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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Autoren: Bettina Haskamp
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ausgestreckt, nippt Hans Scheibner an seinem Rotwein. Gegenüber flüstert Charlotte Roche mit Dieter Wedel. Links von mir sitzt ein Jungschauspieler, dessen Namen ich mir nicht merken kann. Er lächelt mir zu. Ich lächele zurück. Dann ist da noch Ruth Maria Kubitschek. Sie sieht ein bisschen müde aus. Müde, aber auch superelegant und gelassen.
    Barbara Schöneberger und Hubertus Meyer-Burckhardt erscheinen und besetzen die beiden noch freien Sessel. Dann setzt die Erkennungsmelodie ein. Ich zupfe schnell noch mal mein Kleid zurecht. Strick mit Chiffon in Cremeweiß – schlicht, aber stilvoll. Nur noch ein paar Sekunden. Die Namen der anderen Gäste rauschen an mir vorbei. Jetzt sieht Hubertus Meyer-Burckhardt in meine Richtung. An der auf mich gerichteten Kamera leuchtet das kleine rote Licht. Ich bin auf Sendung. O Gott, mir ist schlecht. Lächle, Lilli, lächle! Wie von weitem höre ich Hubertus sagen: »Wo hast du die Pässe hingelegt, Lilli?«
    Och nö, der Traum war gerade so spannend. In der Wirklichkeit kniet Knut vor dem neuen Sideboard und wühlt in einer der Schubladen. Heute ist der erste Februar. Mein erster Tag in Freiheit. Genüsslich strecke ich mich wie eine Katze und stehe von der pfirsichfarbenen Sitzlandschaft auf. »Sie sind im Büro. Ich hol sie.«
    Mein Büro, Julias altes Zimmer. Ist schön geworden. Mit den Regalen habe ich es vielleicht ein bisschen übertrieben. Sie füllen eine ganze Wand, aber kaum etwas füllt die Regale. Ein paar Fachbücher über das Schreiben, ein paar zum Thema Mentiologie. Drei Aktenordner mit Zeitschriftenartikeln. Auf einem ansonsten leeren Brett liegen die Pässe. Mein Schreibtisch ist aus Kirschholz und auf Hochglanz poliert. Sehr edel. Mit der Hand streiche ich über das Holz, dann über das weiche schwarze Leder des Schreibtischsessels, lasse den Blick durch den Raum schweifen. An der linken Wand, gegenüber den Regalen, hängt ein großes Poster von Obama: Yes we can. Darunter steht die Schlafcouch. Ich sinke in den Sessel, drehe mich damit einmal um die eigene Achse und grinse vor mich hin. Dieses Miststück Tina.
    In aller Ruhe hat sie mich all die Fachbücher kaufen, all die Artikel zusammensuchen lassen. Nachdem die Berger meinem Urlaub zugestimmt hatte, war ich dermaßen aufgeregt, dass ich einfach nicht warten konnte. Also fing ich schon mal mit der Recherche an, richtete das Büro ein, begann damit, meine Geschichte aufzuschreiben. Tina muss sich köstlich amüsiert haben.
    Und dann, vor zwei Wochen – ich kriege immer noch weiche Knie, wenn ich daran denke – komme ich aus dem Sender heim und gehe ins Haus. Am Rand der ersten Treppenstufe liegt etwas. Unordentliche Gören, denke ich und hebe eine kleine Figur auf. Ein Troll? Ein paar Stufen weiter oben bücke ich mich wieder, da steht eine kleine Freiheitsstatue. Je höher ich die Treppe hinaufsteige, desto voller wird mein Arm. Ein Stoffkänguru, eine Kiwi, eine Tasse mit der Aufschrift »I love Hollywood«, schließlich eine Flasche, auf der steht: »Singapore Sling, please mix with fresh orange juice.« Ich begreife gar nichts. Vor der Wohnungstür lehnt schräg eine mannshohe Weltkarte. Mit blauem Wollfaden ist darauf eine Route markiert: Europa – Reykjavik – New York – Los Angeles – Auckland – Sydney – Singapur – Europa. Was soll das alles? Kopfschüttelnd ziehe ich das Ding zur Seite, um aufschließen zu können. Und denke, ich bin im Film: Hinter der Karte kniet Knut und fragt mit feierlicher Stimme: »Willst du mit mir auf Weltreise gehen?«
    Weder die Hollywoodtasse noch die Flasche mit der Cocktailmischung überlebten den Aufprall auf dem Steinfußboden. »Macht doch nichts«, sagte Knut und zeigte auf eine Flasche Champagner, die neben ihm im Türrahmen stand. Ich war so verdattert, als er aufstand, die Arme um mich legte und mich zärtlich küsste, dass ich ganz vergaß, meine Lippen zusammenzupressen. Ich vergaß überhaupt ganz viel an diesem Abend. Zum Beispiel meine Angst.
    Als wir eine Stunde später endlich den Champagner aufmachten, kamen mir die Tränen. »Nicht weinen, Lilli, jetzt ist alles gut!« – »Aber ich kann nicht mit dir auf Weltreise gehen!« – »Natürlich kannst du.« – »Ich hab doch Tina versprochen, an dem Buch mitzuarbeiten. Ich kann sie nicht hängenlassen.« – »Du musst jetzt ganz ruhig bleiben, Schatz, versprichst du das?« Was kam nun? Hatte er Tina um die Ecke gebracht, damit sie uns nicht im Weg stehen konnte? Im Moment traute
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