der Motor des Riesenrads lief allerdings bereits. Bisher war mir das nicht aufgefallen – der Wind, die Brandung und das unheimliche Kreischen der Verstrebung hatten es übertönt. Aber jetzt hörte ich es: ein gleichmäßiges Rumpeln. Fast ein Schnurren. In dem Moment kam mir etwas ziemlich Offensichtliches in den Sinn: Wahrscheinlich wollte er sich selbst erschießen, nachdem er mich umgebracht hatte. Vielleicht kommt man jetzt auf den Gedanken, das hätte mir schon früher einfallen können, schließlich machten verrückte Menschen das andauernd – in
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