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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Autoren: Bettina Haskamp
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nicht ernst!« – »Erstens gibt es für so etwas Pseudonyme, und zweitens musst du ja nicht sagen, dass du es selbst erlebt hast. Du weißt schon: Name von der Redaktion geändert. Überleg doch mal. Du kannst sowohl darüber schreiben, wie es ist, erfolgreich zu lügen, und gleichzeitig kennst du die Seite der Belogenen. Und genau das wäre der Reiz des Buches: das Menschliche. Wahre Geschichten verkaufen sich. Wir nehmen noch ein paar andere Storys dazu, und fertig. Ich hab schon angefangen zu recherchieren. Da gab’s vor ein paar Jahren eine Frau, die hat ein ganzes Buch über ihr Leben als Afrika-Korrespondentin geschrieben und veröffentlicht – dabei war alles erstunken und erlogen. Vielleicht kriegen wir die dazu, mit uns darüber zu reden, warum sie das gemacht hat.«
    Einen süßen Augenblick lang stellte ich mir vor, in meinem Lieblingsbuchladen zu stehen und mein eigenes Buch in den Händen zu halten. Beziehungsweise das von mir und Tina. Zugegeben, es war nur eine alkoholgeschwängerte Phantasie, aber eine schöne. »Ich hab schon mit einem Verleger über das Projekt gesprochen.« Was? »Unsere Agentur macht doch die Pressearbeit für diesen kleinen Sachbuchverlag, da hab ich mal vorgefühlt. Er will das Konzept sehen.« Ich hatte ganz vergessen, wie schnell und effektiv Tina ist, wenn es um ihre Projekte geht. »Großes Geld lässt sich damit wahrscheinlich nicht verdienen, aber wer weiß?« Eine Stimme, die nicht meine sein konnte, sagte: »Ich könnte unbezahlten Urlaub nehmen.«
    Tina grinste breit und füllte die Gläser nach. »Auf Lilli, die Schriftstellerin!« Wie gesagt, wir waren schon ziemlich betrunken. »Und jetzt erzähl, hast du dich mit Knut getroffen?«
    Der Taxifahrer, der mich am Abend nach Hause brachte, musste mir in den Wagen helfen und war sichtlich erleichtert, als er mich im Perckentinweg absetzen konnte, ohne dass die Polster gelitten hatten. Das allein war schon peinlich genug. Noch peinlicher aber war, dass ich Knut mit ungefähr drei Promille im Blut eine SMS schrieb. Erst am nächsten Morgen, nachdem ich zwei Aspirin genommen hatte und immer noch unter bösen Kopfschmerzen litt, fiel mir das wieder ein. Im Bus zur Arbeit nahm ich das Telefon aus der Tasche und sah nach, was ich geschrieben hatte: »Kein Furz ohne Arsch. Lilli.«
    Nie wieder Prosecco.
    Im Büro machte ich trotz der Kälte draußen das Fenster weit auf. Ich hatte das unangenehme Gefühl, immer noch jede Menge Alkohol auszudünsten. Bei Hagenbeck brüllten die Löwen. Nur fünfhundert Meter Luftlinie entfernt von mir war Knut bei der Arbeit. Der musste glauben, dass ich jetzt auch noch mein letztes bisschen Verstand verloren hatte. In der Mittagspause würde ich ihn anrufen. Ich schloss das Fenster. Wunderbare Ruhe umgab mich. Wichtig-Berger und die anderen waren in der Redaktionskonferenz. Ich legte die Füße auf den Schreibtisch, trank Tee und träumte vor mich hin. Ein halbes Jahr. Ein halbes Jahr Urlaub. Ein halbes Jahr ohne Verträge, ohne Ablaufpläne. Ohne Chefin.
    Das mit dem Buch war, nüchtern betrachtet, natürlich Quatsch. Ich fühlte mich zwar geschmeichelt, weil Tina mir so etwas zutraute, machte mir aber ausnahmsweise nichts vor. Wer würde schon lesen wollen, wie sich eine kleine Sekretärin ihr Leben spannender log? Wir konnten ja gern ein Konzept schreiben. Aber wenn dieser Verleger, den Tina kannte, nicht ein kompletter Idiot war, würde es kein Buch geben. Nicht weiter schlimm. Viel mehr als Tinas Idee reizte mich der Gedanke daran, nicht mehr ins Büro zu gehen. Andererseits: Tina war ein Profi. Die steckte keine Zeit in aussichtslose Projekte. Hör auf zu träumen, Lilli Karg.
    Hatte ich eigentlich Anspruch auf unbezahlten Urlaub? Ich ging ins Internet. Gar kein Problem. Für unbezahlten Urlaub brauchte ich lediglich ein krankes Kind, pflegebedürftige Eltern oder die Zustimmung der Berger. Adieu, schöner Traum. Ich fing an zu arbeiten.
    »Knut? Du, wegen dieser SMS gestern – ich hatte ein bisschen was getrunken. Das hatte nichts zu bedeuten. Wie? Nein, natürlich denke ich das nicht.« Er hatte das A-Wort auf sich bezogen, war ja klar. »Hast du vielleicht Lust, morgen Abend mit mir essen zu gehen? Beim Italiener neben dem Tibarg? Dann bis morgen um acht.« Die Freude in seiner Stimme war so unüberhörbar, dass auch mein Herz einen kleinen Satz machte. Dabei wollte ich nur in Ruhe mit ihm reden. Gar kein Grund zur Aufregung. Aber wenn ich heute pünktlich Feierabend machte,
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